Urteile nº T-52/03 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, July 08, 2008

Resolution DateJuly 08, 2008
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-52/03

In der Rechtssache T-52/03

Knauf Gips KG, vormals Gebr¸der Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, mit Sitz in Iphofen (Deutschland), Prozessbevollm‰chtigte: zun‰chst Rechtsanw‰lte M.†Klusmann und F.†Wiemer, dann Rechtsanwalt Klusmann,

Kl‰gerin,

gegen

Kommission der Europ‰ischen Gemeinschaften, zun‰chst vertreten durch F.†Castillo de la Torre und S.†Rating, dann durch F.†Castillo de la Torre und R.†Sauer als Bevollm‰chtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerkl‰rung der Entscheidung 2005/471/EG der Kommission vom 27. November 2002 bez¸glich eines Verfahrens zur Durchf¸hrung von Artikel 81 [EG] gegen: BPB PLC, Gebr¸der Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, SociÈtÈ Lafarge SA, Gyproc Benelux NV (Sache COMP/E-1/37.152 - Gipsplatten) (ABl. 2005, L†166, S.†8), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Kl‰gerin verh‰ngten Geldbuf‌le

erl‰sst


DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPƒISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Pr‰sidenten M.†Jaeger, der Richterin V.†Tiili und des Richters O.†Cz˙cz,

Kanzler: K. Poche-, Verwaltungsr‰tin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m¸ndliche Verhandlung vom 23. Januar 2007

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1 ††††††††Die Kl‰gerin, die Knauf Gips KG, vormals Gebr¸der Knauf Westdeutsche Gipswerke KG (im Folgenden: Knauf oder Kl‰gerin), produziert und vertreibt Baustoffe auf Gipsbasis.

2 ††††††††Die Kl‰gerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG) nach deutschem Recht. Alle Gesellschaftsanteile an der Kl‰gerin befinden sich in den H‰nden von 21 Mitgliedern der Familie Knauf sowie einer Gesellschaft, die die Anteile der vier weiteren Gesellschafter h‰lt. Persˆnlich haftende Gesellschafter der Kl‰gerin sind Herr [B] und Herr [C].

3 ††††††††Aufgrund von Informationen, die ihr zur Kenntnis gelangt waren, nahm die Kommission am 25. November 1998 bei acht im Gipsplattenbereich t‰tigen Unternehmen, zu denen auch die Kl‰gerin und weitere Unternehmen der Knauf-Gruppe gehˆrten, unangek¸ndigte ‹berpr¸fungen vor. Am 1. Juli 1999 setzte sie ihre Nachforschungen bei zwei weiteren Unternehmen fort.

4 ††††††††Anschlief‌lend richtete die Kommission nach Art.†11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchf¸hrungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. Nr. 13, S.†204), Auskunftsersuchen an die einzelnen Unternehmen. Darin erbat sie Ausk¸nfte zu Dokumenten, die bei den Nachpr¸fungen im November 1998 und im Juli 1999 in den Gesch‰ftsr‰umen dieser Unternehmen vorgefunden worden waren. Knauf beantwortete dieses Auskunftsersuchen am 14. September 1999.

5 ††††††††Am 18. April 2001 leitete die Kommission das Verwaltungsverfahren ein und erlief‌l eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Unternehmen BPB plc, Knauf, SociÈtÈ Lafarge SA (im Folgenden: Lafarge), Etex SA und Gyproc Benelux NV (im Folgenden: Gyproc). Die betroffenen Unternehmen gaben ihre schriftlichen Bemerkungen ab und erhielten Einsicht in die Ermittlungsakte der Kommission in Form einer Kopie auf CD-ROM, die ihnen am 17. Mai 2001 zugesandt wurde.

6 ††††††††Mit Schreiben vom 6. Juli 2001 erwiderte die Kl‰gerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.

7 ††††††††Am 17. Juli 2001 fanden Anhˆrungen statt. BPB und Gyproc pr‰sentierten einen Teil ihres Vortrags unter Ausschluss der ÷ffentlichkeit.

