Urteile nº T-380/06 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, October 07, 2009

Resolution DateOctober 07, 2009
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-380/06

In der Rechtssache T-380/06

Vischim Srl mit Sitz in Cesano Maderno (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Parpala und B. Doherty als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung von Art. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/76/EG der Kommission vom 22. September 2006 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates im Hinblick auf die Spezifikation des Wirkstoffs Chlorthalonil (ABl. L 263, S. 9)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter F. Dehousse und V. Vadapalas (Berichterstatter),

Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 91/414/EWG

1 Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) -tragen [die Mitgliedstaaten] dafür Sorge, dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen wird, wenn - seine Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt und die dort festgelegten Bedingungen erfüllt sind-.

2 Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 -[wird] ein Wirkstoff - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse für einen anfänglichen Zeitraum von höchstens zehn Jahren in Anhang I aufgenommen, wenn angenommen werden kann, dass die diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel [die] Voraussetzungen erfüllen-, die in der Richtlinie im Anschluss festgelegt werden und die Unschädlichkeit dieser Mittel für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt betreffen.

3 Nach Art. 5 Abs. 4 erster und zweiter Gedankenstrich dieser Richtlinie kann die Aufnahme an Bedingungen in Bezug auf -den Mindestreinheitsgrad des Wirkstoffs- und -die Art und den Höchstgehalt bestimmter Verunreinigungen- geknüpft werden.

4 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bestimmt:

-Die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I wird nach dem Verfahren des Artikels 19 beschlossen.

Nach diesem Verfahren wird auch über Folgendes entschieden:

- die etwaigen Voraussetzungen für diese Aufnahme,

- die gegebenenfalls nötigen Änderungen an Anhang I,

--

5 Nach Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 91/414 -kann ein Mitgliedstaat [abweichend von Art. 4] während eines Zeitraums von zwölf Jahren vom Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie an zulassen, dass in seinem Gebiet Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, die nicht in Anhang I aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind-.

6 Nach Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/414 beginnt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften innerhalb dieses Zeitraums von zwölf Jahren mit einem Arbeitsprogramm für die schrittweise Prüfung dieser Wirkstoffe.

7 Laut Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 4 der Richtlinie 91/414 kann -[n]ach der Prüfung eines Wirkstoffs durch den in Artikel 19 genannten Ausschuss - innerhalb [dieses] Zeitraums - nach dem Verfahren desselben Artikels entschieden werden, dass und unter welchen Voraussetzungen der Wirkstoff in Anhang I aufgenommen werden kann bzw. dass er, wenn die Anforderungen des Artikels 5 nicht erfüllt oder die angeforderten Informationen und Angaben nicht fristgerecht vorgelegt worden sind, nicht in Anhang I aufgenommen wird-. Dort heißt es weiter: -[D]ie Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreffenden Zulassungen in einem vorgeschriebenen Zeitraum erteilt, widerrufen bzw. geändert werden.-

8 Art. 19 der Richtlinie 91/414 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 (ABl. L 122, S. 1) geänderten Fassung sieht vor, dass die Kommission von einem Regelungsausschuss, dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit (im Folgenden: Ausschuss), unterstützt wird.

9 Hinsichtlich des Wirkstoffs Chlorthalonil wurde die in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 bezeichnete Frist, die am 26. Juli 2003 ablaufen sollte, zunächst durch die Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 der Kommission vom 20. November 2002 (ABl. L 319, S. 3) bis zum 31. Dezember 2005 und sodann durch die Verordnung (EWG) Nr. 1335/2005 der Kommission vom 12. August 2005 (ABl. L 211, S. 6) bis zum 31. Dezember 2006 unter der Bedingung verlängert, dass nicht schon vorher eine Entscheidung über seine Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 getroffen worden sei.

Verordnung (EWG) Nr. 3600/92

10 Die Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 der Kommission vom 11. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 (ABl. L 366, S. 10) regelt für mehrere Wirkstoffe das Bewertungsverfahren mit Blick auf ihre etwaige Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414.

11 Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 bestimmt, dass -Hersteller, die die Aufnahme eines - Wirkstoffs - in Anhang I der Richtlinie [91/414] wünschen, - bei der Kommission innerhalb von sechs Monaten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung an einen entsprechenden Antrag [stellen]-.

12 Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 3600/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1199/97 der Kommission vom 27. Juni 1997 (ABl. L 170, S. 19) geänderten Fassung regelt die Durchführung der Prüfung der von den Antragstellern eingereichten Unterlagen.

