Conclusiones del Abogado General Sr. J. Richard de la Tour, presentadas el 1 de octubre de 2020.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2020:766
Date01 October 2020
Celex Number62019CC0501
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN RICHARD DE LA TOUR

vom 1. Oktober 2020(1)

Rechtssache C501/19

UCMR – ADA Asociaţia pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor

gegen

Pro Management Insolv IPURL als Insolvenzverwalterin der Asociaţia Culturală „Suflet de Român“

(Vorabentscheidungsersuchen der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie [Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerwesen – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Steuerbare Umsätze – Vergütungen für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken – Bezahlung einer nicht ausschließlichen Lizenz durch die Nutzer der Werke – Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, die diese Vergütungen für Rechnung der Inhaber dieser Rechte einzieht“






I. Einleitung

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Buchst. a und Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2).

2. Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Uniunea Compozitorilor și Muzicologilor din România – Asociația pentru Drepturi de Autor (Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler Rumäniens – Vereinigung für Urheberrechte, im Folgenden: UCMR – ADA) und der gegenwärtig in Liquidation befindlichen Asociația Culturală „Suflet de Român“ (Kulturvereinigung „Rumänische Seele“, im Folgenden: Kulturvereinigung) über die Zahlung eines Teils der Lizenzgebühren zuzüglich Mehrwertsteuer, die Letztere der UCMR – ADA für die öffentliche Wiedergabe, insbesondere die öffentliche Aufführung, von Musikwerken während einer Veranstaltung schuldet.

3. Dem Gerichtshof wird auf diese Weise Gelegenheit gegeben, klarzustellen, welche Verpflichtungen Inhabern von Urheberrechten an Musikwerken und Verwertungsgesellschaften im Hinblick auf die Mehrwertsteuerrichtlinie jeweils obliegen, wenn die Verwertungsgesellschaften Gebühren einziehen, die als Gegenleistung dafür geschuldet werden, dass sie für Rechnung der Rechtsinhaber nicht ausschließliche Lizenzen für die Nutzung der in Rede stehenden Werke erteilt haben, und die Rechtsinhaber ihnen eine Provision für die kollektive Verwaltung ihrer Vergütungen zahlen.

4. Die Analyse der so getätigten Umsätze unter der vorstehend beschriebenen – in der Praxis häufigen – Beteiligung einer Verwertungsgesellschaft, die die Urheberrechte selbst weder besitzt noch überträgt und nicht Empfängerin der eingezogenen Lizenzgebühren ist, wird mich veranlassen, dem Gerichtshof vorzuschlagen, festzustellen, dass Inhaber von Urheberrechten eine Dienstleistung im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie erbringen, und klarzustellen, welche Konsequenzen daraus für die einzelnen Steuerpflichtigen zu ziehen sind, je nachdem, ob die Verwertungsgesellschaft im eigenen Namen oder im Namen dieser Rechtsinhaber tätig wird.

II. Rechtlicher Rahmen

A. Mehrwertsteuerrichtlinie

5. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

6. Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

„Als ‚Dienstleistung‘ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.“

7. In Art. 25 Buchst. a dieser Richtlinie heißt es:

„Eine Dienstleistung kann unter anderem in einem der folgenden Umsätze bestehen:

a) Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht“.

8. Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“

B. Rumänisches Recht

1. Steuergesetzbuch

9. Art. 126 Abs. 1 Buchst. a der Legea nr. 571/2003 privind Codul fiscal (Gesetz Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch)(3) vom 22. Dezember 2003 in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung bestimmt:

„Für Mehrwertsteuerzwecke sind in Rumänien Umsätze steuerbar, die folgende kumulative Voraussetzungen erfüllen:

a) Umsätze, die im Sinne der Art. 128 bis 130 eine mehrwertsteuerpflichtige Lieferung von Gegenständen oder eine mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistung darstellen bzw. einer solchen Lieferung oder Dienstleistung gleichgestellt sind und gegen Entgelt getätigt werden“.

10. Art. 129 („Dienstleistung“) des Steuergesetzbuchs sieht vor:

„(1) Als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 128 ist.

(2) Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.

(3) Zu den Dienstleistungen zählen Umsätze wie

b) die Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht, insbesondere die Übertragung und/oder die Abtretung von Urheberrechten, Patenten, Lizenzen, Warenzeichen und ähnlichen Rechten;

e) Mittlerdienste von Personen, die im eigenen Namen oder für Rechnung anderer Personen tätig werden, wenn sie im Rahmen einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung erbracht werden.

…“

2. Gesetz über das Urheberrecht

11. Art. 13 Buchst. f der Legea nr. 8/1996 privind dreptul de autor și drepturile conexe (Gesetz Nr. 8/1996 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte)(4) vom 14. März 1996 bestimmt in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung:

„Die Nutzung eines Werks begründet für den Urheber eigene und ausschließliche Vermögensrechte, die es ihm ermöglichen, folgende Handlungen zu genehmigen oder zu verbieten:

f) jedwede direkte oder indirekte öffentliche Wiedergabe des Werks, einschließlich seiner öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“.

