Urteile nº T-21/99 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, March 20, 2002

Resolution DateMarch 20, 2002
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-21/99

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

20. März 2002 (1) „Wettbewerb - Kartell - Fernwärmerohre - Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) - Boykott - Geldbuße - Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“

In der Rechtssache T-21/99

Dansk Rørindustri A/S mit Sitz in Fredericia (Dänemark), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K. Dyekjær-Hansen, K. Høegh und C. Karhula Lauridsen, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch É. Gippini Fournier und H. C. Støvlbæk als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung von Artikel 1 der Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 EG-Vertrag (Sache IV/35.691/E-4: Fernwärmetechnik-Kartell) (ABl. 1999, L 24, S. 1), sowie wegen Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße,

erlässtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mengozzi sowie der Richterin V. Tiili und des Richters R. M. Moura Ramos,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2000,

folgendes

Urteil(2)

Sachverhalt

1.
Die Klägerin ist eine auch unter dem Namen Starpipe bekannte dänische Gesellschaft, die Fernwärmerohre herstellt.

...

8.
Am 21. Oktober 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/60/EG in einem Verfahren gemäß Artikel 85 EG-Vertrag (Sache IV/35.691/E-4: Fernwärmetechnik-Kartell) (ABl. 1999, L 24, S. 1), die vor ihrer Veröffentlichungdurch Entscheidung vom 6. November 1998 berichtigt wurde (C[1998] 3415 endg.) (im Folgenden: Entscheidung oder angefochtene Entscheidung); darin stellte sie fest, dass verschiedene Unternehmen, darunter die Klägerin, an miteinander verbundenen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) mitgewirkt hätten (im Folgenden: Kartell).

9.
In der Entscheidung wird ausgeführt, dass sich die vier dänischen Hersteller von Fernwärmerohren Ende 1990 auf die Grundsätze für eine allgemeine Zusammenarbeit auf ihrem Inlandsmarkt geeinigt hätten. An dieser Vereinbarung hätten die Klägerin sowie die dänische Tochtergesellschaft des schwedisch-schweizerischen Industriekonzerns ABB Asea Brown Boveri Ltd, ABB IC Møller A/S (im Folgenden: ABB), die Løgstør Rør A/S (im Folgenden: Løgstør) und die Tarco Energi A/S (im Folgenden: Tarco) teilgenommen (im Folgenden gemeinsam: dänische Hersteller). Eine der ersten Maßnahmen sei die Koordinierung einer Preiserhöhung sowohl auf dem dänischen Markt als auch auf den Auslandsmärkten gewesen. Zur Aufteilung des dänischen Marktes seien Quoten vereinbart und sodann von einer aus den Verkaufsleitern der betreffenden Unternehmen bestehenden „Kontaktgruppe“ angewandt und überwacht worden. Bei jedem geschäftlichen Projekt (im Folgenden: Projekt) habe das Unternehmen, dem der Auftrag von der Kontaktgruppe zugeteilt worden sei, die anderen Beteiligten darüber informiert, zu welchem Preis es ein Angebot abzugeben gedenke, und diese hätten dann Angebote mit einem höheren Preis abgegeben, um den vom Kartell vorgesehenen Anbieter zu schützen.

10.
Ab Herbst 1991 hätten auch zwei deutsche Hersteller - die Gruppe Henss/Isoplus (im Folgenden: Henss/Isoplus) und die Pan-Isovit GmbH (im Folgenden: Pan-Isovit) - an den regelmäßigen Treffen der dänischen Hersteller teilgenommen. Bei diesen Treffen hätten Verhandlungen über die Aufteilung des deutschen Marktes stattgefunden, die im August 1993 zu Vereinbarungen über die Festlegung von Verkaufsquoten für jedes beteiligte Unternehmen geführt hätten.

