Urteile nº T-821/17 of Tribunal General de la Unión Europea, December 12, 2018

Resolution DateDecember 12, 2018
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-821/17

„Unionsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung der Unionsbildmarke VITROMED Germany - Ältere Unionswortmarke Vitromed - Relatives Eintragungshindernis - Verwechslungsgefahr - Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T-821/17

Vitromed GmbH mit Sitz in Jena (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Linfl,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Graul, D. Walicka und M. Fischer als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Vitromed Healthcare mit Sitz in Jaipur (Indien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Schmidt,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 26. September 2017 (Sache R 2402/2016-2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Vitromed Healthcare und Vitromed

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise und R. da Silva Passos (Berichterstatter),

Kanzler: E. Hendrix, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 12. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 16. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 20. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des am 19. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antrags der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens,

aufgrund der am 26. bzw. 28. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahmen des EUIPO und der Streithelferin zu dem Aussetzungsantrag,

aufgrund der Entscheidung vom 1. Oktober 2018, mit der der Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen worden ist,

auf die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2018

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 12. August 2015 meldete die Klägerin, die Vitromed GmbH, gemäfl der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3 Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 5 und 10 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 5: „Biologische Präparate für medizinische Zwecke; Biologische Gewebekulturen für medizinische Zwecke“;

- Klasse 10: „Pipetten [medizinisch]; Pipettengeräte für medizinische Zwecke; Pipetteninstrumente für medizinische Zwecke; Pipetteninstrumente für chirurgische Zwecke; Kapillarröhrchen für die Verteilung von Reagenzien; Kapillarröhrchen für Proben; Injektionsnadeln für medizinische Zwecke; Injektionshülsen für medizinische Zwecke; Injektionsgeräte ohne Nadeln; Medizinische Injektionsspritzen; Kapillarpipetten aus Kunststoff für medizinische Zwecke; Kapillarröhrchen für medizinische Zwecke“.

4 Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 172/2015 vom 11. September 2015 veröffentlicht.

5 Am 1. Dezember 2015 erhob die Streithelferin, Vitromed Healthcare, gemäfl Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke u. a. für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6 Der Widerspruch wurde auf die ältere Unionswortmarke Vitromed gestützt, die am 3. Februar 2006 unter der Nr. 4 141 081 für folgende Waren der Klasse 10 eingetragen worden war: „Chirurgische, ärztliche, zahnärztliche und tierärztliche Apparate und Instrumente, insbesondere Einwegartikel im Bereich der Gesundheitspflege und Medizin, soweit sie in Klasse 10 enthalten sind, chirurgisches Nahtmaterial“.

7 Als Widerspruchsgründe wurden die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) genannten Eintragungshindernisse geltend gemacht.

8 Am 28. Oktober 2016 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch hinsichtlich der oben in Rn. 3 aufgeführten Waren statt.

9 Am 21. Dezember 2016 legte die Klägerin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) ein.

10 Mit Entscheidung vom 26. September 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie war erstens der Ansicht, dass das maflgebliche Gebiet das Gebiet der Europäischen Union sei und dass sich die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren wie die von der älteren Marke erfassten Waren an professionelle Kunden richteten, die über spezielle Kenntnisse und eine spezielle Berufserfahrung verfügten, wie etwa Fachleute im medizinischen Bereich. Diese Verkehrskreise seien eher aufmerksam und verständig. Zweitens seien zum einen die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 5 den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 10 ähnlich. Zum anderen seien die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 10 mit den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 10 identisch. Drittens stellte die Beschwerdekammer beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen auf die Wahrnehmung der maflgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise ab. Insoweit war sie der Ansicht, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht sehr ähnlich, in klanglicher Hinsicht identisch und in begrifflicher Hinsicht sehr ähnlich seien. Viertens habe die ältere Marke eine schwache originäre Kennzeichnungskraft. Fünftens habe die Widerspruchsabteilung keinen Fehler begangen, als sie die Eintragung der angemeldeten Marke mit der Begründung abgelehnt habe, dass für die maflgeblichen Verkehrskreise, bei denen es sich für Zwecke des Verfahrens um die englischsprachigen Verkehrskreise handele, zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke in Bezug auf die oben in Rn. 3 aufgeführten Waren Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

Anträge der Parteien

11 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- den Widerspruch insgesamt zurückzuweisen;

- die Kosten des Verfahrens der Streithelferin aufzuerlegen.

12 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13 In der mündlichen Verhandlung, an der die Streithelferin nicht teilgenommen hat, hat die Klägerin Dokumente zum Nachweis der Kundschaft der Streithelferin und der tatsächlich unter der älteren Marke vertriebenen Waren vorgelegt. Diese von der Streithelferin stammenden Dokumente waren von ihr im Rahmen eines von der Klägerin beim EUIPO angestrengten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung laufenden Verfallsverfahrens vorgelegt worden.

14 Das Gericht hat in Anbetracht der Einwände des EUIPO und mangels stichhaltiger Argumente, die die Vorlage dieser Dokumente im Stadium der mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnten, beschlossen, diese Dokumente nicht zu den Akten zu nehmen.

Rechtliche Würdigung

Zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens

15 Die Klägerin hat geltend gemacht, eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens sei erforderlich, weil sie am 28. November 2017 beim EUIPO einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der älteren Marke mit der Begründung gestellt habe, dass die ältere Marke während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt worden sei. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Antrag wiederholt.

16 Das EUIPO hat sich gegen eine solche Aussetzung ausgesprochen.

17 Art. 62 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 sieht Folgendes vor: „Die in dieser Verordnung vorgesehenen Wirkungen der Unionsmarke gelten in dem Umfang, in dem die Marke für verfallen erklärt wird, als von dem Zeitpunkt der Antragstellung … an nicht eingetreten. In der Entscheidung kann auf Antrag einer Partei ein früherer Zeitpunkt, zu dem einer der Verfallsgründe eingetreten ist, festgesetzt werden.“

18 Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass eine nach Art. 72 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 beim Gericht erhobene Klage auf die Kontrolle der Rechtmäfligkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern gerichtet und diese Kontrolle anhand des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens des Rechtsstreits vorzunehmen ist, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (vgl. Urteile vom 3. Dezember 2015, TrekStor/HABM - Scanlab [iDrive], T-105/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:924, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Mai 2016, Red Lemon/EUIPO - Lidl Stiftung [ABTRONICX2], T-776/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:291, Rn. 15).

19 Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Entscheidung am 26. September 2017 erlassen, und die Beschwerdekammer hat das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der älteren Marke geprüft, so wie sie am 3. Februar 2006 eingetragen worden war. Ferner hat die Klägerin den Antrag auf Erklärung des Verfalls der älteren Marke erst am 28. November 2017 gestellt, d. h. nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung. Schliefllich hat, wie das EUIPO vorgetragen hat, ohne dass die Klägerin dem in der mündlichen Verhandlung widersprochen hätte, die Klägerin nicht beantragt, dass die begehrte Verfallserklärung zu einem Zeitpunkt Wirkung entfaltet, der vor der Einreichung des Antrags auf Verfallserklärung liegt.

20 Deshalb ist zum einen festzustellen, dass selbst ein möglicher Verfall, wenn dem Antrag auf Verfallserklärung stattgegeben würde...

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