Urteile nº T-314/01 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, September 27, 2006 (case Avebe / Kommission)

PresidentWettbewerb
Resolution DateSeptember 27, 2006
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-314/01

In der Rechtssache T-314/01

Coˆperatieve Verkoop- en Productievereniging van Aardappelmeel en Derivaten Avebe BA mit Sitz in Veendam (Niederlande), Prozessbevollm‰chtigter: Rechtsanwalt C.†Dekker,

Kl‰gerin,

gegen

Kommission der Europ‰ischen Gemeinschaften, vertreten durch A.†Bouquet, A.†Whelan und W.†Wils als Bevollm‰chtigte im Beistand von Rechtsanwalt M.†H.†van der Woude,

Beklagte,

wegen Nichtigerkl‰rung des Artikels 1 der Entscheidung K(2001) 2931 endg. vom 2. Oktober 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/36.756 - Natriumglukonat), soweit er die Kl‰gerin betrifft, und, hilfsweise, Nichtigerkl‰rung des Artikels 3 der Entscheidung, soweit er die Kl‰gerin betrifft,

erl‰sst

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPƒISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Pr‰sidenten J.†Azizi sowie der Richter M.†Jaeger und F.†Dehousse,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m¸ndliche Verhandlung vom 17. Februar 2004

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1††††††††Die Coˆperatieve Verkoop- en Productievereniging van Aardappelmeel en Derivaten Avebe BA (im Folgenden: Avebe) ist die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe, die auf die Verarbeitung von St‰rke spezialisiert ist. Zur Zeit des Sachverhalts und weiter bis Dezember 1995 war Avebe ¸ber ihre Beteiligung an der Gesellschaft Glucona vof, ein Unternehmen, das sie gemeinsam mit der Gesellschaft Akzo Nobel Chemicals BV (im Folgenden: ANC) kontrollierte, die ihrerseits von der Akzo Nobel NV (im Folgenden: Akzo) kontrolliert wurde, auf dem Natriumglukonatmarkt t‰tig. Im Dezember 1995 erwarb Avebe den Anteil von ANC an der Glucona vof, die zu einer Gesellschaft mit beschr‰nkter Haftung wurde und den Namen Glucona BV erhielt (im Folgenden werden die Gesellschaften Glucona vof und Glucona BV beide -Glucona- genannt).

2††††††††Natriumglukonat gehˆrt zu den Chelatbildnern, Produkte, die in industriellen Verfahren die Metallionen inaktivieren. Diese Verfahren umfassen u.†a. die industrielle Reinigung (Reinigung von Flaschen und Utensilien), die Oberfl‰chenbehandlung (Rostschutzbehandlungen, Fettentfernung, Aluminium‰tzen) und die Wasserbehandlung. Chelatbildner werden entsprechend in der Lebensmittelindustrie, der Kosmetikindustrie, der pharmazeutischen Industrie, der Papierindustrie und weiteren Industrien verwendet. Natriumglukonat wird weltweit verkauft; auf den Weltm‰rkten sind konkurrierende Unternehmen t‰tig.

3††††††††Im Jahr 1995 betrug der Gesamtabsatz von Natriumglukonat weltweit ungef‰hr 58,7 Mio. Euro, wovon auf den Europ‰ischen Wirtschaftsraum (EWR) ungef‰hr 19,6 Mio. Euro entfielen. Zur Zeit des Sachverhalts lag die weltweite Produktion von Natriumglukonat nahezu vollst‰ndig in den H‰nden von f¸nf Unternehmen, erstens der Fujisawa Pharmaceutical Co. Ltd (im Folgenden: Fujisawa), zweitens der Jungbunzlauer AG (im Folgenden: Jungbunzlauer), drittens der Roquette FrËres SA (im Folgenden: Roquette), viertens der Glucona vof und f¸nftens der Archer Daniels Midland Co. (im Folgenden: ADM).

