L. GmbH and H. Ltd v Bundesrepublik Deutschland.
Jurisdiction | European Union |
ECLI | ECLI:EU:C:2023:34 |
Date | 19 January 2023 |
Docket Number | C-495/21 |
Celex Number | 62021CJ0495 |
Court | Court of Justice (European Union) |
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
19. Januar 2023 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Medizinprodukte – Richtlinie 93/42/EWG – Art. 1 Abs. 2 Buchst. a – Definition – Art. 1 Abs. 5 Buchst. c – Anwendungsbereich – Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83/EG – Art. 1 Nr. 2 – Definition des Begriffs ‚Arzneimittel‘ – Art. 2 Abs. 2 – Anwendbarer Rechtsrahmen – Einstufung als ‚Medizinprodukt‘ oder als ‚Arzneimittel‘“
In den verbundenen Rechtssachen C‑495/21 und C‑496/21
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidungen vom 20. Mai 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2021, in den Verfahren
L. GmbH (C‑495/21)
H. Ltd (C‑496/21)
gegen
Bundesrepublik Deutschland
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,
Generalanwalt: A. M. Collins,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
der L. GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin E. Rudl-Truxa, |
– |
der H. Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt P. von Czettritz, |
– |
der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt P. Kothe und Rechtsanwältin K. Moritz Feilke, |
– |
der griechischen Regierung, vertreten durch A. Dimitrakopoulou und V. Karra als Bevollmächtigte, |
– |
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von E. Feola, Avvocato dello Stato, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. C. Becker, L. Haasbeek, E. Sanfrutos Cano und A. Sipos als Bevollmächtigte, |
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 |
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, S. 1) in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 (ABl. 2007, L 247, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/42) sowie von Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. 2004, L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83). |
2 |
Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der L. GmbH bzw. der H. Ltd., Gesellschaften deutschen Rechts, auf der einen und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Deutschland) (im Folgenden: BfArM), auf der anderen Seite über die Bestimmung des Anwendungsbereichs der unionsrechtlichen Vorschriften über Medizinprodukte und Humanarzneimittel. |
Rechtlicher Rahmen
3 |
Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42 bestimmt: „(2) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:
|
4 |
Art. 1 Abs. 5 Buchst. c der Richtlinie sieht vor: „Diese Richtlinie gilt nicht für …
|
5 |
Art. 3 („Grundlegende Anforderungen“) der Richtlinie 93/42 lautet: „Die Produkte müssen die grundlegenden Anforderungen gemäß Anhang I erfüllen, die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind. Besteht ein einschlägiges Risiko, so müssen Produkte, die auch Maschinen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen [und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (ABl. 2006, L 157, S. 24)] sind, den grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen gemäß Anhang I der genannten Richtlinie entsprechen, sofern diese grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen spezifischer sind als die grundlegenden Anforderungen gemäß Anhang 1 der vorliegenden Richtlinie.“ |
6 |
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/42 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten behindern in ihrem Hoheitsgebiet nicht das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Produkten, die die CE‑Kennzeichnung nach Artikel 17 tragen, aus der hervorgeht, dass sie einer Konformitätsbewertung nach Artikel 11 unterzogen worden sind.“ |
7 |
Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 lautet: „Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:
|
8 |
Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie sieht vor: „In Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von ‚Arzneimittel‘ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, gilt diese Richtlinie.“ |
9 |
Der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/27 lautet: „Insbesondere aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts sollten die Begriffsbestimmungen und der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83… geklärt werden, damit hohe Standards bei der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Humanarzneimitteln erreicht werden. Damit zum einen das Entstehen neuer Therapien und zum anderen die steigende Zahl von so genannten ‚Grenzprodukten‘ zwischen dem Arzneimittelbereich und anderen Bereichen Berücksichtigung finden, sollte die Begriffsbestimmung des Arzneimittels geändert werden, um zu vermeiden, dass Zweifel an den anzuwendenden Rechtsvorschriften auftreten, wenn ein Produkt, das vollständig von der Definition des Arzneimittels erfasst wird, möglicherweise auch unter die Definition anderer regulierter Produkte fällt. Diese Definition sollte die Art der Wirkung, die das Arzneimittel auf die physiologischen Funktionen haben kann, spezifizieren. Diese Aufzählung der Wirkungen ermöglicht auch, Arzneimittel wie Gentherapie, Radiopharmaka sowie bestimmte Arzneimittel zur lokalen Verwendung abzudecken. Angesichts der Merkmale pharmazeutischer Rechtsvorschriften sollte auch sichergestellt werden, dass diese Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen. Mit dem gleichen Ziel, die Umstände zu klären, unter denen ein bestimmtes Produkt unter die Definition eines Arzneimittels fällt, gleichzeitig aber auch mit der Definition anderer regulierter Produkte übereinstimmen könnte, ist es in Zweifelsfällen und zur Sicherstellung der Rechtssicherheit erforderlich, ausdrücklich anzugeben, welche Vorschriften einzuhalten sind. Fällt ein Produkt eindeutig unter die Definition anderer Produktgruppen, insbesondere von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Produkten der Medizintechnik, Bioziden oder kosmetischen Mitteln, sollte diese Richtlinie nicht gelten. Außerdem ist es angezeigt, die Kohärenz der Terminologie der pharmazeutischen Rechtsvorschriften zu verbessern.“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Rechtssache C‑495/21
10 |
L. stellt verschiedene pharmazeutische Substanzen her, insbesondere Nasentropfen. Seit 2011 vertreibt sie diese Tropfen als „Medizinprodukte“, nachdem die zuständigen deutschen Behörden ihre Zulassung als „Arzneimittel“ mit der Begründung abgelehnt hatten, dass ihre therapeutische Wirksamkeit nicht hinreichend belegt worden sei. |
11 |
Des Weiteren bringt L. auch die im Ausgangsverfahren fraglichen Nasentropfen als „Medizinprodukt“ auf den Markt, das u. a. den gleichen Wirkstoff wie die in der vorstehenden Randnummer genannten Nasentropfen enthält. In der Gebrauchsinformation dieser Nasentropfen heißt es: „Das Präparat eignet sich bei Reizungen der Nasenschleimhaut bedingt durch eine virale Rhinitis. Es pflegt … die gereizte Nasenschleimhaut und unterstützt deren... |
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