Beschlüsse nº T-260/97 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, December 10, 1997

Resolution DateDecember 10, 1997
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-260/97

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

10. Dezember 1997 (1) „Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Antrag auf einstweilige Anordnung - Antrag auf Erteilung von Einfuhrlizenzen“

In der Rechtssache T-260/97 R

Camar Srl, Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Florenz (Italien), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilma Viscardini Donà, Mariano Paolin und Simonetta Donà, Padua, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Ernest Arendt, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

Antragstellerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Hubert van Vliet, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, im Beistand von Rechtsanwalt Alberto Dal Ferro, Vicenza, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

und

Rat der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch die Rechtsberater Jan-Peter Hix und Antonio Tanca, Juristischer Dienst, Zustellungsbevollmächtigter: Alessandro Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

Antragsgegner,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch Frédéric Pascal als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,

Streithelferin,

wegen eines Antrags gemäß den Artikeln 185 und 186 EG-Vertrag, a) die Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 1997, mit der ein Antrag der Camar auf Übergangsmaßnahmen im Sinne des Artikels 30 der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen abgelehnt wurde, auszusetzen und b) der Kommission aufzugeben, die Lizenzen der Gruppe B, die der Camar für das Jahr 1998 zustehen, aufgrund der sich aus dem Dreijahreszeitraum 1988 bis 1990 ergebenden Referenzmenge zu berechnen, und, hilfsweise, diese Lizenzen aufgrund der sich aus dem Dreijahreszeitraum 1989 bis 1991 ergebenden Referenzmenge oder nach den Kriterien zu berechnen, die das Europäische Parlament in seiner Änderung 8 des am 8. März 1996 von der Kommission vorgelegten Änderungsvorschlags zur Verordnung Nr. 404/93 angegeben hat, und, äußerst hilfsweise, der Camar eine finanzielle Beihilfe in Höhe des Marktwerts der Lizenzen der Gruppe B, berechnet nach einem der oben genannten Kriterien, zu gewähren,

erläßt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluß

Rechtlicher Rahmen

1.
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (Abl. L 47, S. 1) wurde für die Zeit ab Juli 1993 anstelle der verschiedenen bis dahin bestehenden nationalen Systeme ein gemeinsames Einfuhrsystem eingeführt. Diese Verordnung wurde zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 3290/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über erforderliche Anpassungen und Übergangsmaßnahmen im Agrarsektor zur Anwendung der im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde beschlossenen Übereinkünfte (Abl. L 349, S. 105) geändert. In der vorliegenden Rechtssache geht es vor allem um die Artikel 15a, 18 Absätze 1 und 2, 19 Absätze 1 und 2, 16 Absätze 1 und 3 und 30 der Verordnung Nr. 404/93.

2.
Die Regelung für den Handel mit dritten Ländern, die Gegenstand des Titels IV der Verordnung Nr. 404/93 ist, sieht die Eröffnung eines jährlichen Zollkontingents für Einfuhren von Drittlandsbananen (Einfuhren aus Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und keine AKP-Staaten sind) und nichttraditionellen AKP-Bananen vor. Die Begriffe „traditionelle Einfuhren“ und „nichttraditionelle Einfuhren“ werden in Artikel 15a dieser Verordnung definiert. „Traditionelle Einfuhren aus den AKP-Staaten“ sind die im Anhang der Verordnung Nr. 404/93 festgelegten, von den traditionellen AKP-Ausfuhrländern in die Gemeinschaft ausgeführten Bananenmengen. Die für „traditionelle Einfuhren“ aus Somalia festgelegte Menge beträgt 60 000 Tonnen. Die von den AKP-Staaten ausgeführten Mengen, die über diese Mengen hinausgehen, stellen „nichttraditionelle Einfuhren aus den AKP-Staaten“ dar.

3.
Artikel 18 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 404/93 sieht die Eröffnung eines jährlichen Zollkontingents für Bananen in Höhe von 2,2 Millionen Tonnen Eigengewicht für Einfuhren von Drittlandsbananen und nichttraditionellen AKP-Bananen vor. Im Rahmen dieses Zollkontingents wird auf Einfuhren von Drittlandsbananen eine Abgabe von 75 ECU/Tonne erhoben; nichttraditionelle Einfuhren von AKP-Bananen unterliegen einem Zollsatz von Null. Gemäß Artikel 18 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung unterliegen Einfuhren, die außerhalb des Kontingents erfolgen, d. h. nichttraditionelle Einfuhren aus AKP-Staaten und Einfuhren aus Drittländern, einer nach dem Gemeinsamen Zolltarif berechneten Abgabe.

