Conclusions de l'avocat général M. H. Saugmandsgaard Øe, présentées le 25 novembre 2020.

JurisdictionEuropean Union
Date25 November 2020
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 25. November 2020(1)

Rechtssache C361/19

De Ruiter vof

gegen

Minister van Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit

(Vorabentscheidungsersuchen des College van Beroep voor het bedrijfsleven [Berufungsgericht für Wirtschaftsverwaltungssachen, Niederlande])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Agrarpolitik – Direktzahlungen – Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 – Art. 97 Abs. 1 – Art. 99 Abs. 1 – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 – Art. 73 Abs. 4 Buchst. a – Kürzungen und Ausschlüsse bei Nichteinhaltung der anderweitigen Verpflichtungen – Bestimmung des Jahres, auf das für die Berechnung des Prozentsatzes der Kürzung abzustellen ist – Berechnung der Kürzung – Verrechnung der Kürzung – Jahr der Nichteinhaltung – Jahr der Feststellung der Nichteinhaltung – Urteil Teglgaard und Fløjstrupgård (C‑239/17, EU:C:2018:597)“






I. Einleitung

1. Die vorliegende Rechtssache knüpft an das Urteil Teglgaard und Fløjstrupgård(2) an.

2. In diesem Urteil hatte der Gerichtshof zu entscheiden, ob die wegen der Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen(3) vorzunehmenden Kürzungen der den Betriebsinhabern geschuldeten Direktzahlungen nach der damals geltenden Regelung auf der Grundlage der im Kalenderjahr der Nichteinhaltung oder der im Kalenderjahr der Feststellung der Nichteinhaltung gewährten Zahlungen zu berechnen sind(4). Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Jahr der Nichteinhaltung als Berechnungsgrundlage heranzuziehen ist(5).

3. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Urteils Teglgaard waren die in jener Rechtssache in Rede stehenden Bestimmungen bereits aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt worden, die den Wortlaut der betreffenden Bestimmungen geändert hat. Diese neue Regelung ist diejenige, die in der vorliegenden Rechtssache auszulegen ist, in der sich die gleiche Frage stellt wie die im Urteil Teglgaard behandelte, aber nunmehr im Rahmen der neuen Regelung: Stellt sie auf das Jahr der Nichteinhaltung oder auf das Jahr ihrer Feststellung als Grundlage für die Berechnung der Kürzungen der Direktzahlungen ab? Bei den auszulegenden Bestimmungen handelt es sich um Art. 97 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013(6) sowie um Art. 73 Abs. 4 Buchst. a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014(7).

4. In der vorliegenden Rechtssache hat der Gerichtshof daher im Wesentlichen zu entscheiden, ob der Gesetzgeber mit der neuen Regelung das Jahr, auf das nach der früheren Regelung bei der Berechnung der Kürzungen abzustellen war, ändern wollte.

5. Im Anschluss an meine Ausführungen werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, diese Frage in dem Sinne zu verneinen, dass immer das Jahr der Nichteinhaltung als Berechnungsgrundlage heranzuziehen ist.

6. Das Vorabentscheidungsersuchen, mit dem diese Frage gestellt wird, wurde vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftsverwaltungssachen, Niederlande) im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem Landwirt und dem Minister van Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit (Minister für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität, im Folgenden: Minister) eingereicht, der eine vom Minister wegen zwei Fällen der Nichteinhaltung der anderweitigen Verpflichtungen vorgenommene Kürzung der Höhe der dem Landwirt geschuldeten Direktzahlungen betraf.

II. Rechtlicher Rahmen

A. Das in der Rechtssache Teglgaard anwendbare Unionsrecht (früherer Rechtsrahmen)

7. Die Regelung für die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003(8) in der durch die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 796/2004(9) präzisierten Form eingeführt (Abschnitt 1). In der Folge wurden diese Verordnungen durch die Verordnung (EG) Nr. 73/2009(10) bzw. die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1122/2009(11) aufgehoben und ersetzt (Abschnitt 2). Um diese Verordnungen ging es im Urteil Teglgaard.

1. Die Verordnung Nr. 1782/2003 und die Durchführungsverordnung Nr. 796/2004

8. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 sah in seiner französischen Sprachfassung im Wesentlichen vor, dass bei Nichteinhaltung der anderweitigen Verpflichtungen der Gesamtbetrag der „in dem Kalenderjahr, in dem die Nichteinhaltung festgestellt wird“, zu gewährenden Direktzahlungen gekürzt wird(12). Dagegen war in fast allen anderen Sprachfassungen dieser Bestimmung von dem „Jahr der Nichteinhaltung“ die Rede(13).

