Urteile nº T-282/02 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, February 23, 2006

Resolution DateFebruary 23, 2006
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-282/02

„Wettbewerb – Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen – Artikel 2, 3 und 8 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 − Begriff des Zusammenschlusses – Begründung einer beherrschenden Stellung − Genehmigung unter dem Vorbehalt der Einhaltung bestimmter Zusagen – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑282/02

Cementbouw Handel & Industrie BV mit Sitz in Le Cruquius (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. Knibbeler, O. Brouwer und P. Kreijger,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten zunächst durch A. Nijenhuis, K. Wiedner und W. Mölls, dann durch A. Nijenhuis, É. Gippini Fournier und A. Whelan als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates ergangenen Entscheidung 2003/754/EG der Kommission vom 26. Juni 2002 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.2650 – Haniel/Cementbouw/JV [CVK]) (ABl. L 282, S. 1, Berichtigung im ABl. 2003, L 285, S. 52)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal, der Richterin P. Lindh, des Richters P. Mengozzi, der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters V. Vadapalas,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2005

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 24. Januar 2002 meldeten das Unternehmen Franz Haniel & Cie GmbH (im Folgenden: Haniel) und die Klägerin bei der Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, nach Berichtigung erneut veröffentlicht im ABl. 1990, L 257, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 180, S. 1) einen Zusammenschluss an. Der Anmeldung zufolge hatten Haniel und die Klägerin im Jahr 1999 im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4064/89 die gemeinsame Kontrolle über das niederländische Unternehmen Coöperatieve Verkoop- en Produktievereniging van Kalkzandsteenproducenten (im Folgenden: CVK) und dessen elf Mitgliedsunternehmen durch Vertrag und Kauf von Anteilsrechten des deutschen Unternehmens RAG AG (im Folgenden: RAG) erworben.

2 Haniel ist eine diversifizierte deutsche Holding-Gesellschaft, die im Baustoffsektor in der Herstellung und dem Vertrieb von Wandbaustoffen wie Kalksandstein, Porenbeton und Transportbeton tätig ist. Haniel ist im Wesentlichen in Deutschland tätig. In den Niederlanden hielt Haniel vor dem Zusammenschluss Beteiligungen an mehreren Kalksandsteinwerken, die Mitglieder der CVK sind.

3 Die Klägerin, die damals zum niederländischen Konzern NBM Amstelland BV gehörte, ist in den Niederlanden auf dem Baustoffmarkt sowie allgemeiner auf dem Baumarkt, dem Logistikmarkt und dem Markt für Grundstoffhandel tätig. Zum Zeitpunkt des Erlasses der in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 ergangenen Entscheidung 2003/754/EG zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.2650 – Haniel/Cementbouw/JV [CVK]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stand die Klägerin im Besitz der CVC Capital Partners Group Ltd., einer Kapitalanlagegesellschaft.

4 Die CVK besteht seit 1947 und trat zunächst als gemeinsame Verkaufsorganisation für ihre Mitgliedsunternehmen, die niederländischen Kalksandsteinhersteller, auf. 1989 wurde die CVK zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern in eine Genossenschaft niederländischen Rechts umgewandelt.

5 Vor der Durchführung des Zusammenschlusses waren fünf der elf CVK-Mitglieder – die Kalkzandsteenfabriek De Hazelaar BV (im Folgenden: De Hazelaar), die Kalkzandsteenindustrie Loevestein BV (im Folgenden: Loevestein), die Steenfabriek Boudewijn BV (im Folgenden: Boudewijn), die Kalkzandsteenfabriek Hoogdonk BV (im Folgenden: Hoogdonk) und die Kalkzandsteenfabriek Rijsbergen BV (im Folgenden: Rijsbergen) – Tochtergesellschaften von Haniel. Drei Kalksandsteinwerke – die Kalkzandsteenfabriek Harderwijk BV (im Folgenden: Harderwijk), die Kalkzandsteenfabriek Roelfsema BV (im Folgenden: Roelfsema) und die Kalkzandsteenfabriek Bergumermeer BV (im Folgenden: Bergumermeer) – waren Tochtergesellschaften der Klägerin, während zwei Hersteller – die Anker Kalkzandsteenfabriek BV (im Folgenden: Anker) und die Vogelenzang Fabriek van Bouwmaterialen BV (im Folgenden: Vogelenzang) – Tochtergesellschaften der RAG waren. Schließlich stand ein Hersteller, das Unternehmen Van Herwaarden Hillegom BV (im Folgenden: Van Herwaarden), im gemeinsamen Besitz von Haniel ([vertraulich] %)(1), der Klägerin ([vertraulich] %) und der RAG ([vertraulich] %).

