Urteile nº T-808/17 of Tribunal General de la Unión Europea, December 03, 2019

Resolution DateDecember 03, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-808/17

„Öffentlicher Dienst - Beamte - Beurteilung - Ordnungsmäfligkeit des Beurteilungs- und des Berufungsbeurteilungsverfahrens - Verpflichtung des Berufungsbeurteilenden zur Unparteilichkeit“

In der Rechtssache T-808/17

Ralph Pethke, wohnhaft in Alicante (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Lukošiūtė als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur,

Beklagter,

betreffend eine auf Art. 270 AEUV gestützte Klage, gerichtet auf die Aufhebung der Beurteilung des Klägers für das Jahr 2016 sowie gegebenenfalls der Entscheidung des Verwaltungsrats des EUIPO vom 18. Oktober 2017, mit der die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, des Richters C. Iliopoulos und der Richterin I. Reine (Berichterstatterin),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1 Art. 43 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„Über Befähigung, Leistung und dienstliche Führung aller Beamten wird unter den von den Anstellungsbehörden eines jeden Organs gemäfl Artikel 110 festgelegten Bedingungen eine jährliche Beurteilung erstellt. Aus dieser Beurteilung ergibt sich, ob das Leistungsniveau des Beamten zufriedenstellend war oder nicht. Die Anstellungsbehörde jedes Organs erlässt Bestimmungen, die dem Beamten das Recht einräumen, im Rahmen des Beurteilungsverfahrens Einspruch einzulegen; dieses Recht muss vor Einreichung einer Beschwerde nach Artikel 90 Absatz 2 in Anspruch genommen werden.

Die Beurteilung wird dem Beamten bekannt gegeben. Er ist berechtigt, der Beurteilung alle Bemerkungen hinzuzufügen, die er für zweckdienlich hält.“

2 Zur Durchführung von Art. 43 des Statuts in der mit Wirkung zum 1. Januar 2014 geänderten Fassung wendet das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) seit dem 1. Oktober 2014 den Beschluss C(2013) 8985 der Kommission vom 16. Dezember 2013 mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 43 und zu Artikel 44 Absatz 1 des Statuts (im Folgenden: ADB 43) an.

3 Art. 3 („Aufgaben und Rang der verschiedenen Akteure“) der ADB 43 sieht vor:

„1. Der Beurteilende ist der direkte Dienstvorgesetzte des Stelleninhabers; in der Regel handelt es sich um dessen Referatsleiter, der am 1. Dezember des Beurteilungszeitraums im Amt war.

  1. Berufungsbeurteilender ist der direkte Dienstvorgesetzte des Beurteilenden zum Zeitpunkt seiner ersten Handlung im Rahmen des in Artikel 6 genannten Beurteilungsverfahrens.

    … Ist der Generaldirektor der Beurteilende, so ist der Generaldirektor der für Humanressourcen zuständigen Generaldirektion Berufungsbeurteilender. …

    Ein Stelleninhaber, der unter Artikel 22a Absätze 1 und 2 des Statuts fallende Informationen übermittelt hat, kann zum Zeitpunkt seiner begründeten Ablehnung der Beurteilung nach Artikel 7 Absatz 1 beantragen, dass der Generaldirektor der für Humanressourcen zuständigen Generaldirektion oder der Generalsekretär die Funktion des Berufungsbeurteilenden übernimmt.

  2. Zum Schutz des Interesses des Stelleninhabers oder bei geändertem Organisationsplan einer Dienststelle oder einer Generaldirektion kann der Generaldirektor in Ausnahmefällen von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 abweichen, um dem besonderen Kontext Rechnung zu tragen.

    …“

    4 Art. 7 der ADB 43 regelt das Einspruchverfahren wie folgt:

    „1. Die mit Gründen versehene Ablehnung der Beurteilung durch den Stelleninhaber … gilt automatisch als Befassung des Berufungsbeurteilenden. …

  3. Auf Wunsch des Stelleninhabers in seiner mit Gründen versehenen Ablehnung führt der Berufungsbeurteilende innerhalb von zehn Arbeitstagen nach dem Datum der begründeten Ablehnung ein Gespräch mit diesem. Der Stelleninhaber kann sich bei dem Gespräch von einem anderen Stelleninhaber, der nicht der Beurteilende ist, begleiten lassen. Der Berufungsbeurteilende kann einen anderen Stelleninhaber, der nicht der Beurteilende ist, zur Teilnahme an dem Gespräch auffordern.

  4. Innerhalb von 20 Arbeitstagen ab dem Datum der mit Gründen versehenen Ablehnung der Beurteilung und nach dem Gespräch gemäfl Absatz 2 bestätigt der Berufungsbeurteilende die Beurteilung oder ändert sie, wobei er seinen Beschluss begründet.

    Der Beschluss des Berufungsbeurteilenden darf sich nicht auf Angaben stützen, zu denen sich der Stelleninhaber im Beurteilungs- oder Einspruchverfahren noch nicht äuflern konnte, es sei denn, der Berufungsbeurteilende gibt ihm rechtzeitig Gelegenheit dazu.