11.
Zwischen all diesen Herstellern seien 1994 Quoten für den gesamten europäischen Markt vereinbart worden. Dieses europaweite Kartell habe eine zweistufige Struktur gehabt. Der „Geschäftsführer-Klub“, dem die Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer der am Kartell beteiligten Hersteller angehört hätten, habe die Quoten festgelegt, die jedem Unternehmen sowohl auf dem Gesamtmarkt als auch auf den einzelnen Inlandsmärkten - insbesondere Dänemark, Deutschland, Finnland, Italien, Niederlande, Österreich und Schweden - zugeteilt worden seien. Für bestimmte Inlandsmärkte seien „Kontaktgruppen“ eingerichtet worden, die in der Regel aus den jeweiligen Verkaufsleitern bestanden hätten; diesen sei die Aufgabe übertragen worden, die Vereinbarungen durch Zuteilung einzelner Aufträge und durch Koordinierung der Angebote umzusetzen.

12.
Zum deutschen Markt heißt es in der Entscheidung, nach einem Treffen der sechs größten europäischen Hersteller (ABB, Henss/Isoplus, Løgstør, Pan-Isovit, Tarco und die Klägerin) und der Brugg Rohrsysteme GmbH (im Folgenden: Brugg) am 18. August 1994 habe am 7. Oktober 1994 das erste Treffen der Kontaktgruppe für Deutschland stattgefunden. Die Treffen dieser Kontaktgruppe seien noch lange nach den Ende Juni 1995 vorgenommenen Nachprüfungen der Kommission fortgeführt worden, auch wenn sie von diesem Zeitpunkt an außerhalb der Europäischen Union, in Zürich, stattgefunden hätten. Die Treffen in Zürich seien bis zum 25. März 1996 fortgesetzt worden.

13.
Als Bestandteil des Kartells wird in der Entscheidung u. a. die Vereinbarung und Durchführung aufeinander abgestimmter Maßnahmen genannt, um mit Powerpipe das einzige nicht am Kartell beteiligte Unternehmen von Bedeutung auszuschalten. Bestimmte Teilnehmer des Kartells hätten wichtige Mitarbeiter von Powerpipe abgeworben und Powerpipe klargemacht, dass sie sich vom deutschen Markt zurückziehen solle. Nachdem Powerpipe im März 1995 den Zuschlag für ein bedeutendes deutsches Projekt erhalten habe, habe in Düsseldorf ein Treffen stattgefunden, an dem die sechs genannten Hersteller und Brugg teilgenommen hätten. Bei diesem Treffen sei ein kollektiver Boykott der Kunden und Zulieferer von Powerpipe beschlossen worden, der anschließend durchgeführt worden sei.

14.
Die Kommission legt in ihrer Entscheidung die Gründe dar, aus denen nicht nur die ausdrückliche Aufteilung der Marktanteile unter den dänischen Herstellern ab Ende 1990, sondern auch die Wettbewerbsverstöße ab Oktober 1991 insgesamt als eine verbotene „Vereinbarung“ im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag betrachtet werden könnten. Das „dänische“ und das „europaweite“ Kartell seien nur Ausprägungen eines einzigen Kartells, das in Dänemark begonnen habe, dessen längerfristiges Ziel aber von Beginn an die Ausdehnung der Kontrolle der Teilnehmer auf den gesamten Markt gewesen sei. Die fortdauernde Vereinbarung zwischen den Herstellern habe eine merkliche Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt.

15.
Aus diesen Gründen enthält die Entscheidung folgenden verfügenden Teil:

Artikel 1

ABB Asea Brown Boveri Ltd, Brugg Rohrsysteme GmbH, Dansk Rørindustri A/S, die Gruppe Henss/Isoplus, KE KELIT Kunststoffwerk Ges.mbH, Oy KWH Pipe AB, Løgstør Rør A/S, Pan-Isovit GmbH, Sigma Tecnologie Di Rivestimento S.r.l. und Tarco Energi A/S haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie in der in der Begründung ausgeführten Weise und dem genannten Umfang an miteinander verbundenen...

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