Urteile nº T-646/13 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, February 03, 2017

Resolution DateFebruary 03, 2017
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-646/13

„Institutionelles Recht - Europäische Bürgerinitiative - Schutz für Angehörige nationaler Minderheiten und von Sprachminderheiten sowie Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in der Union - Verweigerung der Registrierung - Offenkundiges Fehlen legislativer Befugnisse der Kommission - Begründungspflicht - Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 211/2011

In der Rechtssache T-646/13

Bürgerausschuss für die Bürgerinitiative Minority SafePack - one million signatures for diversity in Europe, Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte E. Johansson, J. Lund und C. Lund, dann Rechtsanwälte E. Johansson und T. Hieber,

Kläger,

unterstützt durch

Ungarn, vertreten durch M. Fehér, A. Pálfy und G. Szima als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch H. Krämer als Bevollmächtigten,

Beklagte,

unterstützt durch

Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

und durch

Rumänien, vertreten durch R. Radu, R. Haţieganu, D. Bulancea und A. Wellman als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend eine auf Art. 263 AEUV gestützte Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2013) 5969 final der Kommission vom 13. September 2013, den Antrag auf Registrierung der europäischen Bürgerinitiative namens „Minority SafePack - one million signatures for diversity in Europe“ zurückzuweisen,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg (Berichterstatter),

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2016

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1 Am 15. Juli 2013 legte der Kläger, der aus Herrn Hans Heinrich Hansen, Herrn Hunor Kelemen, Herrn Karl-Heinz Lambertz, Frau Jannewietske Annie De Vries, Herrn Valentin Inzko, Herrn Alois Durnwalder und Frau Anke Spoorendonk bestehende Bürgerausschuss für die Bürgerinitiative Minority SafePack - one million signatures for diversity in Europe, der Europäischen Kommission den Vorschlag für eine Europäische Bürgerinitiative namens „Minority SafePack - one million signatures for diversity in Europe“ (im Folgenden: geplante EBI) vor, die nach den Mindestinformationen, die gemäf‌l Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. 2011, L 65, S. 1) in Verbindung mit Anhang II dieser Verordnung mitgeteilt wurden (im Folgenden: erforderliche Informationen), zum Gegenstand haben sollte, „die Europäische Union [aufzufordern], den Schutz für Angehörige nationaler Minderheiten und von Sprachminderheiten zu verbessern sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union zu stärken“. Aus den im Rahmen der erforderlichen Informationen gemachten Angaben geht ferner hervor, dass das Ziel der europäischen Bürgerinitiative (im Folgenden: EBI) darin bestand, die Europäische Union aufzufordern, „ein Bündel von Rechtsakten zu erlassen, um den Schutz der Angehörigen nationaler Minderheiten und von Sprachminderheiten zu verbessern sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt [in ihrem Gebiet] zu stärken“, und dass dies „politische Maf‌lnahmen in den Bereichen Regional- und Minderheitensprachen, Bildung und Kultur, Regionalpolitik, Teilhabe, Gleichheit, Inhalte audiovisueller und anderer Medien und regionale (staatliche) Unterstützung ein[schlief‌lt]“.

2 Auf‌lerdem geht aus den genaueren Informationen, die im Einklang mit dem letzten Absatz von Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011 den erforderlichen Informationen als Anhang beigefügt wurden (im Folgenden: zusätzliche Informationen), hervor, dass die geplante EBI den Erlass einer Reihe von Rechtsakten zum Ziel hat, die in den Abschnitten 2 bis 7 der zusätzlichen Informationen aufgezählt und beschrieben werden. In Abschnitt 8 („salvatorische Klausel“) geben die Organisatoren an, dass die geplante EBI für jeden der vorgeschlagenen Rechtsakte als Richtschnur die ihr am geeignetsten erscheinende Rechtsgrundlage und Art des zu erlassenden Rechtsakts nenne, dass jeder Vorschlag gesondert zu prüfen sei und dass die Unzulässigkeit einer oder mehrerer Vorschläge nicht zur Unzulässigkeit der übrigen, in die Zuständigkeit der Kommission fallenden Vorschläge führen sollte.

3 Mit ihrer Entscheidung C (2013) 5969 final vom 13. September 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) lehnte die Kommission die Registrierung der geplanten EBI mit der Begründung ab, dass sie offenkundig auf‌lerhalb des Rahmens liege, in dem sie befugt sei, einen Vorschlag für den Erlass eines Rechtsakts der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

Verfahren und Anträge der Parteien

4 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 25. November 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

5 Der Kläger beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

6 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

7 Mit Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer vom 4. September 2014 sind Ungarn als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Klägers sowie die Slowakische Republik und Rumänien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

Rechtliche Würdigung

8 Die Klage wird auf zwei Klagegründe gestützt, mit denen ein Verstof‌l gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 211/2011 sowie die Verletzung von Art. 11 EUV, Art. 24 Abs. 1 AEUV und Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 gerügt werden.

9 Der Kläger, unterstützt durch Ungarn, wirft der Kommission vor, sie habe in der angefochtenen Entscheidung ohne nähere Erläuterung lediglich ausgeführt, dass bestimmte Themen, in Bezug auf die sie im Anhang zur geplanten EBI aufgefordert worden sei, Vorschläge für Rechtsakte der Union vorzulegen, im Rahmen ihrer Befugnis lägen, und daraus gefolgert, dass die Registrierung der geplanten EBI insgesamt abzulehnen sei, weil die Verordnung Nr. 211/2011 die teilweise Registrierung einer geplanten EBI nicht vorsehe. Die Einhaltung der Begründungspflicht sei umso wichtiger, als zum einen die EBI ein Instrument der demokratischen Teilhabe der Bürger am Gesetzgebungsverfahren darstelle, das zugänglich und einfach anzuwenden sein müsse, und...

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