  5. Mit dem Beschluss des Berufungsbeurteilenden wird die Beurteilung endgültig. …“

    5 Anhang I der ADB 43 regelt Sonderfälle. Nach seiner Nr. 2 verfasst, falls der Stelleninhaber während des Beurteilungszeitraums, allerdings nicht weniger als vier Monate nach Ablauf des vorhergehenden Beurteilungszeitraums oder des Zeitraums, für den der vorhergehende Beitrag in die Beurteilung aufgenommen wurde, innerhalb der Kommission versetzt oder gemäfl Art. 37 Buchst. a des Statuts abgeordnet wird, sein direkter Dienstvorgesetzter einen Beitrag zu der Leistung des Stelleninhabers, der in die Beurteilung aufgenommen wird.

    6 Im Anschluss an den Erlass der ADB 43 erliefl das EUIPO ein Dokument mit dem Titel „Work Instruction: Appraisals at EUIPO“, das Dienstanweisungen zu den Beurteilungen der Beamten und Bediensteten des EUIPO enthält (im Folgenden: Dienstanweisungen des EUIPO). In Bezug auf Art. 3 der ADB 43 sehen die Dienstanweisungen des EUIPO vor, dass für Beurteilungen des Exekutivdirektors der Berufungsbeurteilende ein Ausschuss ist, der sich aus dem stellvertretenden Exekutivdirektor, dem Direktor der Abteilung Humanressourcen und dem Direktor der Rechtsabteilung zusammensetzt.

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    7 Der Kläger, Herr Ralph Pethke, ein Jurist, trat im Jahr 2000 als Bediensteter auf Zeit in den Dienst des EUIPO. Im Jahr 2002 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit der Laufbahngruppe AD (Verwaltungsrat) ernannt.

    8 Im Jahr 2006 nahm der Kläger erfolgreich an einem Auswahlverfahren für „Referatsleiter“ im Management teil. Daraufhin wurde er als Referatsleiter einer Dienststelle für Marken eingesetzt.

    9 Im Mai 2011 wurde der in der Zwischenzeit nach Besoldungsgruppe AD 11 beförderte Kläger auf die Stelle des stellvertretenden Direktors der Hauptabteilung „Internationale Zusammenarbeit und Rechtsangelegenheiten“ umgesetzt. Im Oktober 2012 wurde er auf die Stelle des Direktors der Hauptabteilung „Personal und Finanzen“ umgesetzt.

    10 Im Oktober 2014 wurde der Kläger auf die Stelle des Direktors der Hauptabteilung „Kerngeschäft“ umgesetzt. Sein Dienstvorgesetzter war der Exekutivdirektor des EUIPO.

    11 In der Beurteilung des Klägers für das Jahr 2014 heiflt es, dass seine Befähigung, Leistung und dienstliche Führung insgesamt dem für seine Stelle erforderlichen Niveau entsprächen. In seiner Beurteilung für das Jahr 2015 heiflt es, dass seine Befähigung, Leistung und dienstliche Führung insgesamt über dem für seine Stelle erforderlichen Niveau lägen. Da der Kläger der Auffassung war, dass die im Rahmen der Reorganisation des EUIPO in den Jahren 2014 und 2015 erzielten Erfolge nicht hinreichend gewürdigt worden seien, zeichnete er diese Beurteilungen nicht gegen, ohne jedoch Beschwerde einzulegen.

    12 Mit Entscheidung vom 17. Oktober 2016 versetzte der Exekutivdirektor des EUIPO den Kläger, der bis dahin Direktor der Hauptabteilung „Kerngeschäft“ war, unter Beibehaltung seiner Funktionsgruppe, der Besoldungsgruppe 12 sowie der Dienstaltersstufe 2 als „Senior Legal Expert“ (Hauptrechtsexperte) zur Hauptabteilung „Beobachtungsstelle“ des EUIPO. Diese Entscheidung war Gegenstand einer Klage beim Gericht, die mit Urteil vom 5. März 2019, Pethke/EUIPO (T-169/17, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel eingelegt, EU:T:2019:135), abgewiesen wurde.

    13 Am 8. März 2017 führte der Direktor der Hauptabteilung „Beobachtungsstelle“ des EUIPO (im Folgenden: Beurteilender), der ab dem 17. Oktober 2016 der Dienstvorgesetzte des Klägers war, mit ihm das jährliche Beurteilungsgespräch für das Jahr 2016.

    14 Am 9. März 2017 unterzeichnete der Beurteilende die Beurteilung des Klägers für das Jahr 2016 (im Folgenden: Beurteilung für 2016). Aus ihr geht hervor, dass der Beurteilende hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar bis zum 16. Oktober 2016 auch den Exekutivdirektor des EUIPO konsultierte, der in diesem Zeitraum der Dienstvorgesetzte des Klägers war (im Folgenden: früherer Dienstvorgesetzter). Dessen schriftlicher Beitrag wurde im Einklang mit Nr. 2 von Anhang I der ADB 43 der Beurteilung für 2016 beigefügt.

    15 In der Beurteilung für 2016 heiflt es: „Insgesamt entsprechen die Befähigung, Leistung und dienstliche Führung [des Klägers] dem für die Stelle...

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