4.
Artikel 19 Absatz 1 enthält folgende Aufteilung dieses Zollkontingents: 66,5 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen oder nichttraditionelle AKP-Bananen vermarktet haben (Buchstabe a), 30 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Gemeinschaftsbananen oder traditionelle AKP-Bananen vermarktet haben (Buchstabe b), und 3,5 v. H. für in der Gemeinschaft niedergelassene Marktbeteiligte, die ab 1992 mit der Vermarktung von anderen als Gemeinschafts- oder traditionellen AKP-Bananen beginnen (Buchstabe c). Diese verschiedenen Quoten des Zollkontingents werden üblicherweise als Lizenzen derGruppen A, B und C bezeichnet. Gemäß Artikel 19 Absatz 2 erhält „[j]eder Marktbeteiligte ... nach Berechnungen, die für jede der in Absatz 1 ... genannten Gruppen von Marktbeteiligten getrennt durchgeführt werden, Einfuhrbescheinigungen auf der Grundlage des durchschnittlichen Absatzes von Bananen, den er in den letzten drei Jahren, für die Angaben vorliegen, getätigt hat“, und werden insbesondere bei den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Marktbeteiligten die Verkäufe von traditionellen AKP- und/oder Gemeinschaftsbananen berücksichtigt.

5.
Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung Nr. 404/93 sieht vor, daß jährlich eine Bedarfsvorausschätzung über die Erzeugung und den Verbrauch in der Gemeinschaft sowie die voraussichtlichen Einfuhren und Ausfuhren erstellt wird.

6.
Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung bestimmt: „Die Bedarfsvorausschätzung kann erforderlichenfalls im Verlauf des Wirtschaftsjahres revidiert werden, um insbesondere das Auftreten außergewöhnlicher Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Produktions- oder Einfuhrbedingungen auswirken. In einem solchen Fall wird das in Artikel 18 vorgesehene Zollkontingent nach dem Verfahren des Artikels 27 angepaßt.“

7.
Artikel 30 der Verordnung bestimmt schließlich: „Erweisen sich besondere Maßnahmen ab Juli 1993 als notwendig, um den Übergang von den vor Inkrafttreten dieser Verordnung gültigen Regelungen zu der durch diese Verordnung eingeführten Regelung zu erleichtern und insbesondere ernsthafte Schwierigkeiten zu überwinden, so trifft die Kommission ... alle für erforderlich erachteten Übergangsmaßnahmen.“

Sachverhalt und Verfahren

8.
Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung italienischen Rechts, ist im Rahmen der beschriebenen Marktorganisation der einzige „traditionelle Einführer“ von Bananen aus Somalia.

9.
Sie wurde im Jahre 1983 von der Gruppe De Nadai übernommen, die gegenwärtig 50 % ihres Gesellschaftskapitals hält. Die Gruppe De Nadai besitzt außerdem die Gesellschaft TICO, die ebenfalls Bananen nach Italien einführt, und ist mehrheitlich an der Firma Somalfruit beteiligt, die die Bananen in Somalia erzeugt.

10.
In den Jahren 1984 bis 1990 erreichte der somalische Bananenanbau seine größte Ausdehnung mit einer Erzeugung von 90 000 bis 100 000 Tonnen pro Jahr. Die Antragstellerin führte damals einen erheblichen Teil dieser Erzeugung nach Europa und insbesondere nach Italien ein (1988: 47 491 Tonnen, 1989: 37 086 Tonnen und 1990: 45 130 Tonnen).

11.
Am 31. Dezember 1990 brach der Bürgerkrieg in Somalia aus, weshalb der normale Fluß der Einfuhren der Antragstellerin unterbrochen wurde; 1994 wurde er teilweise wieder aufgenommen.

12.
Die Antragstellerin belieferte jedoch weiterhin den italienischen Markt mit nur unerheblich niedrigeren Mengen, als sie vor Kriegsausbruch aus Somalia eingeführt hatte, indem sie Bananen in zwei AKP-Ländern, Kamerun und den Inseln unter dem Winde, sowie in einigen Drittländern aufkaufte, aus denen sie schon 1988 einzuführen begonnen hatte.

13.
In der Zeit von der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation im Juli 1993 bis Ende 1997 wurden der Antragstellerin sowohl Lizenzen der Gruppe A (1993 für 4 008,521 Tonnen, 1994 für 8 048,691 Tonnen, 1995 für 3 423,761 Tonnen, 1996 für 5 312,671 Tonnen und 1997 für 7 545,823 Tonnen) als auch der Gruppe B (1993 für 5 622,938 Tonnen, 1994 für 10 739,088 Tonnen, 1995 für 6 075,934 Tonnen, 1996 für 2 948,596 Tonnen und 1997 für 2 140,718 Tonnen) erteilt. Die hier gemachten Angaben über die von 1993 bis 1996 erteilten Lizenzen ergeben sich aus dem Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 21. März 1997 in der Rechtssache T-79/96 R (Camar/Kommission, Slg. 1997...

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