Urteile nº T-213/00 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, March 19, 2003

Resolution DateMarch 19, 2003
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-213/00

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

19. März 2003(1) „Wettbewerb - Vereinbarung zwischen Mitgliedern einer Linienkonferenz und konferenzunabhängigen Reedereien - Gebühren und Zuschläge - Rechtsgrundlage - Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 - Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 - Relevanter Markt - Nachweis der Zuwiderhandlung - Verjährung - Geldbuße“

In der Rechtssache T-213/00

CMA CGM mit Sitz in Marseille (Frankreich),

Cho Yang Shipping Co. Ltd mit Sitz in Seoul (Südkorea),

Evergreen Marine Corp. Ltd mit Sitz in Taipeh (Taiwan),

Hanjin Shipping Co. Ltd mit Sitz in Taipeh,

Hapag-Lloyd Container Linie GmbH mit Sitz in Seoul,

Kawasaki Kisen Kaisha Ltd mit Sitz in Tokio (Japan),

Malaysia International Shipping Corporation Berhad mit Sitz in Kuala Lumpur (Malaysia),

Mitsui OSK Lines Ltd mit Sitz in Tokio,

Neptune Orient Lines Ltd mit Sitz in Singapur (Singapur),

Nippon Yusen Kaisha mit Sitz in Tokio,

Orient Overseas Container Line Ltd mit Sitz in Wanchai (Hongkong),

P & O Nedlloyd Container Line Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Senator Lines GmbH, Rechtsnachfolgerin der DSR-Senator Lines GmbH, mit Sitz in Bremen (Deutschland),

Yangming Marine Transport Corp. mit Sitz in Taipeh,

Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte J. Pheasant, C. Barlen, M. Levitt, D. Waelbroeck und U. Zinsmeister, sodann Rechtsanwälte Pheasant, Levitt, Waelbroeck und Zinsmeister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch P. Oliver und E. Gippini Fournier, dann durch P. Oliver, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/627/EG der Kommission vom 16. Mai 2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache Nr. IV/34.018 - Far East Trade Tariff Charges and Surcharges Agreement [FETTCSA]) (ABl. L 268, S. 1) erlässtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter K. Lenaerts und J. Azizi,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1.
Die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG und 82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), galt ursprünglich für alle vom EWG-Vertrag erfassten Tätigkeiten. Da es jedoch im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik und unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Wirtschaftsbereichs erforderlich wurde, eine Wettbewerbsregelung zu erlassen, die sich von der für die anderen Wirtschaftsbereiche bereits erlassenen Regelung unterscheidet, erließ der Rat die Verordnung Nr. 141 vom 26. November 1962 über die Nichtanwendung der Verordnung Nr. 17 des Rates auf den Verkehr (ABl. 1962, Nr. 124, S. 2751).

1. Die Verordnung Nr.1017/68

2.
Am 19. Juli 1968 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. L 175, S. 1).

3.
Diese Verordnung gilt nach ihrem Artikel 1 auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche „die Festsetzung von Beförderungsentgelten und -bedingungen, die Beschränkung oder Überwachung des Angebots von Verkehrsleistungen, die Aufteilung der Verkehrsmärkte, die Anwendung technischer Verbesserungen oder die technische Zusammenarbeit, die gemeinsame Finanzierung oder den gemeinsamen Erwerb von Verkehrsmaterial oder -zubehör, die unmittelbar mit der Verkehrsleistung verknüpft sind, soweit dies für den gemeinsamen Betrieb einer Unternehmensgemeinschaft des Straßen- und Binnenschiffsverkehrs gemäß Artikel 4 erforderlich ist, bezwecken oder bewirken, sowie für beherrschende Stellungen auf dem Verkehrsmarkt“. Die Verordnung gilt nach dieser Bestimmung auch „für die Tätigkeiten des Verkehrshilfsgewerbes, die den oben bezeichneten Zweck oder die oben bezeichneten Wirkungen haben“.

