Urteile nº T-668/18 of Tribunal General de la Unión Europea, October 03, 2019

Resolution DateOctober 03, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-668/18

„Unionsmarke - Verfallsverfahren - Wortmarke ADPepper - Ernsthafte Benutzung der Marke - Art. 18 Abs. 1 Buchst. a, Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Art. 95 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 - Form, die nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft beeinflusst wird“

In der Rechtssache T-668/18

6Minutes Media GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Koch und T. Hilser,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Markakis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

ad pepper media International NV mit Sitz in Nürnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Lux,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 20. Juni 2018 (Sache R 840/2017-1) zu einem Verfallsverfahren zwischen 6Minutes Media und ad pepper media International

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise und R. da Silva Passos (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 6. November 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 8. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 4. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäfl Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 18. März 1999 meldete die Streithelferin, die ad pepper media International NV, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, diese wiederum ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Dabei handelte es sich um folgendes Wortzeichen:

ADPepper

3 Die Marke wurde für folgende Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 35: „Dienstleistungen einer Werbeagentur“;

- Klasse 38: „Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern; Bereitstellung von Informationen im Internet; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; Erbringung von Dienstleistungen durch Erstellung von Websites für Dritte“;

- Klasse 42: „Bereitstellung/Zurverfügungstellung/Vermietung von Zugriffsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu digitalen Netzen; Einstellen von Web-Seiten ins Internet für Dritte (Web-Hosting); Design von Netzwerkseiten (Homepages)/(Webdesigning)“.

4 Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 28/2000 vom 10. April 2000 veröffentlicht. Am 24. Oktober 2000 wurde das oben in Rn. 2 wiedergegebene Zeichen unter der Nr. 1109990 als Unionsmarke eingetragen.

5 Am 3. Dezember 2015 stellte die Klägerin, die 6Minutes Media GmbH, nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO den Antrag, diese Marke für verfallen zu erklären. Dabei trug sie vor, die angegriffene Marke sei während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren hinsichtlich aller Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden sei, in der Europäischen Union nicht ernsthaft benutzt worden.

6 Mit Entscheidung vom 27. Februar 2017 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die Marke der Streithelferin mangels ernsthafter Benutzung mit Wirkung vom 3. Dezember 2015 in vollem Umfang für verfallen.

7 Am 26. April 2017 legte die Streithelferin gemäfl den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

8 Mit Entscheidung vom 20. Juni 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Erste Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde der Streithelferin in vollem Umfang statt. Sie hob die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf, wies den Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke zurück und erlegte der Klägerin die Kosten des Verfahrens vor dem EUIPO auf.

9 Die Beschwerdekammer ging davon aus, dass die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für den Zeitraum vom 3. Dezember 2010 bis zum 2. Dezember 2015 (im Folgenden: maflgeblicher Zeitraum) nachweisen müsse.

10 Die von der Streithelferin vorgelegten Benutzungsnachweise stammten gröfltenteils aus dem maflgeblichen Zeitraum oder bezögen sich auf diesen. In der Gesamtwürdigung belegten sie eine Benutzung des Zeichens in einer Form, die von der Eingetragung der angegriffenen Marke nur in Bestandteilen abgewichen sei, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst worden sei.

11 Zum Ort der Benutzung sei festzustellen, dass die angegriffene Marke hauptsächlich in Deutschland benutzt worden sei.

12 Was die Art der Benutzung anbelange, sei zum einen zu beachten, dass ein Geschäfts- oder Handelsname zugleich auch eine Funktion als Marke wahrnehmen könne. Zum anderen spreche die Benutzung von Submarken für bestimmte Geschäftsbereiche nicht gegen die gleichzeitige Benutzung einer Dachmarke. Insoweit sei festzustellen, dass die angegriffene Marke kein Geschäfts- oder Handelsname, sondern eine Dachmarke sei, deren Benutzung in engem Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Submarken für die betreffenden Geschäftsbereiche stehe.

13 Was den Umfang der Benutzung betreffe, ergebe sich aus der Gesamtschau der von der Streithelferin eingereichten Unterlagen, dass die angegriffene Marke im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich des Online-Marketings in ausreichender Weise benutzt worden sei, um die Rechte hinsichtlich aller oben in Rn. 3 genannten verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 zu erhalten.

Anträge der Parteien

14 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- ihre Kosten dem EUIPO und der Streithelferin aufzuerlegen.

15 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

16 Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstofl gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001, da die Streithelferin im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung bestimmte Beweismittel verspätet vorgelegt habe. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie einen Verstofl gegen Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit deren Art. 18 Abs. 1 Buchst. a geltend, da die angegriffene Marke nicht ernsthaft benutzt worden sei.

Zum ersten Klagegrund: Berücksichtigu ng verspätet vorgelegter Beweismittel

17 Mit dem ersten Klagegrund trägt die Klägerin vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 verstoflen, als sie bestimmte Beweismittel, die von der Streithelferin nach Ablauf der von der Nichtigkeitsabteilung gesetzten Frist zu den Akten gegeben worden seien, berücksichtigt habe, ohne das ihr nach dieser Vorschrift zustehende Ermessen auszuüben und ohne die Berücksichtigung dieser Beweismittel in rechtlich hinreichender Weise zu begründen.

18 Nach Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 braucht das EUIPO Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.

19 Wie der Gerichtshof entschieden hat, folgt aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift die Beteiligten Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die dafür nach den Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem EUIPO keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C-29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 42; vgl. entsprechend auch Urteil vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM, C-621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 22).

20 Mit der Klarstellung, dass das EUIPO in einem solchen Fall die fraglichen Beweismittel nicht zu berücksichtigen „braucht“, räumt die genannte Bestimmung ihm ein weites Ermessen ein, um unter entsprechender Begründung seiner Entscheidung darüber zu befinden, ob die Beweismittel zu berücksichtigen sind oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C-29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 43).

21 Zwar muss das EUIPO nach der Verordnung 2017/1001 den Verfall erklären, wenn innerhalb der von ihm gesetzten Frist überhaupt kein Beweis für die ernsthafte Benutzung der betreffenden Marke vorgelegt worden ist. Dies ist jedoch nicht geboten, wenn innerhalb dieser Frist Beweise für die Benutzung vorgelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C-610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 86). Insoweit ist bereits entschieden worden, dass der Inhaber einer angegriffenen Marke auch nach Ablauf der von der erstinstanzlich zuständigen Stelle des EUIPO gesetzten Frist zusätzliche Beweismittel...

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