Urteile nº T-449/18 of Tribunal General de la Unión Europea, June 06, 2019

Resolution DateJune 06, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-449/18

„Unionsmarke - Anmeldung einer Unionsbildmarke, die ein achteckiges Polygon darstellt - Absolutes Eintragungshindernis - Fehlende Unterscheidungskraft - Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001

In der Rechtssache T-449/18

Ortlieb Sportartikel GmbH mit Sitz in Heilsbronn (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Wulff und Rechtsanwalt K. Schmidt-Hern,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 27. April 2018 (Sache R 1634/2017-1) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das ein achteckiges Polygon darstellt, als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis, des Richters S. Papasavvas und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 19. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 28. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2019, in der die Klägerin erklärt hat, ihre Anfechtung der Entscheidung vom 30. Oktober 2018, mit der ihr die Erlaubnis zur Einreichung einer Erwiderung auf der Grundlage von Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichts versagt wurde, zurückzunehmen,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 14. November 2016 meldete die Klägerin, die Ortlieb Sportartikel GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an

2 Bei der Anmeldemarke handelt es sich um das folgende in der Farbe Anthrazit beanspruchte Bildzeichen:

Image not found

3 Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 9, 12, 18 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 9: „Taschen für Fotoapparate und deren Zubehör“;

- Klasse 12: „Trolleys [Fahrzeuge]; Teile und Zubehör für Landfahrzeuge; Gepäcktaschen für Zweiräder; Fahrradtaschen; Motorradtaschen“;

- Klasse 18: „Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Reisetaschen; Koffer; Einkaufstaschen; Arbeitstaschen; Bauch- und Hüfttaschen; Rucksäcke; Aktenmappen; Freizeittaschen; Kreditkartenetuis; Kartentaschen; Kuriertaschen; Satteltaschen; Leder und Lederimitationen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten“;

- Klasse 25: „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten“.

4 Mit Entscheidung vom 24. Mai 2017 wies die Prüferin die Anmeldung für alle oben in Rn. 3 genannten Waren auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 der Verordnung 2017/1001) zurück.

5 Am 24. Juli 2017 legte die Klägerin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Prüferin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde ein.

6 Mit Entscheidung vom 27. April 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die Anmeldemarke für die in Rede stehenden Waren nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sei. Auch sei mit den von der Klägerin vorgelegten Nachweisen keine durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft der Anmeldemarke im Sinne von Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung dargetan worden.

7 Zum einen war die Beschwerdekammer hinsichtlich der fehlenden Unterscheidungskraft u. a. der Ansicht, dass es der Anmeldemarke, die aus einer geometrischen Form bestehe, an jeglichem Merkmal fehle, das den maflgeblichen Verkehrskreisen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren geben könne. Sie würde vielmehr wie ein einfaches dekoratives Element oder Etikett mit einem ästhetischen oder funktionellen Zweck wahrgenommen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des EUIPO - das andere aus geometrischen Formen bestehende Marken eingetragen habe - berufen, um die fehlende Unterscheidungskraft der Anmeldemarke zu beheben.

8 Zum anderen vertrat die Beschwerdekammer die Auffassung, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise keine durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft der Anmeldemarke im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 erkennen lieflen, insbesondere weil sie nicht belegten, dass die Benutzung der Marke bei den maflgeblichen Verkehrskreisen eine Verbindung zwischen der Klägerin und den in Rede stehenden Waren geschaffen habe.

Anträge der Parteien

9 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

10 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

11 Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend, der darin liege, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass die Anmeldemarke nicht unterscheidungskräftig sei.

12 Das EUIPO hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

13 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen sind.

14 Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne der genannten Bestimmung bedeutet, dass diese Marke geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2015, EE/HABM [Darstellung weifler Punkte auf gelbem Grund], T-143/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:616, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15 Marken im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind somit solche, die als ungeeignet angesehen werden, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 2011, Air France/HABM [Form eines Parallelogramms], T-159/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:176, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16 Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maflgeblichen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 24. Februar 2016, Coca-Cola/HABM [Form einer Konturflasche ohne Riffelung], T-411/14, EU:T:2016:94, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17 Um zu beurteilen, ob eine Marke Unterscheidungskraft hat, ist daher auf den von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2005, Eurocermex/HABM, C-286/04 P, EU:C:2005:422, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C-144/06 P, EU:C:2007:577, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Bezug auf die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, insbesondere Taschen diverser Art, Trolleys, Teile und Zubehör für Landfahrzeuge, Bekleidungsstücke und Schuhwaren sowie Teile und Zubehör für diese Waren, in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass es sich um Waren des täglichen Bedarfs handele. Zu den maflgeblichen Verkehrskreisen hat sie, ebenfalls in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung, ausgeführt, dass diese Waren an das breite Publikum gerichtet seien und dass auf das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen sei. Diese Beurteilungen der Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet wurden, wie sie auch in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sind fehlerfrei und daher zu bestätigen.

19 Das Vorbringen der Klägerin, die Anmeldemarke besitze Unterscheidungskraft, ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

20 Erstens hat die Klägerin zunächst ausgeführt, dass es sich bei der Anmeldemarke um eine Figur in Form eines unregelmäfligen Vielecks mit fünf verschiedenen Seitenlängen handele, das keiner geometrischen Grundform entspreche, wie beispielsweise einem Achteck oder einer einfachen oder gängigen Form, die einem im Alltag begegnen könne. Vielmehr handele es sich um eine Figur, die ungewöhnliche und phantasieanregende Assoziationen wecke, die es den maflgeblichen Verkehrskreisen ermöglichten, sie in Erinnerung zu behalten und die daher über die für ihre Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft verfüge.

21 Ferner habe die Beschwerdekammer auf die Anmeldemarke zu Unrecht die Rechtsprechung zu geometrischen Grundformen angewandt und hierzu eine unzureichende Begründung geliefert, indem sie nur festgestellt habe, dass die Anmeldemarke mit der geometrischen Figur verschmelze.

22 Schliefllich macht die Klägerin geltend, dass sich die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft verschiedener Markenformen nicht unterschieden, weil es blofl auf den...

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