6 Im Jahr 1998 wurde bei der Nederlandse Mededingingssautoriteit (niederländische Wettbewerbsbehörde, im Folgenden: NMa) ein Zusammenschlussvorhaben angemeldet, das vorsah, dass die CVK die Kontrolle über ihre Mitglieder erwerben sollte. Die Übertragung der Kontrolle sollte durch den Abschluss eines Poolingvertrags und eine Änderung der Satzung der CVK erfolgen. Am 23. April 1998 beschloss die NMa, das so genannte Verfahren der „zweiten Phase“ einzuleiten. Mit Entscheidung vom 20. Oktober 1998 schloss die NMa das Verfahren der zweiten Phase ab und genehmigte das fragliche Vorhaben.

7 Bevor dieser Vorgang durchgeführt wurde, hatte sich die RAG entschlossen, ihre Anteile an den CVK-Mitgliedern an Haniel und die Klägerin zu veräußern. Im März 1999 informierten die Beteiligten die NMa über ihre Absichten. Die NMa teilte ihnen mit Schreiben vom 26. März 1999 mit, die vorgesehene Veräußerung sei kein Zusammenschluss im Sinne von Artikel 27 der Wet van 22 mei 1997 houdende nieuwe regels omtrent de economische mededinging (Mededingingswet) (Gesetz vom 22. Mai 1997 mit neuen Vorschriften über den wirtschaftlichen Wettbewerb) (Stb. 1997, Nr. 242), sofern der mit der Entscheidung vom 20. Oktober 1998 genehmigte Vorgang spätestens zum Zeitpunkt der Veräußerung vollzogen sei.

8 Am 9. August 1999 schlossen die CVK und ihre Mitglieder den oben in Randnummer 6 erwähnten Poolingvertrag. Die Satzung der CVK wurde am selben Tag geändert, um den Bestimmungen des Poolingvertrags Rechnung zu tragen (diese beiden Rechtsgeschäfte werden im Folgenden als erste Gruppe von Geschäften bezeichnet). Ebenfalls an diesem Tag veräußerte die RAG die Anteile, die sie an drei der CVK-Mitglieder (Anker, Vogelenzang und Van Herwaarden) hielt, an Haniel und die Klägerin (im Folgenden: RAG-Geschäft), die außerdem einen Zusammenarbeitsvertrag schlossen, der ihre Zusammenarbeit in der CVK regelte (diese beiden Rechtsgeschäfte werden im Folgenden als zweite Gruppe von Geschäften bezeichnet).

9 Nachdem die Kommission bei der Prüfung zweier anderer von Haniel angemeldeter Zusammenschlüsse (Sachen COMP/M.2495 – Haniel/Fels und COMP/M.2568 – Haniel/Ytong) von dem Vorgang vom 9. August 1999 erfahren hatte, teilte sie der Klägerin und den übrigen beteiligten Unternehmen mit Schreiben vom 22. Oktober 2001 mit, dass der Vorgang gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 4064/89 bei ihr angemeldet werden müsse.

10 Wie oben in Randnummer 1 festgestellt, meldeten Haniel und die Klägerin den Vorgang am 24. Januar 2002 gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 4064/89 an.

11 Am 25. Februar 2002 traf die Kommission eine Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89, in der sie feststellte, dass der angemeldete Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR-Abkommen) gebe.

12 Am 25. April 2002 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Beteiligten, die die Anmeldung vorgenommen hatten. Die Klägerin antwortete darauf mit Schreiben vom 13. Mai 2002.

13 Am 16. Mai 2002 hörte die Kommission die betroffenen Beteiligten an.

14 Nachdem Haniel und die Klägerin am 28. Mai 2002 einen ersten Zusagenentwurf vorgelegt hatten, der nach Ansicht der Kommission nicht ausreichte, um das von ihr festgestellte Wettbewerbsproblem zu lösen, legten sie am 5. Juni 2002 endgültige Zusagen vor.

15 Am 26. Juni 2002 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, in der sie den angemeldeten Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar erklärte (Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung), jedoch unter der Bedingung, dass Haniel und die Klägerin die von ihnen in den Randnummern 27, 28, 32 bis 35 und 40 des Anhangs der Entscheidung abgegebenen Zusagen vollständig erfüllten (Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung), und mit der Auflage, dass sie die übrigen von ihnen abgegebenen Zusagen gemäß dem Anhang vollständig erfüllten (Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung). Zu den Zusagen im Sinne von Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung gehört u. a. die Auflösung der CVK innerhalb von [vertraulich] nach Erlass der angefochtenen Entscheidung. Die angefochtene Entscheidung wurde – unter Auslassung der vertraulichen Daten – im Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. Oktober 2003 veröffentlicht (ABl. L 282, S. 1, Berichtigung im ABl. 2003, L 285, S. 52).

Verfahren und Anträge der Parteien

16 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 11. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 230 EG die vorliegende Klage erhoben.

17 Das Gericht hat auf Vorschlag der Vierten Kammer und nachdem die Parteien gemäß Artikel 51 seiner Verfahrensordnung gehört worden sind, nach Artikel 14 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

18 Das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im...

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