Urteile nº T-85/19 of Tribunal General de la Unión Europea, March 12, 2020

Resolution DateMarch 12, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-85/19

„Unionsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung der Unionsbildmarke KinGirls - Ältere deutsche Wortmarke King - Relatives Eintragungshindernis - Verwechslungsgefahr - Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001

In der Rechtssache T-85/19

Gwo Chyang Biotech Co. Ltd mit Sitz in Tainan City (Taiwan), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Kakoures,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch W. Schramek, A. Söder und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG mit Sitz in Nürnberg (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. Dezember 2018 (Sache R 718/2018-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG und Gwo Chyang Biotech

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos sowie der Richter V. Valančius (Berichterstatter) und L. Truchot,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 14. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 17. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2019

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 26. Februar 2016 meldete die Klägerin, die Gwo Chyang Biotech Co. Ltd, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3 Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 3: „Kosmetische Masken; Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege; Kosmetika; Make-up; Körperpflegemittel; Trockenshampoos; ätherische Öle; Haarspülungen; Jasminöl; Lotionen für kosmetische Zwecke; Eau de Toilette; Öle für Körper- und Schönheitspflege; Öle für kosmetische Zwecke; Parfümeriewaren; Parfüms; Shampoos“;

- Klasse 35, u. a.: „Vorführung von Waren für Werbezwecke; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel“.

4 Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 66/2016 vom 11. April 2016 veröffentlicht.

5 Am 11. Juli 2016 erhob die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG gemäf‌l Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Anmeldung der Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6 Der Widerspruch wurde auf folgende ältere Rechte gestützt:

- die deutsche Wortmarke King, die für folgende Waren der Klasse 3 am 30. November 1955 unter der Nr. 684917 eingetragen und bis zum 31. Oktober 2020 verlängert wurde: „Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Bleichmittel, Stärke und Stärkeerzeugnisse für Waschzwecke, Farbzusätze zur Wäsche, Schleifmittel“;

- die internationale Registrierung Nr. 270159 der nachfolgend wiedergegebenen Bildmarke mit Wirkung in Österreich, der Tschechischen Republik und Frankreich zur Kennzeichnung u. a. folgender Waren der Klasse 3: „Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle“

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7 Der Widerspruch wurde auf das relative Eintragungshindernis in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) gestützt.

8 Am 8. Februar 2017 beantragte die Klägerin nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001), die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. möge die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachweisen. Diese kam der Aufforderung des EUIPO innerhalb der festgesetzten Frist nach.

9 Am 23. Februar 2018 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück.

10 Am 18. April 2018 legte die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

11 Mit Entscheidung vom 12. Dezember 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Sie stellte erstens fest, dass der Benutzungsnachweis der älteren deutschen Marke für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in Klasse 3 erbracht worden sei. Zweitens kam sie zu dem Ergebnis, dass Deutschland das maf‌lgebliche Gebiet sei und dass sich die Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 an die Allgemeinheit der Verbraucher sowie an Fachkreise der Werbebranche richteten. Drittens bestehe zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren in Klasse 3 und den Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege, für die der Benutzungsnachweis der älteren Marke erbracht worden sei, Identität oder Ähnlichkeit. Dagegen unterschieden sich die von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen in Klasse 35 von den von der älteren Marke erfassten Waren in Klasse 3. Viertens bestehe zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen in schriftbildlicher Hinsicht eine durchschnittliche und in klanglicher Hinsicht eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit. Zudem bestehe, soweit der deutsche Verbraucher in der angemeldeten Marke eine Kombination der Begriffe „King“ und „Girls“ erkenne, eine begriffliche Ähnlichkeit mit der älteren Marke. Fünftens bestehe bei den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 3 für die maf‌lgebenden Verkehrskreise Verwechslungsgefahr. Daher hob die Beschwerdekammer zum einen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf, soweit der Widerspruch für die Waren der Klasse 3 zurückgewiesen worden war. Zum anderen wies sie die Unionsmarkenanmeldung für die Waren der Klasse 3 zurück. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 entschied die Beschwerdekammer dagegen, dass die angemeldete Marke für sie eingetragen werden könne, da keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Anträge der Parteien

12 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung insoweit aufzuheben, als mit ihr dem Widerspruch für die Waren in Klasse 3 stattgegeben wurde;

- den Widerspruch vollumfänglich zurückzuweisen;

- dem EUIPO und der Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. die Kosten des Widerspruchsverfahrens, des Verfahrens vor der Beschwerdekammer und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

13 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

14 Die Klägerin führt als einzigen Klagegrund einen Verstof‌l gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 an.

15 Sie macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass eine Verwechslungsgefahr vorliege, obwohl sich die einander gegenüberstehenden Zeichen in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht unterschieden. Das Wort „King“ werde in der deutschen Sprache im lobenden Sinne verwendet, und es werde in anderen Drittmarken verwendet, so dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke geschwächt sei. Die blof‌le Recherche im Register des EUIPO habe 281 Eintragungen für Waren der Klasse 3 ergeben, die den Bestandteil „King“ enthielten.

16 Selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass der Begriff „Girls“ in der Anmeldemarke einen beschreibenden Anklang für einen Teil der von der Anmeldung erfassten Waren aufweise, indem er einen Hinweis auf die Verbraucher gebe, für die die Waren bestimmt seien, habe die Beschwerdekammer diesen Begriff zudem bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht hinreichend berücksichtigt.

17 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

18 Gemäf‌l Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genief‌lt. Die Verwechslungsgefahr schlief‌lt die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Des Weiteren versteht man unter älteren Marken nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung 2017/1001 in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

19 Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Die Verwechslungsgefahr ist nach dieser Rechtsprechung umfassend, gemäf‌l der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maf‌lgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM - Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T-162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20 Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer dem auf die ältere Marke gestützten Widerspruch für die Waren in Klasse 3 zu Recht mit der Begründung teilweise...

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