4††††††††Im M‰rz 1997 teilte das amerikanische Justizministerium der Kommission mit, dass nach einer Untersuchung der M‰rkte f¸r Lysin und Zitronens‰ure auch eine Untersuchung des Marktes f¸r Natriumglukonat eingeleitet worden sei. Im Oktober und Dezember 1997 sowie im Februar 1998 wurde die Kommission dar¸ber unterrichtet, dass Akzo, Avebe, Glucona, Roquette und Fujisawa ihre Beteiligung an einem Kartell eingestanden hatten, in dessen Rahmen sie die Preise f¸r Natriumglukonat festgesetzt und die Absatzmengen f¸r dieses Produkt in den Vereinigten Staaten und andernorts untereinander aufgeteilt hatten. Nachdem diese Unternehmen mit dem amerikanischen Justizministerium bestimmte Vereinbarungen getroffen hatten, wurden ihnen von den amerikanischen Behˆrden Geldbuf‌len auferlegt.

5††††††††Am 18. Februar 1998 richtete die Kommission gem‰f‌l Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchf¸hrungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S.†204), Auskunftsverlangen an die wichtigsten Hersteller, Einf¸hrer, Ausf¸hrer und Abnehmer von Natriumglukonat in Europa.

6††††††††Auf das Auskunftsverlangen hin nahm Fujisawa Kontakt mit der Kommission auf und teilte ihr mit, dass sie im Rahmen der genannten Untersuchung mit den amerikanischen Behˆrden zusammengearbeitet habe und auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom 18. Juli 1996 ¸ber die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbuf‌len in Kartellsachen (ABl. C†207, S.†4, im Folgenden: Mitteilung ¸ber Zusammenarbeit) auch mit der Kommission zusammenarbeiten wolle. Am 12. Mai 1998 legte Fujisawa im Anschluss an eine Zusammenkunft mit der Kommission am 1. April 1998 eine schriftliche Erkl‰rung zusammen mit einem Dossier vor, das eine Zusammenfassung der Entwicklung des Kartells und eine Reihe von Dokumenten enthielt.

7††††††††Am 16. und 17. September 1998 f¸hrte die Kommission Nachpr¸fungen gem‰f‌l Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 in den Gesch‰ftsr‰umen von Avebe, Glucona, Jungbunzlauer und Roquette durch.

8††††††††Am 2. M‰rz 1999 richtete die Kommission detaillierte Auskunftsverlangen an Glucona, Roquette und Jungbunzlauer. Mit Schreiben vom 14., 19. und 20. April 1999 teilten diese Unternehmen mit, dass sie mit der Kommission zusammenarbeiten wollten, und legten ihr bestimmte Informationen ¸ber das Kartell vor. Am 25. Oktober 1999 richtete die Kommission zus‰tzliche Auskunftsverlangen an ADM, Fujisawa, Glucona, Roquette und Jungbunzlauer.

9††††††††Am 17. Mai 2000 sandte die Kommission Avebe und den ¸brigen betroffenen Unternehmen auf der Grundlage der ihr ¸bermittelten Informationen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen Verstof‌les gegen Artikel 81 Absatz 1 EG und Artikel 53 Absatz 1 des Abkommens ¸ber den Europ‰ischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR-Abkommen). Avebe und alle ¸brigen betroffenen Unternehmen nahmen zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftlich Stellung. Keiner der Beteiligten beantragte eine Anhˆrung oder bestritt die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Tatsachen.

10††††††Am 11. Mai 2001 sandte die Kommission Avebe und den ¸brigen betroffenen Unternehmen nochmals zus‰tzliche Auskunftsverlangen.

11††††††Am 2. Oktober 2001 erlief‌l die Kommission die Entscheidung K(2001) 2931 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/36.756 - Natriumglukonat) (im Folgenden: Entscheidung). Die Entscheidung wurde Avebe mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 zugestellt.