8 ††††††††Mit Schreiben vom 10. August 2001 ¸bermittelte der Anhˆrungsbeauftragte der Kl‰gerin nichtvertrauliche Fassungen von Dokumenten von BPB und Gyproc.

9 ††††††††Mit Schreiben vom 20. August 2001 beantragte die Kl‰gerin Akteineinsicht in s‰mtliche Unterlagen, die seit der ‹bersendung der CD-ROM Eingang in die Ermittlungsakten gefunden hatten, insbesondere in die Erwiderungen der ¸brigen vom Verwaltungsverfahren betroffenen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.

10 ††††††Am 7. September 2001 ¸bersandte der Anhˆrungsbeauftragte der Kl‰gerin drei weitere Schriftst¸cke, die Lafarge der Kommission im Anschluss an die Anhˆrung vom 17. Juli 2001 ¸bermittelt hatte.

11 ††††††Am 11. September 2001 lehnte die Kommission den Antrag der Kl‰gerin vom 20. August 2001 auf weitere Akteneinsicht ab.

12 ††††††Am 19. November 2002 erstellte der Anhˆrungsbeauftragte seinen Bericht.

13 ††††††Am 27. November 2002 erlief‌l die Kommission die Entscheidung 2005/471/EG bez¸glich eines Verfahrens zur Durchf¸hrung von Artikel 81 [EG] gegen BPB, Knauf, Lafarge und Gyproc (Sache COMP/E-1/37.152 - Gipsplatten) (ABl. 2005, L†166, S.†8, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

14 ††††††Der verf¸gende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:

-Artikel 1

BPB†-, der Knauf Konzern, - Lafarge - und Gyproc - haben gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] verstof‌len, indem sie an einer Gesamtheit von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Gipsplattensektor teilgenommen haben.

Die Zuwiderhandlung war von folgender Dauer:

-††††††††BPB -: sp‰testens ab 31. M‰rz 1992 bis 25. November 1998

-††††††††[der] Knauf [Konzern]: sp‰testens ab 31. M‰rz 1992 bis 25. November 1998

-††††††††- Lafarge -: sp‰testens ab 31. [August] 1992 bis 25. November 1998

-††††††††Gyproc -: sp‰testens ab 6. Juni 1996 bis 25. November 1998

-

Artikel 3

Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbuf‌len gegen folgende Unternehmen festgesetzt:

-††††††††BPB -: 138,6 Mio. EUR,

-††††††††Knauf -: 85,8 Mio. EUR

-††††††††- Lafarge -: 249,6 Mio. EUR

-††††††††Gyproc -: 4,32 Mio. EUR

--

15 ††††††Die Kommission geht in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass die betroffenen Unternehmen an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen h‰tten, die in folgenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ihren Ausdruck gefunden habe:

-††††††††1992 h‰tten sich Vertreter von BPB und Knauf in London (Vereinigtes Kˆnigreich) getroffen und sich daf¸r ausgesprochen, die Gipsplattenm‰rkte Deutschlands, des Vereinigten Kˆnigreichs, Frankreichs und der Benelux-Staaten gemeinsam zu stabilisieren;

-††††††††1992 h‰tten Vertreter von BPB und Knauf ein System zum Austausch von Informationen ¸ber ihre Verkaufsmengen auf den M‰rkten Deutschlands, des Vereinigten Kˆnigreichs, Frankreichs und der Benelux-Staaten eingef¸hrt, dem Lafarge und sp‰ter Gyproc beigetreten seien;

-††††††††die Vertreter von BPB, Knauf und Lafarge h‰tten einander mehrmals ¸ber geplante Preiserhˆhungen auf dem Markt des Vereinigten Kˆnigreichs informiert;

-††††††††die Vertreter von BPB, Knauf, Lafarge und Gyproc h‰tten sich 1996 in Versailles (Frankreich), 1997 in Br¸ssel (Belgien) und 1998 in Den Haag (Niederlande) getroffen, um auf besondere Entwicklungen im deutschen Markt zu reagieren, den deutschen Markt aufzuteilen oder ihn zumindest zu stabilisieren;

-††††††††zwischen 1996 und 1998 h‰tten die Vertreter von BPB, Knauf, Lafarge und Gyproc einander informiert und mehrmals die Anwendung von Preiserhˆhungen auf dem deutschen Markt abgesprochen.

