Urteile nº T-300/07 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, September 09, 2010

Resolution DateSeptember 09, 2010
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-300/07

In der Rechtssache T‑300/07

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Korogiannakis,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch E. Manhaeve als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt J. Stuyck,

Beklagte,

betreffend einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission vom 21. Mai und 13. Juli 2007, mit der die Angebote der Klägerin, die diese im Rahmen der Ausschreibung ENTR/05/78 für das Management und die Pflege des Portals „Europa für Sie“ (ABl. 2006/S 143-153057) in Bezug auf das Los Nr. 1 (Herausgebertätigkeiten und Übersetzungen) und das Los Nr. 2 (Infrastrukturmanagement) eingereicht hatte, abgelehnt und die betreffenden Aufträge an einen anderen Bieter vergeben wurden, sowie einen Antrag auf Schadensersatz

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richter M. Prek (Berichterstatter) und V. M. Ciucă,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2010

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

  1. Haushaltsordnung und Durchführungsbestimmungen

    1 Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch die Europäische Kommission ist in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1; im Folgenden: Haushaltsordnung) sowie in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1065/2002 über die Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1; im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) geregelt.

    2 Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung bestimmt:

    „Für öffentliche Aufträge, die ganz oder teilweise aus dem Haushalt finanziert werden, gelten die Grundsätze der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung.“

    3 Art. 97 der Haushaltsordnung lautet:

    „(1) Die Auswahlkriterien zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter und die Zuschlagskriterien zur Bewertung des Inhalts der Angebote werden vorab festgelegt und in den Verdingungsunterlagen spezifiziert.

    (2) Die Auftragsvergabe erfolgt durch Zuschlag oder im Leistungswettbewerb.“

    4 Art. 100 der Haushaltsordnung sieht vor:

    „(1) Der Anweisungsbefugte benennt den Auftragnehmer unter Beachtung der Auswahl- und Zuschlagskriterien, die in den Verdingungsunterlagen und den Vorschriften über die Auftragsvergabe festgelegt sind.

    (2) Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile [des ausgewählten] Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.

    Die Veröffentlichung bestimmter Informationen kann entfallen, wenn sie [den] Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte.“

    5 Art. 130 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen lautet:

    „Die Verdingungsunterlagen enthalten mindestens Folgendes:

    a) die für den Auftrag geltenden Ausschluss- und Auswahlkriterien, außer bei nichtoffenen Verfahren, einschließlich solcher mit vorhergehendem wettbewerblichem Dialog, und Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung gemäß Artikel 127; in diesen Fällen stehen die betreffenden Kriterien lediglich in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessenbekundung;

    b) die Zuschlagskriterien und ihre relative Gewichtung, oder gegebenenfalls eine Rangfolgendarstellung dieser Kriterien, falls diese Information nicht aus der Bekanntmachung hervorgeht;

    …“

    6 Art. 135 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen sieht vor:

    „Der öffentliche Auftraggeber legt klare, nicht diskriminierende Auswahlkriterien fest.“

    7 Art. 138 der Durchführungsbestimmungen lautet:

    „(1) Für die Erteilung des Zuschlags bestehen zwei Möglichkeiten:

    a) bei der Vergabe im Preiswettbewerb erhält das unter allen ordnungsgemäßen und anforderungsgerechten Angeboten preisgünstigste Angebot den Zuschlag;

    b) bei der Vergabe im Leistungswettbewerb erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag.

    (2) Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, das anhand von Kriterien wie vorgeschlagener Preis, technischer Wert, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, Umweltaspekte, Betriebskosten, Ausführungs- oder Lieferfrist, Kundendienst und technische Unterstützung ermittelt wird.

    (3) Der öffentliche Auftraggeber macht in der Bekanntmachung des Auftrags oder in den Verdingungsunterlagen genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden.“

    8 Art. 149 Abs. 2 und 3 der Durchführungsbestimmungen legt fest:

    „(2) Der öffentliche Auftraggeber übersendet binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags die in Artikel 100 Absatz 2 der Haushaltsordnung genannten Informationen.

