Real Vida Seguros SA v Autoridade Tributária e Aduaneira.
Jurisdiction | European Union |
Date | 09 September 2021 |
Court | Court of Justice (European Union) |
Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
9. September 2021(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerwesen – Art. 63 AEUV – Freier Kapitalverkehr – Ertragsteuer – Dividenden aus börsennotierten Aktien – Steuervergünstigung ausschließlich für Dividenden aus auf dem inländischen Börsenmarkt notierten Aktien – Unterschiedliche Behandlung – Objektives Unterscheidungskriterium – Beschränkung – Art. 65 AEUV – Objektiv vergleichbare Situationen – Rechtfertigung – Rein wirtschaftliches Ziel“
In der Rechtssache C‑449/20
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal) mit Entscheidung vom 22. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren
Real Vida Seguros SA
gegen
Autoridade Tributária e Aduaneira
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin (Berichterstatter) sowie des Richters P. G. Xuereb und der Richterin I. Ziemele,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Real Vida Seguros SA, vertreten durch C. Ramos Pereira, advogado,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, S. Jaulino, H. Magno und P. Barros da Costa als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und I. Melo Sampaio als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 63 und 65 AEUV.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Real Vida Seguros SA und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollbehörde, Portugal, im Folgenden: Steuerverwaltung) über die teilweise Abzugsfähigkeit von Dividenden aus börsennotierten Aktien für die Zwecke der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ertragsteuer.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 2 Abs. 1 des Estatuto dos Benefícios Fiscais (Regelung über Steuervergünstigungen) (Diário da República I, Serie I‑A, Nr. 149 vom 1. Juli 1989) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: EBF) bestimmt:
„Steuervergünstigungen sind außerordentliche Maßnahmen, die zum Schutz nicht steuerlicher öffentlicher Interessen eingeführt werden, die die öffentlichen Interessen der Besteuerung selbst, die sie verhindern, überwiegen.“
4 Art. 31 EBF bestimmte:
„Die auf börsennotierte Aktien ausgeschütteten Dividenden zählen für die Zwecke der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer nur in Höhe von 50 %.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
5 In den Steuerjahren 1999 und 2000 bezog Real Vida Seguros mit Sitz in Porto (Portugal) Dividenden aus auf dem portugiesischen Börsenmarkt notierten Aktien und aus auf ausländischen Börsenmärkten notierten Aktien. Gestützt auf Art. 31 EBF nahm sie im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Ertragsteuer für diese Steuerjahre einen Abzug in Höhe von 50 % dieser Dividenden von ihrem Gesamtnettoergebnis vor.
6 Nach einer Steuerprüfung betreffend diese Steuerjahre nahm die zuständige Behörde Berichtigungen der Steuerbemessungsgrundlage in Höhe von 10 778,46 Euro für das steuerliche Ergebnis des Steuerjahrs 1999 und in Höhe von 13 406,62 Euro für das steuerliche Ergebnis des Steuerjahrs 2000 vor; sie begründete diese wie folgt:
„Die Prüfung der Grundlage für die Berechnung der Erträge, für die der gemäß Art. 31 EBF für börsennotierte Aktien vorgesehene Abzug in Anspruch genommen wurde, hat ergeben, dass die Steuerpflichtige die Bruttodividenden berücksichtigt hat, die für auf dem portugiesischen Börsenmarkt notierte Aktien und auf ausländischen Börsenmärkten notierte Aktien bezogen wurden.
In Anbetracht des Begriffs der ‚Steuervergünstigung‘ und angesichts der Tatsache, dass die betreffende Vergünstigung mit dem Ziel geschaffen wurde, den inländischen Börsenmarkt zu beleben, hätten jedoch nur die Dividenden aus Aktien berücksichtigt werden dürfen, die auf diesem Börsenmarkt notiert sind …“
7 Die nach dieser Steuerprüfung vorgenommenen Steuerberichtigungen wurden von Real Vida Seguros erfolglos mit einem verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelf und dann mit einer gerichtlichen Klage angefochten. Diese Gesellschaft legte daher beim Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal), dem vorlegenden Gericht, Rechtsmittel ein.
8 Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt Real Vida Seguros vor, dass vom erstinstanzlichen Gericht insoweit ein Rechtsfehler begangen worden sei, als es entschieden habe, dass die in Art. 31 EBF vorgesehene Abzugsfähigkeit nur für Dividenden aus Aktien gelte, die auf dem portugiesischen Börsenmarkt notiert seien, nicht aber für Dividenden aus Aktien, die auf ausländischen Börsenmärkten notiert seien. Abgesehen davon, dass dieser Artikel nicht auf die Herkunft der Dividenden Bezug nehme, verstoße nämlich jede Unterscheidung in diesem Sinne gegen das Unionsrecht, da eine solche Anwendung dieser Steuervergünstigung nicht mit dem freien Kapitalverkehr vereinbar sei.
9 Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Auslegung der in Art. 31 EBF vorgesehenen Steuervergünstigung, wonach diese nur für Dividenden aus Aktien gelte, die auf dem inländischen Börsenmarkt notiert seien, darauf beruhe, dass der Zweck dieses Artikels in der Belebung und Entwicklung des Börsenmarkts gelegen habe. Es bestehe daher ein erhebliches öffentliches Interesse im Sinne von Art. 2 Abs. 1 EBF, von dem angenommen werde, dass es das mit der Steuer selbst verfolgte Ziel überwiege.
10 Da das Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht) jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Auslegung mit dem freien Kapitalverkehr hegt, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Verstößt es gegen den freien...
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