13 Art. 8 Abs. 3 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 3600/92 in geänderter Fassung sieht vor:

-[D]ie Kommission [legt] dem Ständigen Ausschuss nach der Prüfung - einen der folgenden Entwürfe vor:

a) den Entwurf einer Richtlinie, um den Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie [91/414] aufzunehmen, wobei erforderlichenfalls die Bedingungen, einschließlich der Frist, für diese Aufnahme anzugeben sind;

--

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Aufnahme von Chlorthalonil in Anhang I der Richtlinie 91/414

14 Die Klägerin Vischim Srl, eine Gesellschaft italienischen Rechts, die Chlorthalonil herstellt, teilte der Kommission mit Schreiben vom 8. Juli 1993 mit, dass sie an der Aufnahme dieses Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 interessiert sei.

15 Nur zwei Antragsteller für Chlorthalonil reichten ihre Unterlagen fristgemäß ein, nämlich die Firma ISK Biotech Europe (die im Laufe des Bewertungsverfahrens durch die Firma Zeneca Agrochemicals ersetzt wurde, die ihrerseits zur Firma Syngenta wurde) und die Klägerin.

16 Im Anschluss an die Prüfung dieser Unterlagen erließ die Kommission am 16. September 2005 die Richtlinie 2005/53/EG zur Änderung der Richtlinie 91/414 zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid und Thiophanatmethyl (ABl. L 241, S. 51).

17 Gemäß Art. 1 der Richtlinie 2005/53 und ihres Anhangs wurde Chlorthalonil als Eintrag Nr. 102 in die Tabelle in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen. In der vierten Spalte (-Reinheit-) dieser Tabelle heißt es: -Hexachlorbenzol: höchstens 0,01 g/kg-.

18 Aus dem Bericht über die Neubewertung von Chlorthalonil (Dokument SANCO/4343/2000 final vom 14. Februar 2005) geht hervor, dass diese Voraussetzung in Bezug auf den Höchstgehalt an Hexachlorbenzol (HCB) auf der Spezifikation von Chlorthalonil durch die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) vom Februar 2005 basiert.

19 Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/53 waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Chlorthalonil enthalten, gegebenenfalls bis zum 31. August 2006 zu ändern oder zu widerrufen, wobei sie zum einen zu prüfen hatten, ob die Bedingungen in Anhang I der Richtlinie 91/414 erfüllt waren, und zum anderen, ob der Zulassungsinhaber ein Dossier besaß, das die Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 91/414 gemäß den in ihrem Art. 13 aufgeführten Bedingungen erfüllte, oder Zugang dazu hatte.

20 Die Richtlinie 2005/53 trat am 1. März 2006 in Kraft. Nach ihrem Art. 2 Unterabs. 1 und 2 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, um dieser Richtlinie spätestens am 31. August 2006 nachzukommen, und diese Vorschriften ab 1. September 2006 anzuwenden.

21 Am 25. November 2005 erhob die Klägerin Klage u. a. auf Nichtigerklärung der Richtlinie 2005/53 (Rechtssache T-420/05).

22 Im Rahmen der Klage stellte die Klägerin nacheinander zwei Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz, die durch Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 4. April 2006, Vischim/Kommission (T-420/05 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), und vom 13. Oktober 2006, Vischim/Kommission (T-420/05 R II, Slg. 2006, II-4085), zurückgewiesen wurden, wobei letztgenannter Beschluss durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. April 2007, Vischim/Kommission (C-459/06 P[R], nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), bestätigt wurde.

Änderung der Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414

23 Im Dezember 2005 veröffentlichte die FAO auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Informationen eine neue Spezifikation für Chlorthalonil, nach der dessen Höchstgehalt an HCB auf 0,04 g/kg heraufgesetzt wurde.

24 Die Klägerin unterrichtete die Kommission von dieser neuen Spezifikation mit Schreiben vom 16. Dezember 2005.

25 Im März 2006 bat die Kommission den Bericht erstattenden Mitgliedstaat, verschiedene der neuen Spezifikation der FAO entsprechende Versionen von Chlorthalonil - darunter das Erzeugnis der Klägerin - zu prüfen.

26 Gleichzeitig übersandten die Dienststellen der Kommission den Mitgliedstaaten eine E-Mail mit folgendem Wortlaut:

-[Der Bericht erstattende Mitgliedstaat] hat begonnen, die Gleichwertigkeit von Erzeugnissen verschiedener Herkunft (darunter Erzeugnisse von Vischim) zu prüfen. Ergibt sich, dass diese genauso sicher sind wie das Referenzerzeugnis, wird die...

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