Urteile nº T-496/08 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, December 10, 2010

Resolution DateDecember 10, 2010
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-496/08

In den Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08

Ryanair Ltd mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. Vahida und I.-G. Metaxas-Maragkidis,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. O’Reilly und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der stillschweigenden Entscheidungen der Kommission, mit denen der Klägerin der Zugang zu bestimmten Dokumenten verweigert wurde, die Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffen, die Ryanair von den Betreibern der Flughäfen Aarhus (Dänemark) (Rechtssache T‑494/08), Alghero (Italien) (Rechtssache T‑495/08), Berlin-Schönefeld (Deutschland) (Rechtssache T‑496/08), Frankfurt-Hahn (Deutschland) (Rechtssache T‑497/08), Lübeck-Blankensee (Deutschland) (Rechtssache T‑498/08), Pau-Béarn (Frankreich) (Rechtssache T‑499/08), Tampere-Pirkkala (Finnland) (Rechtssache T‑500/08) und Bratislava (Slowakei) (Rechtssache T‑509/08) angeblich gewährt worden sind, hilfsweise, Nichtigerklärung der späteren ausdrücklichen Entscheidungen, mit denen der Zugang zu diesen Dokumenten verweigert wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters S. Papasavvas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter N. Wahl und A. Dittrich,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2010

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 In den Jahren 2002–2006 gingen bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mehrere Beschwerden wegen staatlicher Beihilfen ein, die der Klägerin, der Ryanair Ltd, von den Betreibern der Flughäfen Aarhus (Dänemark), Alghero (Italien), Berlin‑Schönefeld (Deutschland), Frankfurt‑Hahn (Deutschland), Lübeck‑Blankensee (Deutschland), Tampere‑Pirkkala (Finnland) und Bratislava (Slowakei) angeblich gewährt worden sind.

2 Die Kommission erhielt zudem am 26. Januar 2007 eine Notifikation der französischen Behörden über Verträge, die zwischen der Industrie- und Handelskammer Pau-Béarn (Frankreich), der Klägerin und einer ihrer Tochtergesellschaften geschlossen worden waren.

3 In jedem der Fälle eröffnete die Kommission förmliche Verfahren zur Prüfung der mutmaßlichen Beihilfen für die Klägerin. Eine Zusammenfassung dieser Entscheidungen, in der die interessierten Kreise auf die Möglichkeit einer Stellungnahme aufmerksam gemacht wurden, wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

4 Mit Schreiben vom 20. Juni 2008 (Rechtssache T‑509/08) und mit mehreren Schreiben vom 25. Juni 2008 (Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08) beantragte die Klägerin bei der Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) Zugang zu den Akten über die staatlichen Beihilfen, die ihr von den Betreibern der Flughäfen Aarhus, Alghero, Berlin-Schönefeld, Frankfurt-Hahn, Lübeck-Blankensee, Pau-Béarn, Tampere-Pirkkala und Bratislava angeblich gewährt worden waren.

5 Die Klägerin beantragte u. a. Zugang zu den Beschwerden und der Notifikation, die die Kommission erhalten hatte, zu den Stellungnahmen Dritter, zum Schriftwechsel und zum Austausch anderer Mitteilungen zwischen der Kommission, den betreffenden Mitgliedstaaten und den Flughafenbetreibern, zu den Dokumenten, die der Kommission von den betreffenden Mitgliedstaaten und Flughafenbetreibern zur Verfügung gestellt worden waren, und zu allen sonstigen Dokumenten in den Akten der Kommission, einschließlich der von der Kommission durchgeführten Analysen der bei ihr eingegangenen Dokumente, sowie der Studien, Berichte, Untersuchungen und Zwischenergebnisse, die zu den Entscheidungen der Kommission über die Einleitung der förmlichen Prüfverfahren geführt hatten. Die Klägerin beantragte für den Fall, dass bestimmte Teile der von ihr angeforderten Dokumente unter die Ausnahmen vom Zugangsrecht fielen, ihr die Teile dieser Dokumente auszuhändigen, die nicht von den Ausnahmen erfasst würden.

6 Mit Schreiben vom 10. Juli 2008 (Rechtssache T‑509/08), vom 15. Juli 2008 (Rechtssache T‑499/08), vom 17. Juli 2008 (Rechtssachen T‑496/08, T‑498/08 und T‑500/8), vom 22. Juli 2008 (Rechtssachen T‑494/08 und T‑497/08) und vom 24. Juli 2008 (Rechtssache T‑495/08) verweigerte die Kommission den Zugang zu den angeforderten Dokumenten mit Ausnahme der Entscheidungen über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens, wie sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden waren.

7 Mit Zweitanträgen, die am 11. August 2008 (Rechtssache T‑509/08) und 25. August 2008 (Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08) registriert wurden, ersuchte die Klägerin die Kommission, ihre Ablehnung zu überdenken und ihr Zugang zu den in ihren Erstanträgen angeführten Dokumenten zu gewähren.

