Urteile nº T-472/08 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, September 03, 2010

Resolution DateSeptember 03, 2010
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-472/08

In der Rechtssache T‑472/08

Companhia Muller de Bebidas mit Sitz in Pirassununga (Brasilien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Da Cunha Ferreira und I. Bairrão,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Missiato Industria e Comercio Ltda mit Sitz in Santa Rita Do Passa Quatro (Brasilien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 4. Juli 2008 (Sache R 1687/2007‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Companhia Muller de Bebidas und der Missiato Industria e Comercio Ltda

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 22. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 9. März 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 12. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

aufgrund der Wiedereröffnung des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Parteien,

aufgrund der am 1. und 10. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahmen der Parteien

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 2. Dezember 2003 meldete die Missiato Industria e Comercio Ltda gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das nachstehend wiedergegebene Bildzeichen:

3 Die Marke wurde für „alkoholische Getränke (mit Ausnahme von Bier)“ in Klasse 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4 Am 27. September 2004 wurde die Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 39/2004 veröffentlicht.

5 Am 27. Dezember 2004 erhob die Klägerin, die Companhia Muller de Bebidas, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Eintragung der angemeldeten Marke Widerspruch in Bezug auf die in der Anmeldung genannten Waren. Der Widerspruch gründete sich u. a. auf folgende ältere Rechte (im Folgenden: ältere Marken):

– die nachstehend wiedergegebene portugiesische Bildmarke, die am 19. April 1991 angemeldet und am 30. März 1993 unter der Nr. 273105 für „alkoholische Getränke“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene portugiesische Bildmarke, die am 10. August 1998 angemeldet und am 21. August 2001 unter der Nr. 331952 für „alkoholische Getränke“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene dänische Bildmarke, die am 30. Juni 1995 angemeldet und am 10. November 1998 unter dem Aktenzeichen VR 199803649 für „Likör aus Zuckerrohr“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene Bildmarkenserie aus dem Vereinigten Königreich, die am 11. Oktober 2000 unter der Nr. 2248316 für „alkoholische Getränke aus Zuckerrohr“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza angemeldet und eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene spanische Bildmarke, die am 22. Oktober 2001 unter der Nr. 2354943 für „alkoholische Getränke (mit Ausnahme von Bier) aus Zuckerrohr“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene österreichische Bildmarke, die am 29. Juni 1995 angemeldet und am 18. Dezember 1995 unter der Nr. 161564 für „alkoholische Getränke aus destilliertem Zuckerrohr“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

– die nachstehend wiedergegebene, in Portugal notorisch bekannte Bildmarke für „alkoholische Getränke“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza:

– die in Portugal notorisch bekannte Wortmarke CACHAÇA 51 für „alkoholische Getränke“ der Klasse 33 des Abkommens von Nizza.

6 Vor der Widerspruchsabteilung machte die Klägerin geltend, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) bestehe. Sie berief sich auch auf ihre beiden Marken, von denen sie behauptete, sie seien in Portugal notorisch bekannt im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009).

7 Mit Entscheidung vom 4. September 2007 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 29. Oktober 2007 beim HABM gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde ein.

8 Mit Entscheidung vom 4. Juli 2008 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer schloss sich der Argumentation der Widerspruchsabteilung an und vertrat die Auffassung, dass die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Marken jede Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ausschlössen.

Anträge der Parteien

9 Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung insoweit aufzuheben, als sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, mit der die Eintragung der angemeldeten Marke zugelassen wurde, bestätigt hat;

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

10 Mit am 10. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schreiben hat die Klägerin ihre Anträge auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Nichtigerklärung der Eintragung der angemeldeten Marke zurückgenommen.

11 Das HABM beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Zur Berücksichtigungsfähigkeit der erstmalig beim Gericht vorgelegten Unterlagen

12 Die Klägerin hat ihrer Klageschrift als Anlagen 9 bis 11 Unterlagen beigefügt, die unter Eid abgegebene Erklärungen enthalten, mit denen die Behauptung untermauert werden soll, dass die ältere Wortmarke CACHAÇA 51 und die ältere Bildmarke Cachaça 51 in Portugal notorisch bekannt seien (vgl. Randnr. 5 des vorliegenden Urteils).

13 Nach Ansicht des HABM würden diese Unterlagen, wenn sie berücksichtigt würden, den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand ändern.

14 Die der Klageschrift als Anlagen 9 bis 11 beigefügten Schriftstücke, die erstmalig beim Gericht vorgelegt worden sind, können keine Berücksichtigung finden. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009) gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt im Licht erstmalig bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen. Die genannten Unterlagen sind somit zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zur Begründetheit

15 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung auf einen einzigen Klagegrund, der sich in zwei Teile gliedert. Mit dem ersten Teil wird ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht, während mit dem zweiten Teil ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) gerügt wird.

  1. Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes für den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung: Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94

    16 Wie das HABM zu Recht bemerkt, ist der zweite Teil des einzigen Klagegrundes für den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, mit dem ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 gerügt wird, gegenstandslos. Denn in dieser Vorschrift werden die Nichtigkeitsgründe in Bezug auf eine Gemeinschaftsmarke aufgezählt, die bereits eingetragen worden ist, was bei der angemeldeten Marke nicht der Fall ist.

    17 Der zweite Teil des einzigen Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

  2. Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes für den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

    18 Mit dem ersten Teil des einzigen Klagegrundes für den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 gerügt wird, wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, die Unterschiede zwischen den streitigen Zeichen zu Unrecht als ausreichend angesehen zu haben, um für das Publikum in den betreffenden Gebieten einschließlich Portugals, für das die Klägerin die Bekanntheit der älteren Wortmarke CACHAÇA 51 und der älteren Bildmarke Cachaça 51 geltend gemacht hatte, die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

    Vorbringen der Parteien

    19 Den ersten Teil ihres einzigen Klagegrundes für den...

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