Urteile nº T-236/07 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, October 26, 2010

Resolution DateOctober 26, 2010
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-236/07

In der Rechtssache T‑236/07

Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch M. Lumma und J. Möller, dann durch J. Möller und N. Graf Vitzthum, als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Erlbacher als Bevollmächtigten,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung 2007/327/EG der Kommission vom 27. April 2007 über den Rechnungsabschluss der Zahlstellen der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 2006 finanzierten Ausgaben (ABl. L 122, S. 51)

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2010

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EWG) Nr. 595/91

1 Die Verordnung (EWG) Nr. 595/91 des Rates vom 4. März 1991 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 283/72 (ABl. L 67, S. 11) sieht in ihrem Art. 3 vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission in den auf das Ende jedes Vierteljahres folgenden zwei Monaten eine Aufstellung über die Unregelmäßigkeiten, die Gegenstand einer ersten amtlichen oder gerichtlichen Feststellung gewesen sind.

Sie teilen zu diesem Zweck, soweit irgend möglich, im Einzelnen Folgendes mit:

– gegen welche Vorschrift wurde verstoßen;

– Art und Höhe der Ausgaben; falls keine Zahlung erfolgt ist, die Beträge, die zu Unrecht gezahlt worden wären, wenn die Unregelmäßigkeit nicht festgestellt worden wäre, mit Ausnahme von Irrtümern oder Versäumnissen der Wirtschaftsbeteiligten, die vor der Zahlung aufgedeckt wurden und keinen Anlass zu einer administrativen oder gerichtlichen Strafmaßnahme geben;

– um welche gemeinsamen Marktorganisationen und um welches Erzeugnis oder welche Erzeugnisse bzw. welche Maßnahme handelt es sich;

– in welchem Zeitraum oder zu welchem Zeitpunkt wurde die Unregelmäßigkeit begangen;

– welche Praktiken wurden beim Begehen der Unregelmäßigkeit angewandt;

– wie wurde die Unregelmäßigkeit aufgedeckt;

– welche Dienststellen oder Einrichtungen der Mitgliedstaaten haben die Unregelmäßigkeit festgestellt;

– welche finanziellen Auswirkungen ergeben sich und welche Möglichkeiten bestehen für die Wiedereinziehung;

– zu welchem Zeitpunkt und aus welcher Quelle wurde die erste Angabe übermittelt, die die Unregelmäßigkeit vermuten ließ;

– zu welchem Zeitpunkt wurde die Unregelmäßigkeit festgestellt;

– welche Mitgliedstaaten und Drittländer sind gegebenenfalls betroffen;

– welche natürlichen und juristischen Personen sind beteiligt, es sei denn, die entsprechende Angabe kann bei der Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten wegen der Art der betreffenden Unregelmäßigkeit nicht nützlich sein-

(2) Liegen einige dieser Angaben, insbesondere Angaben über die beim Begehen der Unregelmäßigkeit angewandten Praktiken sowie über die Art und Weise, in der die Unregelmäßigkeit aufgedeckt wurde, nicht vor, so ergänzen die Mitgliedstaaten diese Angaben, soweit irgend möglich, bei der Übermittlung der folgenden Vierteljahresberichte an die Kommission.

(3) Besteht nach den einzelstaatlichen Vorschriften Geheimhaltungspflicht bei der Voruntersuchung, so unterliegt die Übermittlung dieser Angaben einer Genehmigung durch das zuständige Organ der Rechtspflege.“

2 Nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 595/91 setzen die „Mitgliedstaaten … die Kommission in den auf das Ende jedes Vierteljahres folgenden zwei Monaten über die Verfahren, die infolge der nach Artikel 3 mitgeteilten Unregelmäßigkeiten eingeleitet wurden, sowie über bedeutendere Änderungen dieser Verfahren in Kenntnis“. Art. 5 Abs. 2 bestimmt: „Kann nach Auffassung eines Mitgliedstaats die vollständige Wiedereinziehung eines Betrages nicht vorgenommen oder nicht erwartet werden, so teilt er der Kommission in einer besonderen Mitteilung den nicht wiedereingezogenen Betrag und die Gründe mit, aus denen nach seiner Auffassung dieser Betrag zu Lasten der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats geht. Diese Mitteilungen müssen detailliert genug sein, um es der Kommission zu ermöglichen, einen Beschluss über die Anlastbarkeit der finanziellen Folgen gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 zu treffen. Dieser Beschluss ergeht nach dem Verfahren des Artikels 5 der genannten Verordnung.“