8 Mit Schreiben vom 2. September 2008 (Rechtssache T‑509/08) und vom 15. September 2008 (Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08) (im Folgenden: erste Fristverlängerungsschreiben) wies die Kommission die Klägerin darauf hin, dass es ihr nicht gelungen sei, alle Informationen zu sammeln, die für eine ordnungsgemäße Prüfung der Anträge auf Akteneinsicht erforderlich seien, und sie nicht in der Lage gewesen sei, abschließende Entscheidungen zu treffen. Die Kommission verlängerte deshalb in allen Rechtssachen die Antwortfrist um 15 Arbeitstage.

9 Mit Schreiben vom 23. September 2008 (Rechtssache T‑509/08) und vom 6. Oktober 2008 (Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08) (im Folgenden: zweite Fristverlängerungsschreiben) informierte die Kommission die Klägerin darüber, dass sie trotz der Fristverlängerung nicht in der Lage gewesen sei, abschließende Entscheidungen zu treffen, und alles daran setze, ihr so schnell wie möglich abschließend zu antworten.

10 Mit Schreiben vom 26. September 2008 (Rechtssache T‑509/08), vom 8. Oktober 2008 (Rechtssache T‑495/08), vom 9. Oktober 2008 (Rechtssache T‑494/08), vom 23. Oktober 2008 (Rechtssache T‑499/08), vom 31. Oktober 2008 (Rechtssache T‑500/08), vom 20. November 2008 (Rechtssache T‑496/08), vom 6. Januar 2009 (Rechtssache T‑498/08) und vom 18. Februar 2009 (Rechtssache T‑497/08) (im Folgenden: ausdrückliche Entscheidungen) teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie ihr den Zugang zu den angeforderten Dokumenten verweigere mit Ausnahme von a) drei Fristverlängerungsanträgen der dänischen Behörden (Rechtssache T‑494/08), b) zwei E-Mails der italienischen Behörden mit dem Ersuchen um eine Fristverlängerung und zwei Schreiben der Kommission, mit denen die Frist verlängert wurde (Rechtssache T‑495/08), c) drei Fristverlängerungsanträgen der deutschen Behörden und vier positiven Antworten der Kommission (Rechtssache T‑496/08), d) einer positiven Antwort der Kommission auf einen Fristverlängerungsantrag der deutschen Behörden (Rechtssache T‑497/08), e) zwei Fristverlängerungsanträgen der deutschen Behörden und drei positiven Antworten der Kommission (Rechtssache T‑498/08), f) einem Fristverlängerungsantrag der französischen Behörden und einem Schreiben der Kommission, mit dem die Fristverlängerung gewährt wurde (Rechtssache T‑499/08), g) zwei Fristverlängerungsanträgen der finnischen Behörden und zwei Schreiben der Kommission, mit denen die Frist verlängert wurde (Rechtssache T‑500/08) und h) zwei Fristverlängerungsanträgen der slowakischen Behörden (Rechtssache T‑509/08).

11 Die Kommission war im Wesentlichen der Auffassung, dass die anderen von der Klägerin angeforderten Dokumente in vollem Umfang unter die Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 (Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten) und nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 (Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses vor Erlass einer Entscheidung) fielen. Für bestimmte Dokumente gälten zudem auch die Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich (Ausnahme zum Schutz von geschäftlichen Interessen), Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 (Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses nach Erlass einer Entscheidung) und in den Rechtssachen T‑494/08, T‑496/08, T‑497/08, T‑499/08 und T‑500/08 nach Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich (Ausnahme zum Schutz der Rechtsberatung) der Verordnung Nr. 1049/2001. Auch bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der Dokumente und ein teilweiser Zugang sei nicht möglich, weil die Dokumente von mindestens zwei Ausnahmen vollständig erfasst würden.

Verfahren und Anträge der Parteien

12 Die Klägerin hat mit Klageschriften, die am 7. November 2008 (Rechtssache T‑509/08) und am 14. November 2008 (Rechtssachen T‑494/08 bis T‑500/08) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben.

13 Mit Schriftsätzen vom 22. Dezember 2008, 9. Januar und 20. Februar 2009 hat die Klägerin darum ersucht, ihre Anträge und Klagegründe in den Rechtssachen T‑496/08, T‑498/08 und T‑497/08 nach der Zustellung der ausdrücklichen Entscheidungen der Kommission ändern zu dürfen. Das Gericht hat dem am 29. Januar und 26. März 2009 zugestimmt.

14 Mit Schriftsatz vom 14. August 2009 hat die Klägerin die Verbindung der Rechtssachen T‑494/08, T‑495/08, T‑496/08, T‑497/08, T‑498/08, T‑499/08, T‑500/08 und T‑509/08 sowie den Erlass prozessleitender Maßnahmen beantragt.

15 Mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts die Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden.

16 Mit Beschluss vom 25. November 2009 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts gemäß Art. 65 Buchst. b, Art. 66 § 1 und Art. 67 § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kommission aufgefordert, alle Dokumente in Kopie vorzulegen, zu denen sie den Zugang verweigert hat. Dem ist entsprochen worden.

17 Mit Schreiben vom 12. März 2010 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der...

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