Urteile nº T-286/18 of Tribunal General de la Unión Europea, September 11, 2019

Resolution DateSeptember 11, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-286/18

„Gemeinsame Auf‌len- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maf‌lnahmen angesichts der Lage in der Ukraine - Einfrieren von Geldern - Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden - Beibehaltung des Namens des Klägers auf der Liste - Pflicht des Rates, zu prüfen, ob der Beschluss einer Behörde eines Drittstaats unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergangen ist“

In der Rechtssache T-286/18

Mykola Yanovych Azarov, wohnhaft in Kiew (Ukraine), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Egger und G. Lansky,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Bauerschmidt und P. Mahnič als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2018/333 des Rates vom 5. März 2018 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/GASP über restriktive Maf‌lnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2018, L 63, S. 48) und der Durchführungsverordnung (EU) 2018/326 des Rates vom 5. März 2018 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maf‌lnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2018, L 63, S. 5), soweit der Name des Klägers auf der Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen belassen wurde, gegen die sich diese restriktiven Maf‌lnahmen richten,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis (Berichterstatter) sowie der Richter D. Spielmann und Z. Csehi,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2019

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die vorliegende Rechtssache fügt sich in den Rahmen der restriktiven Maf‌lnahmen ein, die gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine nach der Unterdrückung der Demonstrationen auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew (Ukraine) vom Februar 2014 ergriffen wurden.

2 Der Kläger, Herr Mykola Yanovych Azarov, war vom 11. März 2010 bis 28. Januar 2014 Premierminister der Ukraine.

3 Am 5. März 2014 erlief‌l der Rat der Europäischen Union den Beschluss 2014/119/GASP über restriktive Maf‌lnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26). Am selben Tag erlief‌l der Rat die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maf‌lnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 1) (im Folgenden zusammen: Rechtsakte vom März 2014).

4 In den Erwägungsgründen 1 und 2 des Beschlusses 2014/119 heif‌lt es:

„(1) Der Rat hat am 20. Februar 2014 jede Gewaltanwendung in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt. Er forderte die sofortige Beendigung der Gewalt in der Ukraine und die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Er rief die Regierung der Ukraine zu gröf‌lter Zurückhaltung auf und appellierte an die Oppositionsführer, sich von denjenigen zu distanzieren, die zu radikalen Handlungen, einschlief‌llich Gewaltanwendung, übergehen.

(2) Der Rat hat am 3. März 2014 beschlossen, im Hinblick auf die Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte in der Ukraine restriktive Maf‌lnahmen für das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten auf Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie auf für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen zu konzentrieren.“

5 Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2014/119 bestimmt:

„(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

(2) Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

6 Die Modalitäten des Einfrierens werden in Art. 1 Abs. 3 bis 6 des Beschlusses 2014/119 festgelegt.

7 Die Verordnung Nr. 208/2014 schreibt gemäf‌l dem Beschluss 2014/119 den Erlass von Maf‌lnahmen zum Einfrieren von Geldern vor und regelt die Modalitäten hierfür mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie dieser Beschluss.

8 Die Namen der von den Rechtsakten vom März 2014 betroffenen Personen sind in identischen Listen im Anhang des Beschlusses 2014/119 und in Anhang I der Verordnung Nr. 208/2014 (im Folgenden: Liste) u. a. mit der Begründung für ihre Aufnahme verzeichnet.

9 Der Name des Klägers war mit den Identifizierungsinformationen „Premierminister der Ukraine bis Januar 2014“ und folgender Begründung in der Liste aufgeführt:

„Person ist in der Ukraine Gegenstand von Ermittlungen wegen der Beteiligung an Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland.“

10 Mit am 12. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob der Kläger eine unter dem Aktenzeichen T-331/14 in das Register eingetragene Klage u. a. auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014, soweit sie ihn betrafen.

11 Am 29. Januar 2015 erlief‌l der Rat den Beschluss (GASP) 2015/143 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 24, S. 16) und die Verordnung (EU) 2015/138 zur Änderung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 24, S. 1).

12 Mit dem Beschluss 2015/143 wurden mit Wirkung ab dem 31. Januar 2015 die Benennungskriterien für die vom Einfrieren von Geldern betroffenen Personen präzisiert. Insbesondere wurde dabei Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 durch folgenden Text ersetzt:

„(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

Für die Zwecke dieses Beschlusses zählen zu Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich erklärt wurden, Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Behörden sind

  1. wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine oder wegen Beihilfe hierzu oder

  2. wegen Amtsmissbrauchs als Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch ein Verlust staatlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine verursacht wird, oder wegen Beihilfe hierzu.“

13 Mit der Verordnung 2015/138 wurde die Verordnung Nr. 208/2014 entsprechend dem Beschluss 2015/143 geändert.

14 Am 5. März 2015 erlief‌l der Rat den Beschluss (GASP) 2015/364 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 62, S. 25) und die Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 62, S. 1) (im Folgenden zusammen: Rechtsakte vom März 2015). Der Beschluss 2015/364 ersetzte zum einen Art. 5 des Beschlusses 2014/119, indem er die Anwendung der restriktiven Maf‌lnahmen, was den Kläger betraf, bis zum 6. März 2016 verlängerte, und änderte zum anderen den Anhang des Beschlusses 2014/119. Die Durchführungsverordnung 2015/357 änderte dementsprechend Anhang I der Verordnung Nr. 208/2014.

15 Die Rechtsakte vom März 2015 belief‌len den Namen des Klägers mit den Identifizierungsinformationen „Premierminister der Ukraine bis Januar 2014“ und folgender neuer Begründung auf der Liste:

„Person ist Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte.“

16 Mit am 29. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob der Kläger eine unter dem Aktenzeichen T-215/15 in das Register eingetragene Klage auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2015, soweit sie ihn betrafen.

17 Mit Urteil vom 28. Januar 2016, Azarov/Rat (T-331/14, EU:T:2016:49), erklärte das Gericht die Rechtsakte vom März 2014, soweit sie den Kläger betrafen, für nichtig.

18 Am 4. März 2016 erlief‌l der Rat den Beschluss (GASP) 2016/318 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2016, L 60, S. 76) und die Durchführungsverordnung (EU) 2016/311 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2016, L 60, S. 1) (im Folgenden zusammen: Rechtsakte vom März 2016).

19 Durch die Rechtsakte vom März 2016 wurden die restriktiven Maf‌lnahmen bis zum 6. März 2017 verlängert, und zwar ohne dass die oben in Rn. 15 wiedergegebene Begründung der Benennung des Klägers geändert worden wäre.

20 Mit am 27. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob der Kläger eine unter dem Aktenzeichen T-190/16 in das Register...

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