Urteile nº T-86/95 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, February 28, 2002

Resolution DateFebruary 28, 2002
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-86/95

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

28. Februar 2002 (1) „Wettbewerb - Linienkonferenzen - Multimodaler Transport - Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 - Geltungsbereich - Gruppenfreistellung - Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 - Einzelfreistellung - Geldbuße“

In der Rechtssache T-86/95

Compagnie générale maritime mit Sitz in Suresnes (Frankreich),

Hapag-Lloyd Aktiengesellschaft mit Sitz in Hamburg (Deutschland),

Kawasaki Kisen Kaisha Ltd mit Sitz in Tokio (Japan),

Lloyd Triestino di Navigazione SpA mit Sitz in Triest (Italien),

A. P. Møller-Maersk Line mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark),

Malaysian International Shipping Corporation Berhad mit Sitz in Kuala Lumpur (Malaysia),

Mitsui OSK Lines Ltd mit Sitz in Tokio,

Nedlloyd Lijnen BV mit Sitz in Rotterdam (Niederlande),

Neptune Orient Lines Ltd mit Sitz in Singapur (Singapur),

Nippon Yusen Kabushiki Kaisha mit Sitz in Tokio,

Orient Overseas Container Line mit Sitz in Hongkong (China),

P & O Containers Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Wilh. Wilhemsen Ltd A/S mit Sitz in Oslo (Norwegen),

Prozessbevollmächtigte: P. Rutley, Solicitor, sowie die Rechtsanwälte J. Pheasant und A. Mariott, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerinnen,

unterstützt durch

The European Community Shipowners' Associations ASBL mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Waelbroeck, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

The Japanese Shipowners' Association mit Sitz in Tokio, Prozessbevollmächtigte: F. Randolph, Barrister, und F. Murphy, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Langeheine und R. Lyal als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

The European Council of Transport Users ASBL mit Sitz in Brüssel, der der European Shippers' Council angehört, Prozessbevollmächtigter: M. Clough, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 94/985/EG der Kommission vom 21. Dezember 1994 in einem Verfahren nach Artikel 85 des EG-Vertrags (IV/33.218 - Far Eastern Freight Conference) (ABl. L 378, S. 17) erlässtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. Azizi und M. Jaeger,

Kanzler: Y. Mottard, Referent

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2000,

folgendes

Urteil(2)

Rechtlicher Rahmen

1.
Die Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) sieht ein System der Gruppenfreistellung für Linienkonferenzen vor. Die achte Begründungserwägung dieser Verordnung lautet:

„Es ist zweckmäßig, eine Gruppenfreistellung für die Linienkonferenzen festzulegen. Linienkonferenzen spielen eine stabilisierende Rolle, indem sie den Verladern zuverlässige Dienste gewährleisten. Im Allgemeinen tragen sie dazu bei, ein Angebot regelmäßiger, ausreichender und wirksamer Seeverkehrsdienste unter angemessener Berücksichtigung der Interessen aller Benutzer sicherzustellen. Ohne eine Zusammenarbeit der Reedereien in Linienkonferenzen hinsichtlich derFrachtraten und gegebenenfalls hinsichtlich der Transportkapazität oder der Aufteilung der Ladungsmengen und der Einnahmen können diese Ergebnisse nicht erreicht werden. Zumeist sind die Konferenzen einem wirksamen Wettbewerb durch Liniendienste, die den Konferenzen nicht angehören, und unter bestimmten Umständen durch Trampdienste und durch andere Verkehrsträger ausgesetzt. Ferner übt die Mobilität der Flotten, welche die Angebotsstruktur im Seeverkehr kennzeichnet, einen ständigen Wettbewerbsdruck auf die Konferenzen aus, die in der Regel nicht die Möglichkeit haben, den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Seeverkehrsdienste auszuschalten.“

2.
Nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 betrifft diese nur den internationalen Seeverkehr von oder nach einem oder mehreren Häfen der Gemeinschaft mit Ausnahme der Trampdienste (d. h. Massenguttransporte in nach Bedarf gecharterten Schiffen). Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4056/86 definiert den Begriff der Linienkonferenz wie folgt:

„eine Gruppe von zwei oder mehr Unternehmen der Seeschifffahrt, die internationale Liniendienste für die Beförderung von Ladung in einem bestimmten Fahrtgebiet oder in bestimmten Fahrtgebieten innerhalb fester geografischer Grenzen zur Verfügung stellt und die eine Vereinbarung oder Abmachung gleich welcher Art getroffen hat, in deren Rahmen sie auf der Grundlage einheitlicher oder gemeinsamer Frachtraten und etwaiger sonstiger vereinbarter Bedingungen hinsichtlich der Bereitstellung von Liniendiensten arbeitet“.

