Urteile nº T-296/17 of Tribunal General de la Unión Europea, November 22, 2018

Resolution DateNovember 22, 2018
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-296/17

„Gemeinschaftsgeschmacksmuster - Nichtigkeitsverfahren - Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das ein Reinigungsmittel in Form eines Toilettensteins darstellt - Nichtigkeitsgrund - Eigenart - Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002

In der Rechtssache T-296/17

Buck-Chemie GmbH mit Sitz in Herrenberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Schultze, J. Ossing, R.-D. Härer, C. Weber, H. Ranzinger, C. Brockmann und C. Gehweiler,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Henkel AG & Co. KGaA mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Schmidt,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. März 2017 (Sache R 2113/2015-3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Buck-Chemie und Henkel

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter I. S. Forrester (Berichterstatter) und E. Perillo,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 15. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 17. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 24. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäfl Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1 Am 1. Februar 2010 wurde zugunsten der Streithelferin, der Henkel AG & Co. KGaA, vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäfl der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) unter der Nr. 1663618-0003 folgendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen (im Folgenden: angegriffenes Geschmacksmuster):

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2 Das angegriffene Geschmacksmuster ist zur Anwendung in „WC-Spülungen“ im Sinne der Klasse 09-05 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung bestimmt.

3 Am 10. November 2014 beantragte die Klägerin, die Buck-Chemie GmbH, gemäfl Art. 52 der Verordnung Nr. 6/2002 die Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters.

4 Der Nichtigkeitsantrag war auf Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 gestützt, der bestimmt, dass ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster für nichtig zu erklären ist, wenn es die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 dieser Verordnung nicht erfüllt. Die Klägerin machte geltend, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster die Neuheit und die Eigenart im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 5 und 6 fehle.

5 Die Klägerin stützte ihre Nichtigkeitsklage u. a. auf das nachstehend abgebildete ältere Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 84645-0001 (im Folgenden: Geschmacksmuster D 5):

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6 Auflerdem stützte sie ihren Nichtigkeitsantrag u. a. auf folgende Unterlagen:

- einen Screenshot des Internetarchivs Wayback Machine vom 26. August 2007 mit folgender Abbildung (im Folgenden: Darstellung D 1):

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- einen Screenshot des Internetarchivs Wayback Machine vom 18. September 2008 mit folgender Abbildung (im Folgenden: Darstellung D 4):

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- einen Screenshot aus Wikimedia.org vom 23. April 2009 mit folgender Abbildung (im Folgenden: Darstellung D 7):

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7 Mit Entscheidung vom 21. August 2015 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters zurück.

8 Am 19. Oktober 2015 legte die Klägerin beim EUIPO gemäfl den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

9 Mit Entscheidung vom 8. März 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Dritte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. In ihrer Entscheidung führte die Beschwerdekammer aus, dass die geltend gemachten älteren Geschmacksmuster der Feststellung der Neuheit und Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Sinne der Art. 4 bis 6 der Verordnung Nr. 6/2002 nicht entgegenstünden.

Anträge der Parteien

10 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten des Verfahrens einschliefllich der im Laufe des Beschwerdeverfahrens angefallenen Kosten aufzuerlegen.

11 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

12 Die Streithelferin beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens einschliefllich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

13 Zur Stützung ihrer Klage führt die Klägerin drei Klagegründe an, nämlich erstens einen Verstofl gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 25 Abs. 1 Buchst. a und Art. 3 Buchst. a, zweitens einen Verstofl gegen Art. 62, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b sowie die Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 6/2002 sowie drittens einen Verstofl gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b sowie die Art. 4 und 6 der Verordnung Nr. 6/2002.

14 Nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 wird ein Geschmacksmuster für nichtig erklärt, wenn im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung kein solches vorliegt. Nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 wird ein Geschmacksmuster für nichtig erklärt, wenn es die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 der Verordnung nicht erfüllt.

15 Gemäfl Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 ist ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster nur geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.

16 Die von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe sind im Hinblick auf diese Bestimmungen zu prüfen.

Erster Klagegrund: Verstofl gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 25 Abs. 1 Buchst. a und Art. 3 Buchst. a

17 Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes rügt die Klägerin, das EUIPO habe nicht von Amts wegen geprüft, ob es sich bei dem angegriffenen Geschmacksmuster um „die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 handele. Da sich das Erscheinungsbild des angegriffenen Geschmacksmusters auf die Aneinanderreihung von vier Kugeln beschränke, handele es sich weder um die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon noch um die Erscheinungsform mehrerer Erzeugnisse. Daher hätte das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gemäfl Art. 25 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 für nichtig erklärt werden müssen.

18 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

19 Zunächst ist festzustellen, dass der erste Klagegrund offensichtlich unbegründet ist, da aus dem Wortlaut des Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 eindeutig hervorgeht, dass sich im Verfahren bezüglich einer Nichtigerklärung die Ermittlung des Sachverhalts auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

20 Die Klägerin räumt selbst ein, dass sie im Formular ihres Antrags auf Nichtigerklärung keinen Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 angegeben hat. Somit war das EUIPO nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob es sich bei dem angegriffenen Geschmacksmuster um „die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 handelt.

21 Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: Verstofl gegen Art. 62, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b sowie die Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 6/2002

22 Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes wirft die Klägerin dem EUIPO vor, es habe die „Neuheit“ des angegriffenen Geschmacksmusters im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 fehlerhaft beurteilt. Die Rügen der Klägerin betreffen insbesondere Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung, in der es heiflt:

„Sämtliche ältere Muster rufen damit einen Gesamteindruck hervor, der sich von dem des angegriffenen [Geschmacksmusters] unterscheidet[,] und stehen dessen Eigenart nicht entgegen. Damit unterscheidet sich das angegriffene [Geschmacksmuster] von den älteren Mustern auch in mehr als nur unwesentlichen Einzelheiten, so dass es auch die erforderliche Neuheit gemäfl Artikel 5 [der Verordnung Nr. 6/2002] aufweist.“

23 Zum einen befasst sich die angefochtene Entscheidung nach Auffassung der Klägerin „nur kursorisch“ mit dem Nichtigkeitsgrund der fehlenden „Neuheit“ im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002, so dass es an einer nachvollziehbaren Begründung fehle, was einen Verstofl gegen die dem EUIPO gemäfl Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 obliegende Begründungspflicht darstelle.

24 Zum anderen wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, entschieden zu haben, dass das angegriffene Geschmacksmuster die Voraussetzung der „Neuheit“ im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 nur aufgrund der Tatsache erfülle, dass es über „Eigenart“ im Sinne von Art. 6 der Verordnung verfüge. Dabei handele es sich aber um zwei verschiedene Voraussetzungen mit unterschiedlichen Beurteilungskriterien.

25 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

26 In Bezug auf den ersten Teil des zweiten Klagegrundes, der einen behaupteten Verstofl des EUIPO gegen die Begründungspflicht betrifft, ist festzustellen, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 genügt.

27 Die Beschwerdekammer hat in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung durchaus die Gründe klar dargelegt, aufgrund deren sie zu der Auffassung gelangte, dass das angegriffene Geschmacksmuster die Voraussetzung der „Neuheit“ im Sinne von Art. 5...

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