9. Mit der Verordnung (EG) Nr. 146/2008(14) wurde Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 ab dem Jahr 2008 wie folgt geändert:

„Werden die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands in einem bestimmten Kalenderjahr (im Folgenden als ‚betreffendes Kalenderjahr‘ bezeichnet) zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und ist dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, so wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der … diesem Betriebsinhaber zu gewähren ist, … gekürzt oder gestrichen.“

10. Art. 66 Abs. 1 Unterabs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 796/2004 bestimmte:

„1. Ist die festgestellte Nichteinhaltung auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen, so wird … eine Kürzung des Gesamtbetrags der Direktzahlungen … vorgenommen, der dem betreffenden Betriebsinhaber aufgrund von Beihilfeanträgen bereits gewährt worden oder noch zu gewähren ist, die er während des Kalenderjahres der Feststellung gestellt hat bzw. stellen wird. …“

2. Die Verordnung Nr. 73/2009 und die Durchführungsverordnung Nr. 1122/2009

11. Am 19. Januar 2009 wurde Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 in der durch die Verordnung Nr. 146/2008 geänderten Fassung durch Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 ersetzt, und am 30. November 2009 wurde Art. 66 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 796/2004 durch Art. 70 Abs. 8 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 1122/2009 ersetzt.

12. Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 sah vor:

„(1) Werden die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands in einem bestimmten Kalenderjahr (nachstehend ‚betreffendes Kalenderjahr‘ genannt) zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt, und ist dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, so wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der … diesem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist, … gekürzt oder gestrichen.“

13. Art. 70 Abs. 8 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 1122/2009 bestimmte:

„(8) Zur Anwendung der Kürzungen wird der Kürzungsprozentsatz auf folgende Gesamtbeträge angewandt:

a) den Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der dem betreffenden Betriebsinhaber aufgrund von Beihilfeanträgen bereits gewährt worden oder noch zu gewähren ist, die er während des Kalenderjahres der Feststellung gestellt hat bzw. stellen wird, …“.

B. Das auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbare Unionsrecht

14. Am 17. Dezember 2013 wurden die in der Verordnung Nr. 73/2009 vorgesehenen Bestimmungen über die Einhaltung der anderweitigen Verpflichtungen durch die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1306/2013(15) (Abschnitt 1) und am 17. Juli 2014 die in der Durchführungsverordnung Nr. 1122/2009 vorgesehenen Bestimmungen durch die Bestimmungen der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 (Abschnitt 2) ersetzt. Diese Verordnungen, die Teil der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sind, sind in der vorliegenden Rechtssache auszulegen.

1. Verordnung Nr. 1306/2013

15. Der 53. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1306/2013 lautet wie folgt:

„Mit der Verordnung [Nr. 1782/2003], die durch die Verordnung [Nr. 73/2009] ersetzt wurde, wurde der Grundsatz festgelegt, dass die volle Zahlung einiger GAP-Fördermittel an die Begünstigten an die Einhaltung verbindlicher Vorschriften in Bezug auf Landnutzung, landwirtschaftliche Erzeugung und landwirtschaftliche Tätigkeit gebunden sein sollte. …“

16. Der 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung sieht vor:

„Die Cross-Compliance-Regelung ist sowohl für die Begünstigten als auch für die nationalen Verwaltungen mit einem gewissen Verwaltungsaufwand verbunden, da Aufzeichnungen und Kontrollen vorgenommen und gegebenenfalls Sanktionen verhängt werden müssen. Diese Sanktionen sollten angemessen, wirksam und abschreckend sein. Sie sollten sonstige Sanktionen unberührt lassen, die im Rahmen sonstigen Unions- oder nationalen Rechts vorgesehen sind. Aus Gründen der Kohärenz ist es angebracht, die einschlägigen Unionsvorschriften in einem einzigen Rechtsinstrument zusammenzufassen. …“

17. Art. 91 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.“

18. Art. 97 („Anwendung von Verwaltungssanktionen“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1 Unterabs. 1:

„(1) Werden die Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr (im Folgenden ‚betreffendes Kalenderjahr‘) zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und ist dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfe- oder den Zahlungsantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten, so wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 verhängt.“

19. Art. 99 („Berechnung der Verwaltungssanktion“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 sieht vor:

„(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.

Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse...

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