3.
Artikel 3 der Verordnung Nr. 4056/86 stellt Vereinbarungen, durch die die Preise und Bedingungen für die Bereitstellung von Linien-Schifffahrtsdiensten festgelegt werden sollen, von dem durch Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) ausgesprochenen Verbot frei. Die Freistellung erstreckt sich auch auf Vereinbarungen, durch die eines oder mehrere der nachstehenden Ziele verfolgt werden sollen:

„a) Abstimmung der Fahrpläne für die Schiffe oder von deren Abfahrt- oder Anlaufzeiten,

  1. Festsetzung der Häufigkeit der Abfahrten oder des Anlaufens,

  2. Abstimmung oder Aufteilung der Fahrten oder des Anlaufens unter den Mitgliedern der Konferenz,

  3. Regulierung der von den einzelnen Mitgliedern angebotenen Transportkapazität,

  4. Aufteilung der Ladungsmenge oder der Einnahmen unter den Mitgliedern.“

    4.
    Nach Artikel 23 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 gibt die Kommission den beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen vor einer EntscheidungGelegenheit, sich zu den gegen sie in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äußern. Die Verordnung (EWG) Nr. 4260/88 der Kommission vom 16. Dezember 1988 über die Mitteilungen, Beschwerden, Anträge sowie über die Anhörung gemäß der Verordnung Nr. 4056/86 (ABl. L 376, S. 1), die zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt in Kraft war, regelt die bei der Anhörung zu beachtenden verfahrensrechtlichen Voraussetzungen.

    5.
    Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates vom 19. Juli 1968 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. L 175, S. 1) bestimmt:

    „Auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs gelten die nachstehenden Vorschriften für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche die Festsetzung von Beförderungsentgelten und -bedingungen, die Beschränkung oder Überwachung des Angebots von Verkehrsleistungen, die Aufteilung der Verkehrsmärkte, die Anwendung technischer Verbesserungen oder die technische Zusammenarbeit, die gemeinsame Finanzierung oder den gemeinsamen Erwerb von Verkehrsmaterial oder -zubehör, die unmittelbar mit der Verkehrsleistung verknüpft sind, soweit dies für den gemeinsamen Betrieb einer Unternehmensgemeinschaft des Straßen- und Binnenschiffsverkehrs gemäß Artikel 4 erforderlich ist, bezwecken oder bewirken, sowie für beherrschende Stellungen auf dem Verkehrsmarkt. Diese Vorschriften gelten auch für die Tätigkeit des Verkehrshilfsgewerbes, die den oben bezeichneten Zweck oder die oben bezeichneten Wirkungen haben.“

    6.
    Artikel 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1017/68 bestimmt:

    „Vorbehaltlich der Artikel 3 bis 6 sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf, alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere

    a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der Beförderungspreise und -bedingungen oder sonstiger Geschäftsbedingungen,

    ...“

    7.
    Artikel 5 der Verordnung Nr. 1017/68 lautet:

    „Das Verbot des Artikels 2 kann mit rückwirkender Kraft für nicht anwendbar erklärt werden auf

    - Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,

    - Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,

    - aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,

    die beitragen

    - zur Verbesserung der Qualität der Verkehrsleistungen oder

    - zur Förderung einer größeren Kontinuität und Stabilität der Befriedigung des Verkehrsbedarfs auf den Märkten, auf denen Angebot und Nachfrage starken zeitlichen Schwankungen unterliegen, oder

    - zur Steigerung der Produktivität der Unternehmen oder

    - zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts,

    und zwar unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Verkehrsnutzer und ohne dass den beteiligten Verkehrsunternehmen

    a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder

  5. Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil des betreffenden Verkehrsmarktes den Wettbewerb auszuschalten.“

    8.
    Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1017/68 bestimmt: „Kommt die Kommission nach einem auf Grund einer Beschwerde oder von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zu dem Ergebnis, dass eine Vereinbarung, ein Beschluss oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen die Bedingungen des Artikels 2 und des Artikels 5 erfüllen, so erlässt sie eine Entscheidung nach Artikel 5. In der Entscheidung wird der Zeitpunkt angegeben, zu dem sie wirksam wird. Dieser Zeitpunkt kann vor dem Tage liegen, an dem die Entscheidung ergeht.“

    9.
    Nach Artikel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1017/68 kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder...

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