4.
Artikel 2 der Verordnung Nr. 1017/68 lautet:

„Vorbehaltlich der Artikel 3 bis 6 sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf, alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der Beförderungspreise und -bedingungen oder sonstiger Geschäftsbedingungen,

...“

5.
Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1017/68 bestimmt:

„Das in Artikel 2 ausgesprochene Verbot gilt nicht für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die ausschließlich die Anwendung technischer Verbesserungen oder die technische Zusammenarbeit bezwecken und bewirken, und zwar durch

...

c) die Regelung und Durchführung von Anschlussbeförderungen, ergänzenden Beförderungen, Ersatzbeförderungen oder kombinierten Beförderungen sowie die Aufstellung und Anwendung von Gesamtpreisen und Gesamtbedingungen einschließlich Wettbewerbspreisen auf diese Beförderungen;

...

g) die Aufstellung einheitlicher Regeln für die Struktur der Beförderungstarife und die Bedingungen für deren Anwendung, soweit dadurch nicht die Preise und Beförderungsbedingungen festgelegt werden.“

6.
Artikel 5 der Verordnung Nr. 1017/68 lautet:

„Das Verbot des Artikels 2 kann mit rückwirkender Kraft für nicht anwendbar erklärt werden auf

- Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,

- Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,

- aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,

die beitragen

- zur Verbesserung der Qualität der Verkehrsleistungen oder

- zur Förderung einer größeren Kontinuität und Stabilität der Befriedigung des Verkehrsbedarfs auf den Märkten, auf denen Angebot und Nachfrage starken zeitlichen Schwankungen unterliegen, oder

- zur Steigerung der Produktivität der Unternehmen oder

- zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts,

und zwar unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Verkehrsnutzer und ohne dass den beteiligten Verkehrsunternehmen

a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder

b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil des betreffenden Verkehrsmarktes den Wettbewerb auszuschalten.“

7.
Die Verordnung Nr. 1017/68 legt auch die Anwendungsmodalitäten für die genannten materiell-rechtlichen Vorschriften fest. Sie erlaubt den Unternehmen insbesondere, Vereinbarungen zu schließen und anzuwenden, ohne diese der Kommission mitteilen zu müssen, was aber die Gefahr der rückwirkenden Nichtigkeit dieser Vereinbarungen in sich birgt, wenn sie von der Kommission auf Antrag oder von Amts wegen geprüft werden, allerdings auch unbeschadet der Möglichkeit, aufgrund einer solchen nachträglichen Prüfung rückwirkend für zulässig erklärt zu werden (Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1017/68). Die Unternehmen, die Artikel 5 der Verordnung Nr. 1017/68 in Anspruch nehmen wollen, können jedoch nach deren Artikel 12 einen entsprechenden Antrag an die Kommission richten.

2. Die Verordnung Nr. 4056/86

8.
Am 22. Dezember 1986 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel [81 EG und 82 EG] auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4).

9.
Die Verordnung betrifft nach ihrem Artikel 1 Absatz 2 „nur den internationalen Seeverkehr von oder nach einem oder mehreren Häfen der Gemeinschaft ...“

10.
Artikel 2 Absatz 1 bestimmt jedoch:

„Das Verbot des Artikels [81 Absatz 1 EG] gilt nicht für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die ausschließlich die Anwendung technischer Verbesserungen oder die technische Zusammenarbeit bezwecken oder bewirken, und zwar durch

...

c) die Organisation und Durchführung von Anschluss- oder Zusatzbeförderungen zur See sowie die Festlegung oder Anwendung von Gesamtpreisen und -bedingungen für diese Beförderung;

...

f) die Aufstellung oder Anwendung einheitlicher Regeln für die Struktur der Beförderungstarife und die Bedingungen für deren Anwendung.“

11.
In der siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 führt der Rat aus, dass diese Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen technischer Natur vom Kartellverbot ausgenommen werden könnten, „da sie im Allgemeinen nicht wettbewerbsbeschränkend sind“.

12.
Artikel 3 der Verordnung Nr. 4056/86 sieht im Übrigen eine Gruppenfreistellung für „Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen allen oder einzelnen Mitgliedern einer oder mehrerer Linienkonferenzen vor, durch die die Beförderungspreise und -bedingungen festgelegt werden sollen“. Nach Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4056/86 ist eine Linienkonferenz

„eine Gruppe von zwei oder mehr Unternehmen der Seeschifffahrt, die internationale Liniendienste für die Beförderung von Ladung in einem bestimmten Fahrtgebiet oder in bestimmten Fahrtgebieten innerhalb fester geografischer Grenzen zur Verfügung stellt und die eine Vereinbarung oder Abmachung gleich welcher Art getroffen hat, in deren Rahmen sie auf der Grundlage einheitlicher oder gemeinsamer Frachtraten und etwaiger sonstiger vereinbarter Bedingungen hinsichtlich der Bereitstellung von Liniendiensten arbeitet“.

13.
Die Verordnung Nr. 4056/86 erlaubt den Unternehmen insbesondere, Vereinbarungen zu schließen und anzuwenden, ohne diese der Kommission mitteilen zu müssen, was aber die Gefahr der rückwirkenden Nichtigkeit...

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