    (3) Bei Aufträgen, die die Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 105 der Haushaltsordnung für eigene Rechnung vergeben, teilt der öffentliche Auftraggeber sobald wie möglich nach Ergehen des Beschlusses über die Zuschlagserteilung, spätestens jedoch im Laufe der darauf folgenden Woche, allen abgelehnten Bietern oder Bewerbern in einem Schreiben und per Fax oder E-Mail zeitgleich mit, dass ihr Angebot oder ihre Bewerbung nicht ausgewählt worden ist; die Mitteilung ist an jeden einzelnen Bieter bzw. Bewerber persönlich zu richten und muss die jeweiligen Gründe für die Ablehnung de[s] Angebots bzw. der Bewerbung enthalten.

    Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet zeitgleich mit der Übersendung der vorgenannten Mitteilung an die abgelehnten Bieter oder Bewerber den ausgewählten Auftragnehmer von der Erteilung des Zuschlags und weist ihn darauf hin, dass diese Tatsache allein noch keinerlei Verpflichtung seitens des öffentlichen Auftraggebers begründet.

    Den abgelehnten Bewerbern oder Bietern, die schriftlich mit Schreiben, Fax oder E-Mail darum ersuchen, werden ergänzende Auskünfte zu den Gründen für die Ablehnung und im Falle der Einreichung eines anforderungsgemäßen Angebots und vorbehaltlich Artikel 100 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Haushaltsordnung auch Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie die Identität des Zuschlagsempfängers mitgeteilt. Die Antwort des öffentlichen Auftraggebers erfolgt binnen einer Frist von höchstens 15 Kalendertagen nach Eingang des Ersuchens um ergänzende Auskünfte.

    …“

  2. Vergabebekanntmachung und Verdingungsunterlagen

    9 In der Vergabebekanntmachung und in den Verdingungsunterlagen ist angegeben, dass die Rahmenvereinbarung für das jeweilige Los mit nur einem Anbieter geschlossen werde, nämlich mit demjenigen, der das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien abgebe. In der Vergabebekanntmachung wird weiter ausgeführt, dass die Rahmenvereinbarung zunächst für eine Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen und einmal verlängert werden könne; der geschätzte Gesamtwert des Auftrags für die Gesamtlaufzeit der Rahmenvereinbarung (maximal vier Jahre) belaufe sich auf 6 500 000 Euro.

    10 Die Verdingungsunterlagen sehen ein vierstufiges Verfahren vor. Auf der ersten Stufe werden Ausschlusskriterien angewandt (Ziff. 3.1 der Verdingungsunterlagen). Auf der zweiten Stufe kommen Auswahlkriterien zur Anwendung (Ziff. 3.2 der Verdingungsunterlagen), um die finanzielle, wirtschaftliche, technische und fachliche Eignung des Bieters zu prüfen: Es soll zum einen – für alle Lose – die finanzielle und wirtschaftliche Eignung (anhand der geprüften Jahresabschlüsse der Bieter für die letzten drei Jahre und des Umsatzes für Dienstleistungen mit einem Wert von mindestens 180 000 Euro) und zum anderen – getrennt für jedes einzelne der drei Lose, aus denen die Ausschreibung besteht – die technische und fachliche Eignung geprüft werden (für die u. a. gefordert wird, dass ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden ist, eine mindestens dreijährige Erfahrung mit der Erstellung von Websites vorliegt und während der letzten fünf Jahre mindestens dreimal und für mindestens drei verschiedene Kunden Dienstleistungen in dem betreffenden Bereich erbracht worden sind, wobei mindestens ein Projekt eine internationale Dimension aufweisen muss). Auf der dritten Stufe kommen die Zuschlagskriterien zur Anwendung (Prüfung des Inhalts des Angebots) (Ziff. 3.3 der Verdingungsunterlagen).

    11 Hinsichtlich der technischen Bewertung werden in den Verdingungsunterlagen vier Zuschlagskriterien genannt. Die Kriterien für die Lose Nrn. 1 und 2 stimmen weitgehend überein und lauten wie folgt:

    – qualitative Zuschlagskriterien für das Los Nr. 1 (Gesamtpunktzahl 100):

    – Kriterium Nr. 1: gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben (30 Punkte);

    – Kriterium Nr. 2: Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des Projektmanagement- und Qualitätssicherungsplans (im Folgenden: PMQP) (10 Punkte);

    – Kriterium Nr. 3: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1 (30 Punkte);

    – Kriterium Nr. 4: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2 (30 Punkte);

    – qualitative Zuschlagskriterien für das Los Nr. 2 (Gesamtpunktzahl 100):

    – Kriterium Nr. 1: gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für...

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