16 ††††††Zur Berechnung der Hˆhe der Geldbuf‌le wandte die Kommission das Verfahren an, das in den Leitlinien f¸r das Verfahren zur Festsetzung von Geldbuf‌len, die gem‰f‌l Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gem‰f‌l Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C†9, S.†3, im Folgenden: Leitlinien), festgelegt ist.

17 ††††††Bei der Festsetzung des nach Maf‌lgabe der Schwere der Zuwiderhandlung ermittelten Ausgangsbetrags der Geldbuf‌le ging die Kommission zun‰chst davon aus, dass die betreffenden Unternehmen eine ihrer Art nach sehr schwere Zuwiderhandlung begangen h‰tten, da die in Rede stehenden Verhaltensweisen bezweckt h‰tten, durch den Austausch vertraulicher Informationen den Preiskrieg zu beenden und den Markt zu stabilisieren. Auf‌lerdem h‰tten diese Verhaltensweisen Auswirkungen auf den Markt gehabt, da auf die betreffenden Unternehmen fast das gesamte Gipsplattenangebot entfalle und die verschiedenen Kartellvereinbarungen auf einem hochkonzentrierten und oligopolistischen Markt umgesetzt worden seien. Zum Umfang des r‰umlich relevanten Marktes vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Vereinbarung die vier grˆf‌lten M‰rkte in der Gemeinschaft, n‰mlich Deutschland, das Vereinigte Kˆnigreich, Frankreich und die Benelux-Staaten, umfasst habe.

18 ††††††Sodann nahm die Kommission, da sie von einem erheblichen Unterschied zwischen den betreffenden Unternehmen ausging, eine Differenzierung vor, wobei sie sich insoweit auf die Umsatzzahlen f¸r die fraglichen Produkte auf den in Rede stehenden M‰rkten w‰hrend des letzten vollst‰ndigen Jahres der Zuwiderhandlung st¸tzte. Auf dieser Grundlage wurde der Ausgangsbetrag der Geldbuf‌len auf 80 Mio. Euro f¸r BPB, auf 52 Mio. Euro f¸r Knauf und f¸r Lafarge sowie auf 8 Mio. Euro f¸r Gyproc festgesetzt.

19 ††††††Um angesichts der Grˆf‌le und der Gesamtressourcen der Unternehmen eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuf‌le zu gew‰hrleisten, wurde der Ausgangsbetrag der gegen Lafarge festgesetzten Geldbuf‌le um 100†% auf 104 Mio. Euro erhˆht.

20 ††††††Um die Dauer der Zuwiderhandlung zu ber¸cksichtigen, wurde der Ausgangsbetrag anschlief‌lend f¸r BPB und f¸r Knauf um 65†%, f¸r Lafarge um 60†% und f¸r Gyproc um 20†% erhˆht, da die Kommission bei Knauf, Lafarge und BPB eine Zuwiderhandlung von langer Dauer und bei Gyproc eine Zuwiderhandlung von mittlerer Dauer annahm.

21 ††††††Aufgrund erschwerender Umst‰nde wurden die Grundbetr‰ge der Geldbuf‌len gegen¸ber BPB und Lafarge wegen R¸ckfalls um 50†% erhˆht.

22 ††††††Anschlief‌lend erm‰f‌ligte die Kommission die Geldbuf‌le gegen¸ber Gyproc wegen mildernder Umst‰nde um 25†%, weil Gyproc ein Unsicherheitsfaktor gewesen sei, der zur Begrenzung der Auswirkungen des Kartells auf den deutschen Markt beigetragen habe, und weil sie auf dem Markt des Vereinigten Kˆnigreichs nicht t‰tig gewesen sei.

23 ††††††Schlief‌llich erm‰f‌ligte die Kommission in Anwendung von Abschnitt D Nr. 2 ihrer Mitteilung ¸ber die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbuf‌len in Kartellsachen (ABl. 1996, C†207, S.†4; im Folgenden: Mitteilung ¸ber Zusammenarbeit) den Betrag der...

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