Urteile nº T-830/16 of Tribunal General de la Unión Europea, December 13, 2018

Resolution DateDecember 13, 2018
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-830/16

„Unionsmarke - Nichtigkeitsverfahren - Unionswortmarke PLOMBIR - Absolutes Eintragungshindernis - Beschreibender Charakter - Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) - Prüfung von Tatsachen - Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 [jetzt Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001] - Erstmals vor dem Gericht vorgelegte Beweise“

In der Rechtssache T-830/16

Monolith Frost GmbH mit Sitz in Leopoldshöhe (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin E. Liebich und Rechtsanwalt S. Labesius,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Söder, D. Walicka und M. Fischer als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Dovgan GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-C. Plate und R. Kaase,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. September 2016 (Sache R 1812/2015-4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Monolith Frost und Dovgan

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius und U. Öberg (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ukelyte, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 23. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 20. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 6. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2018

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 14. Juni 2010 meldete die Streithelferin, die Dovgan GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen PLOMBIR.

3 Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 29 und 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 29: „Fruchtmuse, Eier, Milch und Milchprodukte“;

- Klasse 30: „Speiseeis, Kaffee, Kakao“.

4 Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 2011/118 vom 27. Juni 2011 veröffentlicht. Am 4. Oktober 2011 wurde die Marke unter der Nr. 009171695 für die oben in Rn. 3 genannten Waren als Unionsmarke eingetragen.

5 Am 12. Mai 2014 stellte die Klägerin, die Monolith Frost GmbH, nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) beim EUIPO einen Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Marke PLOMBIR für die oben in Rn. 3 bezeichneten Waren.

6 Zur Stützung ihres Antrags machte die Klägerin ein Freihaltebedürfnis für die Ausfuhr geltend und trug vor, die angegriffene Marke sei die Transliteration des Begriffs „Пломбир“, was auf Russisch „Sahneeis“ bedeute, in lateinischen Schriftzeichen. Der beschreibende Charakter der angegriffenen Marke werde von Personen wahrgenommen, die in Deutschland und in anderen Ländern der Europäischen Union, etwa den baltischen Staaten, wohnhaft seien und über Russischkenntnisse verfügten.

7 Mit Entscheidung vom 14. Juli 2015 gab die Löschungsabteilung des EUIPO dem Antrag auf Nichtigerklärung für bestimmte Waren der Klassen 29 (Milch und Milchprodukte) und 30 (Speiseeis) (im Folgenden zusammen: in Rede stehende Waren) statt.

8 Am 9. November 2015 legte die Streithelferin gemäfl den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein. Sie begründete ihre Beschwerde am 16. November 2015.

9 Mit Entscheidung vom 22. September 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Löschungsabteilung auf und wies den Antrag auf Nichtigerklärung in vollem Umfang zurück. Sie war insbesondere der Ansicht, erstens sei, auch wenn sich die in Rede stehenden Waren im vorliegenden Fall an jeden Endverbraucher unabhängig von Alter, Einkommen oder Sprachkenntnissen wendeten, die Wahrnehmung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke auf das deutsche Hoheitsgebiet zu beschränken, da die beigebrachten Beweise und die Erläuterungen der Klägerin ausschliefllich dieses Gebiet beträfen.

10 Zweitens habe die Klägerin nicht belegt, dass ein relevanter Prozentsatz der Endverbraucher der in Rede stehenden Waren in Deutschland der russischen Sprache mächtig sei, da die hierfür beigebrachten Nachweise unzuverlässig oder unergiebig seien.

11 Drittens habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die relevanten Verkehrskreise gerade den Sinn des Wortes „plombir“ verstünden. Insoweit müssten die relevanten deutschen Verkehrskreise das Wort „plombir“ zunächst in kyrillische Buchstaben transliterieren und es dann als das russische Wort „Пломбир“ erkennen, bevor sie ihm eine beschreibende Bedeutung beimessen könnten; sie müssten also eine doppelte gedankliche Leistung erbringen. Schliefllich verfüge die Beschwerdekammer nicht über genügend Nachweise, um dem Wort „plombir“ oder „Пломбир“ die beschreibende Bedeutung „Speiseeis“ in der russischen Sprache beizumessen.

Anträge der Parteien

12 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten einschliefllich der im Verfahren vor der Beschwerdekammer angefallenen Kosten aufzuerlegen.

13 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

14 Das EUIPO und die Streithelferin machen geltend, einige Unterlagen, nämlich die Anlagen K6 bis K12, K14 und K15 zur Klageschrift sowie die Anlagen K16 bis K24 zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, seien erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden. Sie beträfen das Verständnis der russischen Sprache in Deutschland und der übrigen Union, einschliefllich insbesondere der baltischen Staaten, die Definition des Begriffs „Пломбир“ durch Online-Wörterbücher und die Verwendung des Begriffs „plombir“ zu beschreibenden Zwecken, als Bezeichnung für Sahneeis, in Deutschland.

15 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäfligkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001) gerichtet ist, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C-29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 54, und vom 21. April 2005, Ampafrance/HABM - Johnson & Johnson [monBeBé], T-164/03, EU:T:2005:140, Rn. 29).

16 Jedoch sind weder die Parteien noch das Gericht selbst daran gehindert, Elemente einzubeziehen, die sich aus der nationalen Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Literatur ergeben, da es nicht darum geht, der Beschwerdekammer vorzuwerfen, sie habe in einem bestimmten nationalen Urteil genannte Tatsachen aufler Betracht gelassen, sondern darum, Rechtsprechung oder Literatur zur Untermauerung der Rüge heranzuziehen, dass sie eine Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009 fehlerhaft angewandt habe (vgl. Urteil vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM - Constantin Film Produktion [WINNETOU], T-501/13, EU:T:2016:161, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17 Im vorliegenden Fall bestehen die Anlagen K7 bis K9 zur Klageschrift aus mehreren Entscheidungen des Bundespatentgerichts (Deutschland). Mit ihnen soll jedoch eher das Verständnis des Russischen seitens der deutschen Fachkreise für den Handelsverkehr mit Russland belegt und daher der Beschwerdekammer vorgeworfen werden, Tatsachen nicht berücksichtigt zu haben, als der Inhalt des nationalen Rechts bestimmt werden. Nach der oben...

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