Council Regulation (EU) 2022/1369 of 5 August 2022 on coordinated demand-reduction measures for gas

Coming into Force09 August 2022
End of Effective Date09 August 2023
Celex Number32022R1369
ELIhttp://data.europa.eu/eli/reg/2022/1369/oj
Published date08 August 2022
Date05 August 2022
Official Gazette PublicationOfficial Journal of the European Union, L 206, 8 August 2022
L_2022206DE.01000101.xml
8.8.2022 DE Amtsblatt der Europäischen Union L 206/1

VERORDNUNG (EU) 2022/1369 DES RATES

vom 5. August 2022

über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 122 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Russische Föderation, der wichtigste externe Gaslieferant der Union, hat eine militärische Aggression gegen die Ukraine, eine Vertragspartei der Energiegemeinschaft, begonnen. Die Eskalation der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine seit Februar 2022 hat dazu geführt, dass die Gaslieferungen in einem bewussten Versuch, Gaslieferungen als politische Waffe einzusetzen, deutlich zurückgegangen sind. Die Pipeline-Gasflüsse aus Russland durch Belarus wurden eingestellt, und die Gaslieferungen durch das Gebiet der Ukraine haben sich stetig verringert. Insgesamt belaufen sich die Gasflüsse aus Russland nun auf weniger als 30 % der durchschnittlichen Gasflüsse im Zeitraum von 2016-2021. Diese Verringerung der Lieferungen hat zu historisch hohen und volatilen Energiepreisen geführt, die zur Inflation beitragen und das Risiko eines weiteren Konjunkturrückgangs in Europa bergen.
(2) Vor diesem Hintergrund hat die Kommission in der Folge ihrer Mitteilung vom 8. März 2022 mit dem Titel „REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie“ am 18. Mai 2022 den REPowerEU-Plan vorgestellt, der zum Ziel hat, die Abhängigkeit der Union von fossilen Brennstoffen aus Russland so bald wie möglich, spätestens jedoch bis 2027, zu beenden. Zur Erreichung dieses Ziels enthält der REPowerEU-Plan Maßnahmen für Energieeinsparungen und Energieeffizienz und schlägt einen beschleunigten Einsatz sauberer Energien vor, damit diese in Privathaushalten, in der Industrie und bei der Stromerzeugung fossile Brennstoffe ersetzen können. Zu weiteren Maßnahmen auf der Angebotsseite könnten unter anderem eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung und die Erleichterung gemeinsamer Beschaffungen durch europäische Gasmarktteilnehmer auf dem internationalen Gasmarkt sowie Anstrengungen nach besten Kräften gehören, Stromerzeugungskapazitäten, die sich nicht auf die Versorgung mit importiertem Gas stützen, zu erhalten.
(3) Zur besseren Vorbereitung auf Unterbrechungen der Gaslieferungen hat die Union weitere Maßnahmen ergriffen. Um die Befüllung der unterirdischen Gasspeicheranlagen für die kommenden Winter sicherzustellen, wurde die Verordnung (EU) 2022/1032 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) angenommen.
(4) Darüber hinaus hat die Kommission im Februar und im Mai 2022 eingehende Überprüfungen aller nationalen Notfallpläne vorgenommen und zudem die Versorgungssicherheitslage eingehend überwacht. Die seit Februar 2022 von der Union ergriffenen Maßnahmen wurden so gestaltet, dass sie einen vollständigen Ausstieg aus der Nutzung von russischem Gas bis 2027 ermöglichen und die Risiken im Zusammenhang mit einer weiteren größeren Lieferunterbrechung verringern.
(5) Die in jüngster Zeit eskalierenden Störungen der Gaslieferungen aus Russland deuten jedoch auf ein erhebliches Risiko hin, dass die russischen Gaslieferungen in naher Zukunft auf plötzliche und einseitige Weise vollständig eingestellt werden könnten. Die Union sollte sich daher auf ein solches Risiko einstellen und sich im Geiste der Solidarität auf eine jederzeit mögliche vollständige Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland vorbereiten. Um weiteren Störungen zuvorzukommen und die Resilienz der Union gegenüber künftigen Schocks zu stärken, bedarf es sofortiger proaktiver Maßnahmen. Durch koordinierte Maßnahmen auf Unionsebene kann verhindert werden, dass eine mögliche Unterbrechung der Gasversorgung der Wirtschaft sowie den Bürgerinnen und Bürgern ernsthaft schadet.
(6) Der derzeitige Rechtsrahmen für die Gasversorgungssicherheit, der mit der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) geschaffen wurde, trägt Unterbrechungen der Lieferungen eines wichtigen Gaslieferanten, die mehr als 30 Tage dauern, nicht angemessen Rechnung. Das Fehlen eines Rechtsrahmens für solche Unterbrechungen birgt das Risiko, dass Mitgliedstaaten mit unkoordinierten Maßnahmen reagieren, welche eine mögliche Gefährdung für die Versorgungssicherheit in benachbarten Mitgliedstaaten darstellen und die Industrie und die Verbraucher in der Union zusätzlich belasten könnten.