12. Titel III dieses Gesetzes ist mit „Wahrnehmung und Verteidigung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte“ überschrieben. Sein Kapitel I („Wahrnehmung der Urhebervermögensrechte und der verwandten Schutzrechte“) enthält drei Abschnitte. Die Art. 123 bis 1234 sind in Abschnitt I („Allgemeine Bestimmungen“) enthalten.

13. Art. 123 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über das Urheberrecht sieht vor:

„(1) Die Inhaber des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte können die ihnen durch dieses Gesetz zuerkannten Rechte persönlich oder unter den Voraussetzungen dieses Gesetzes auf der Grundlage einer Vollmacht durch Verwertungsgesellschaften ausüben.

(3) Die Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten können die durch dieses Gesetz zuerkannten Vermögensrechte nicht an Verwertungsgesellschaften abtreten.“

14. In Art. 1231 dieses Gesetzes heißt es:

„(1) Die kollektive Verwaltung ist für die Ausübung folgender Rechte obligatorisch:

e) das Recht der öffentlichen Wiedergabe musikalischer Werke …

(2) Hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Kategorien von Rechten vertreten die Verwertungsgesellschaften auch diejenigen Rechtsinhaber, die ihnen keine Vollmacht erteilt haben.“

15. Art. 125 Abs. 2 in Abschnitt II („Verwertungsgesellschaften für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte“) dieses Gesetzes bestimmt:

„[Verwertungsgesellschaften] werden unmittelbar von den Inhabern der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte, die natürliche oder juristische Personen sein können, gegründet, und handeln im Rahmen der ihnen erteilten Vollmacht und auf der Grundlage einer nach dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren angenommenen Satzung.“

16. Art. 1291 des Gesetzes über das Urheberrecht hat folgenden Wortlaut:

„Ist die kollektive Verwaltung obligatorisch und gehört ein Inhaber von [Urheberrechten] keiner Gesellschaft an, ist die Gesellschaft des Sektors mit der höchsten Anzahl von Mitgliedern zuständig. Die nicht vertretenen Rechtsinhaber können die ihnen zustehenden Beträge innerhalb von drei Jahren nach der Bekanntgabe einfordern. Nach Ablauf dieser Frist werden die nicht aufgeteilten oder nicht beanspruchten Beträge mit Ausnahme der Verwaltungskosten entsprechend dem Beschluss der Generalversammlung verwendet.“

17. Innerhalb von Titel III Kapitel I des Gesetzes über das Urheberrecht enthält Abschnitt III („Arbeitsweise der Verwertungsgesellschaften“) die Art. 130 bis 135.

18. Art. 130 Abs. 1 dieses Gesetzes sieht vor:

„Die Verwertungsgesellschaften sind verpflichtet,

a) den Nutzern, die dies vor jeder Nutzung der geschützten Bestände beantragen, gegen Vergütung im Wege einer nicht ausschließlichen Lizenz schriftlich eine nicht ausschließliche Genehmigung zu erteilen;

b) für ihren Tätigkeitsbereich Verwertungsbedingungen einschließlich angemessener Verwertungsgebühren auszuarbeiten, die mit den Nutzern im Hinblick auf die Zahlung dieser Gebühren auszuhandeln sind, soweit es sich um Werke handelt, deren Verwertungsform die Erteilung einer Einzelgenehmigung durch die Rechtsinhaber ausschließt;

c) im Namen der Rechtsinhaber, die ihnen eine Vollmacht erteilt haben, oder nach den mit entsprechenden ausländischen Gesellschaften geschlossenen Vereinbarungen allgemeine Verträge mit Organisatoren von Veranstaltungen zu schließen …;

e) die von den Nutzern geschuldeten Beträge einzuziehen und … unter den Rechtsinhabern aufzuteilen;

…“

19. Art. 1311 Abs. 1 des Gesetzes über das Urheberrecht, der die Bestimmungen von Art. 130 Abs. 1 Buchst. b ergänzt, bestimmt:

„Die Verwertungsgesellschaften handeln die Verwertungsbedingungen mit den in Art. 131 Abs. 2 Buchst. b genannten Vertretern unter Beachtung folgender Hauptkriterien aus:

a) die Gruppe der Rechtsinhaber, unabhängig davon, ob sie Mitglieder sind oder nicht, sowie der Bereich, in dem die Verhandlungen geführt werden;

…“

20. In Art. 134 des Gesetzes über das Urheberrecht heißt es:

„(1) Die Ausübung der in der Vollmacht vorgesehenen kollektiven Verwaltung...

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