12††††††Die Entscheidung enth‰lt u.†a. folgende Bestimmungen:

-Artikel 1

[Akzo], [ADM], [Avebe], [Fujisawa], [Jungbunzlauer] und [Roquette] haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag bzw. - seit dem 1. Januar 1994 - Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstof‌len, indem sie an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Natriumglukonatsektor mitgewirkt haben.

Die Dauer der Zuwiderhandlung war folgende:

-††††††im Falle von [Akzo], [Avebe], [Fujisawa] und [Roquette] von Februar 1987 bis Juni 1995;

-††††††im Falle von [Jungbunzlauer] von Mai 1988 bis Juni 1995 und

-††††††im Falle von [ADM] von Juni 1991 bis Juni 1995.

-

Artikel 3

Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbuf‌len verh‰ngt:

a)††††††[Akzo]†††††††††††††††††††††††††††††††††††††9 Mio. EUR

b)††††††[ADM]†††††††††††††††††††††††††††††††††††††10,13 Mio. EUR

c)††††††[Avebe]†††††††††††††††††††††††††††††††††††††3,6 Mio. EUR

d)††††††[Fujisawa]††††††††††††††††††††††††††††3,6 Mio. EUR

e)††††††[Jungbunzlauer]†††††††††††††††††††20,4 Mio. EUR

f)††††††[Roquette]††††††††††††††††††††††††††††10,8 Mio. EUR-

13††††††In den Randnummern 296 bis 309 der Entscheidung untersuchte die Kommission die Beziehungen, die w‰hrend der Zeit des Kartells zwischen Glucona und ihren Muttergesellschaften Avebe und Akzo bestanden hatten. Sie stellte insbesondere fest, dass Glucona bis zum 15. August 1993 gemeinsam von Vertretern von Avebe und von Akzo gef¸hrt worden sei, danach jedoch wegen einer bei ihr erfolgten Umstrukturierung allein von einem Vertreter von Avebe. Avebe und Akzo seien gleichwohl im gesamten relevanten Zeitraum f¸r die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft verantwortlich zu machen; die Entscheidung sei deshalb an beide zu richten.

14††††††Bei der Bemessung der Geldbuf‌len wandte die Kommission in der Entscheidung die Methode an, die in den Leitlinien f¸r das Verfahren zur Festsetzung von Geldbuf‌len, die gem‰f‌l Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gem‰f‌l Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C†9, S.†3, im Folgenden: Leitlinien), beschrieben ist, sowie die Mitteilung ¸ber Zusammenarbeit.

15††††††Als Erstes ermittelte die Kommission anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung den Grundbetrag der Geldbuf‌le.

16††††††Dabei stellte die Kommission zur Schwere der Zuwiderhandlung zun‰chst fest, dass die betroffenen Unternehmen unter Ber¸cksichtigung der Art der Zuwiderhandlung, ihrer konkreten Auswirkungen auf den Natriumglukonatmarkt im EWR und des Umfangs des betreffenden r‰umlichen Marktes einen sehr schweren Verstof‌l begangen h‰tten (Randnr. 371 der Entscheidung).

17††††††Weiter vertrat die Kommission die Auffassung, dass der tats‰chlichen wirtschaftlichen F‰higkeit, dem Wettbewerb Schaden zuzuf¸gen, Rechnung zu tragen und die Geldbuf‌le in einer Hˆhe festzusetzen sei, die eine hinreichende Abschreckungswirkung gew‰hrleiste. Demgem‰f‌l teilte sie die betroffenen Unternehmen unter Zugrundelegung des weltweiten Umsatzes, den sie im Jahr 1995, dem letzten Jahr der Zuwiderhandlung, durch den Verkauf von Natriumglukonat erzielt hatten und den sie der Kommission im Verwaltungsverfahren mitgeteilt hatten, in zwei Gruppen ein. Der ersten Gruppe ordnete sie die Unternehmen zu, die nach den ihr vorliegenden Zahlen Anteile von mehr als 20†% am...

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