(7) In seiner Entschließung vom 7. April 2022 zu den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24./25. März 2022 forderte das Europäische Parlament einen Plan, mit dem die Energieversorgungssicherheit der Union auch kurzfristig weiterhin gewahrt wird. Auf seinen Tagungen vom 31. Mai und 23. Juni 2022 forderte der Europäische Rat die Kommission auf, dringend Vorschläge zu machen, wie sich Europa besser auf mögliche größere Lieferunterbrechungen vorbereiten kann, um die Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen sicherzustellen. Nach dieser Aufforderung des Europäischen Rates prüft die Kommission zusammen mit den internationalen Partnern der Union Möglichkeiten zur Eindämmung der steigenden Energiepreise, einschließlich gegebenenfalls der Durchführbarkeit der Einführung befristeter Preisobergrenzen. Über diese Aufforderung hinaus setzt die Kommission auch die Arbeiten zur Optimierung der Funktionsweise des europäischen Elektrizitätsmarkts – unter Einbeziehung der Auswirkungen der Gaspreise auf diesen Elektrizitätsmarkt – fort, damit dieser besser dafür gerüstet ist, künftigen übermäßigen Preisschwankungen standzuhalten, erschwinglichen Strom liefert und sich vollständig in ein dekarbonisiertes Energiesystem einfügt, während gleichzeitig die Integrität des Binnenmarkts gewahrt, die Anreize für die Umstellung auf eine grüne Wirtschaft beibehalten, die Versorgungssicherheit gewährleistet und eine unverhältnismäßige Belastung für den Haushalt vermieden werden.
(8) Gemäß Artikel 122 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union kann der Rat auf Vorschlag der Kommission und im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten. Das Risiko einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen bis Ende 2022 stellt eine solche Situation dar.
(9) Angesichts des unmittelbaren Risikos einer Unterbrechung der Gaslieferungen in die Union sollten die Mitgliedstaaten jetzt Maßnahmen ergreifen, um vor dem Winter 2022-2023 ihre Nachfrage zu senken. Eine solche freiwillige Nachfragesenkung würde insbesondere dazu beitragen, einen gewissen Speicherfüllstand zu erhalten und eine vollständige Leerung der Speicher bis zum Ende des Winters 2022-2023 zu vermeiden und würde dadurch die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, mögliche Kältewellen im Februar und März 2023 zu bewältigen und die Befüllung der Speicher zur Gewährleistung eines angemessenen Maßes an Versorgungssicherheit für den Winter 2023-2024 zu erleichtern. Die Senkung der Gasnachfrage wird auch dazu beitragen, eine angemessene Versorgung sicherzustellen und die Energiepreise zum Nutzen der Verbraucher in der Union zu senken. Daher werden auf Unionsebene ergriffene Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage allen Mitgliedstaaten zugutekommen, da sie das Risiko erheblicherer Auswirkungen auf ihre Volkswirtschaften verringern.
(10) Bei der Höhe der freiwilligen Nachfragesenkung sollte den Gasnachfragemengen Rechnung getragen werden, bei denen die Gefahr besteht, dass sie im Falle einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen nicht geliefert würden. Die Senkungsanstrengung sollte für alle Mitgliedstaaten gleich sein, wobei der durchschnittliche Verbrauch eines jeden Mitgliedstaats in den vergangenen fünf Jahren vergleichend zugrunde gelegt wird.
(11) Freiwillige Maßnahmen zur Nachfragesenkung allein reichen möglicherweise nicht aus, um die Versorgungssicherheit und das Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Daher sollte, um den spezifischen Herausforderungen der derzeitigen und erwarteten erheblichen Verschärfung der Gasversorgungsengpässe rasch zu begegnen und Verzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden, ein neues Instrument geschaffen werden, mit dem die Möglichkeit einer verpflichtenden Senkung der Gasnachfrage für alle Mitgliedstaaten eingeführt wird. Es sollte rechtzeitig vor dem Herbst 2022 zur Verfügung stehen. Mit diesem Instrument könnte der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Unionsalarm im Wege eines Durchführungsbeschlusses ausrufen. Durch die Übertragung einer Durchführungsbefugnis an den Rat wird der politischen Natur des Beschlusses, eine Verpflichtung zur unionsweiten Nachfragesenkung auszulösen, und den horizontalen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten gebührend Rechnung getragen. Bevor die Kommission einen solchen Vorschlag vorlegt, sollte sie die in Anhang I der Verordnung (EU) 2017/1938 genannten einschlägigen Risikogruppen (im Folgenden "Risikogruppen") und die gemäß jener Verordnung eingesetzte Koordinierungsgruppe „Gas“ konsultieren. Ein Unionsalarm sollte nur ausgerufen werden, falls sich die Maßnahmen zur freiwilligen Nachfragesenkung als unzureichend erweisen, um dem Risiko eines schwerwiegenden Versorgungsengpasses zu begegnen. Fünf oder mehr zuständige Behörden von Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/1938 einen nationalen Alarm ausgerufen haben, sollten die Möglichkeit erhalten, die Kommission zu ersuchen, dem Rat einen Vorschlag für die Ausrufung eines Unionsalarms vorzulegen.
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