Verordnung (EG) Nr. 1287/95

3 Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/95 des Rates vom 22. Mai 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 125, S. 1) bestimmt:

„Artikel 5 erhält folgende Fassung:

‚Artikel 5

(2) …

c) …

Die Ablehnung der Finanzierung kann sich nicht auf Ausgaben beziehen, die über vierundzwanzig Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat. Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die finanziellen Auswirkungen

– der Fälle von Unregelmäßigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 2,

– …‘“

Verordnung (EWG) Nr. 1258/1999

4 Mit der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) in der zuletzt durch die Verordnung Nr. 1287/95 geänderten Fassung wurden die allgemeinen Regeln für die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik aufgestellt. Die Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 103) hat die Verordnung Nr. 729/70 ersetzt und gilt für die ab 1. Januar 2000 getätigten Ausgaben.

5 Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 729/70 sowie Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1258/1999 finanziert die Abteilung Garantie des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte die nach den Gemeinschaftsvorschriften vorgenommenen Interventionen zur Regulierung dieser Märkte.

6 Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 bestimmt:

„Die Kommission entscheidet, welche Ausgaben von der in den Artikeln 2 und 3 genannten gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen sind, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt worden sind.

Vor jeder Entscheidung über eine Ablehnung der Finanzierung werden die Ergebnisse der Überprüfungen der Kommission sowie die Antworten des betreffenden Mitgliedstaats jeweils schriftlich übermittelt; danach bemühen sich beide Parteien, zu einem Einvernehmen über das weitere Vorgehen zu gelangen.

Wird kein Einvernehmen erzielt, so kann der Mitgliedstaat die Einleitung eines Verfahrens beantragen, um die jeweiligen Standpunkte innerhalb von vier Monaten miteinander in Einklang zu bringen; die Ergebnisse dieses Verfahrens werden in einem Bericht erfasst, der an die Kommission übermittelt und von dieser geprüft wird, bevor sie eine Finanzierung ablehnt.

Die Kommission bemisst die auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung der Tragweite der festgestellten Nichtübereinstimmung. Sie trägt dabei der Art und Schwere des Verstoßes sowie dem der Gemeinschaft entstandenen finanziellen Schaden Rechnung.

Die Ablehnung der Finanzierung kann folgende Ausgaben nicht betreffen:

a) Ausgaben gemäß Artikel 2, die über vierundzwanzig Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat,

b) Ausgaben für eine Maßnahme oder Tätigkeit nach Artikel 3, für die die abschließende Zahlung früher als vierundzwanzig Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurde, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat.

Unterabsatz 5 gilt jedoch nicht für die finanziellen Auswirkungen

a) der Unregelmäßigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 2,

b) von einzelstaatlichen Beihilfen oder Verstößen, für die das Verfahren nach Artikel 88 oder nach Artikel 226 des Vertrags eingeleitet wurde.“

7 Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1258/1999 sieht vor:

„Erfolgt keine vollständige Wiedereinziehung, so trägt die Gemeinschaft die finanziellen Folgen der Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse; dies gilt nicht für Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse, die den Verwaltungen oder Einrichtungen der Mitgliedstaaten anzulasten sind.

Die wiedereingezogenen Beträge fließen den zugelassenen Zahlstellen zu, die sie von den durch den Fonds finanzierten Ausgaben abziehen. Die Zinsen für wiedereingezogene oder zu spät entrichtete Beträge fließen dem Fonds zu.“

Verordnung (EG) Nr. 1290/2005

8 Art. 32 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209, S. 1) bestimmt: „Bei der Übermittlung der Jahresrechnungen nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iii übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission auch eine zusammenfassende Übersicht über die infolge von Unregelmäßigkeiten eingeleiteten Wiedereinziehungsverfahren mit Aufschlüsselung der noch nicht wieder eingezogenen Beträge nach Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren und dem Jahr der ersten amtlichen oder gerichtlichen Feststellung der Unregelmäßigkeit. Die Mitgliedstaaten halten eine detaillierte Aufstellung der einzelnen Wiedereinziehungsverfahren sowie der noch nicht wieder eingezogenen Einzelbeträge zur Verfügung der Kommission.“

9 Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 lautet:

„Ist die Wiedereinziehung nicht innerhalb einer Frist von vier Jahren ab der ersten amtlichen oder gerichtlichen Feststellung erfolgt bzw., wenn sie Gegenstand eines Verfahrens...

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