Urteile nº T-493/14 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, February 17, 2017

Resolution DateFebruary 17, 2017
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-493/14

„Abgeordneter nationaler Sachverständiger - Vorschriften der EFSA über die ANS - Entscheidung, die Abordnung nicht zu verlängern - Zugang zu Dokumenten - Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 - Verweigerung des Zugangs - Ausnahmeregelung im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen - Schutz personenbezogener Daten - Verordnung (EG) Nr. 45/2001 -Feststellungs- und Verpflichtungsanträge - Die Klageschrift ergänzender Schriftsatz - Änderungen der Anträge - Zulässigkeit“

In der Rechtssache T-493/14

Ingrid Alice Mayer, wohnhaft in Ellwangen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Mayer,

Klägerin,

gegen

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), vertreten durch D. Detken als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt R. Van der Hout und Rechtsanwältin A. Köhler,

Beklagte,

betreffend eine Klage gemäf‌l Art. 263 AEUV gegen die Entscheidungen der EFSA, mit denen zum einen der Antrag der Klägerin auf Verlängerung ihrer Abordnung als nationale Sachverständige bei der EFSA und zum anderen ihr Antrag auf Zugang zu im Besitz der EFSA befindlichen Dokumenten abgelehnt wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg (Berichterstatter),

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2016

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1 Die Klägerin, Frau Ingrid Alice Mayer, ist seit dem 1. November 1992 Beamtin des Freistaats Sachsen (Deutschland). Kraft eines am 1. Juli 2013 zwischen ihr selbst, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und dem Freistaat Sachsen geschlossenen Vertrags (im Folgenden: Vertrag) wurde sie mit Wirkung von diesem Tag an die EFSA abgeordnet. Der Vertrag wurde gemäf‌l seinem Art. 5 für die Dauer eines Jahres, d. h. bis zum 30. Juni 2014, geschlossen. Nach Art. 4 der Entscheidung des Geschäftsführenden Direktors der EFSA vom 18. Februar 2013 über die auf die Abordnung nationaler Sachverständiger und nationaler Experten in beruflicher Fortbildung zur EFSA anwendbaren Vorschriften (im Folgenden: Vorschriften über die ANS), die auf den Vertrag anwendbar sind, kann die Abordnung einmal oder mehrmals verlängert werden, wobei die Gesamtdauer der Abordnung grundsätzlich vier Jahre nicht übersteigen darf.

2 Am 4. September 2013 wurde die Klägerin als Vertreterin der ANS für drei Jahre in den Personalrat der EFSA (im Folgenden: Personalrat) gewählt. Infolge einer Meinungsverschiedenheit zwischen der Klägerin und dem Vorsitzenden des Personalrats über eine Angelegenheit, die in Abwesenheit der Klägerin behandelt werden sollte, beschloss der Personalrat am 16. Dezember 2013, die Klägerin mit sofortiger Wirkung für einen Zeitraum von sechs Monaten von ihren Personalratstätigkeiten zu suspendieren. Zur Begründung hief‌l es, die Klägerin habe einen Vertrauensbruch begangen.

3 Am 18. Dezember 2013 legte die Klägerin gegen ihren Ausschluss schriftlich Beschwerde beim Geschäftsführenden Direktor der EFSA ein und forderte den Erlass von Disziplinarmaf‌lnahmen gegen den Vorsitzenden des Personalrats. Mit E-Mail vom 17. Januar 2014 unterrichtete der Personalrat die Klägerin förmlich von seiner Entscheidung, sie von der Teilnahme an seinen Sitzungen auszuschlief‌len.

4 Am 8. und am 31. Januar 2014 wurde die Klägerin von ihrem Vorgesetzten, Herrn D., empfangen, der ihr in dem zweiten Gespräch mitteilte, dass die EFSA keine Verlängerung ihres Vertrags beabsichtige, da sich die Geschäftsbedürfnisse des Referats, in dem sie tätig sei, geändert hätten und ihr Profil nicht mehr den gestellten Anforderungen entspreche. Die Klägerin behauptet, Herr D. habe anlässlich des zweiten Gesprächs einen Antrag des Netzwerks von Nichtregierungsorganisationen Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) auf Zugang zu Dokumenten erwähnt, der E-Mails betreffe, die zwischen Frau K., einer hochrangigen Mitarbeiterin der EFSA, und dem International Life Science Institute (Internationales Institut für Biowissenschaften, im Folgenden: ILSI), einer im Ernährungssektor tätigen privatrechtlichen Organisation, gewechselt worden seien. Die EFSA bestreitet diese Darstellung.

5 Mit Schreiben vom 16. April 2014 über die „Beendigung [ihrer] Abordnung“ teilte die EFSA der Klägerin mit, dass ihr Vertrag am 30. Juni 2014 auslaufe, und wies auf die Möglichkeit hin, beim Direktor der EFSA auf der Grundlage des Art. 23 der Vorschriften über die ANS eine Beschwerde einzulegen.

6 Die Klägerin, die der Ansicht war, dass die Vorkommnisse im Personalrat sowie der Umstand, dass sie durch die Enthüllungen von Herrn D. ungewollt zur Mitwisserin eines durch die Beziehungen zwischen der EFSA und dem ILSI begründeten Interessenkonflikts geworden sei, die Hintergrund für ihren „Ausschluss“ seien, legte am 24. April 2014 beim Direktor der EFSA in Anwendung von Art. 23 der Vorschriften über die ANS gegen das oben genannte Schreiben vom 16. April 2014 Beschwerde ein, die sie mit Schreiben vom 5. und vom 10. Juni 2014 ergänzte.

7 Am 12. Mai 2014 beantragte die Klägerin bei der EFSA Zugang zu sämtlichen E-Mails, die zwischen Frau K. und dem ILSI gewechselt worden seien. Die EFSA lehnte den Antrag am 5. Juni 2014 unter Berufung auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) ab.

8 Am 8. Juni 2014 stellte die Klägerin bei der EFSA einen Zweitantrag auf Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten und ergänzte diesen mit einem Schreiben vom 15. Juni 2014.

9 Mit Schreiben vom 27. Juni 2014 wies die EFSA zum einen die von der Klägerin in Anwendung von Art. 23 der Vorschriften über die ANS gegen das oben genannten Schreiben vom 16. April 2014 eingelegte Beschwerde zurück, wobei sie sich auf Art. 4 Abs. 1 der Vorschriften über die ANS berief, in dem es heif‌lt: „Die Dauer der Abordnung darf zunächst nicht weniger als sechs Monate und nicht mehr als zwei Jahre betragen. Sie kann einmal oder mehrmals verlängert werden, höchstens jedoch auf insgesamt vier Jahre“. Somit gebe es keinen Rechtsanspruch auf Verlängerung des Vertrags. Im Übrigen beruft sich die EFSA auf den Ermessensspielraum, über den sie bei der Organisation ihrer Dienste verfüge, und legt die Gründe für ihre Entscheidung, den Vertrag nicht zu verlängern, dar, wobei sie in diesem Zusammenhang einige von der Klägerin in verschiedenen Schreiben an sie vorgebrachte Behauptungen zurückweist.

10 Mit demselben Schreiben vom 27. Juni 2014 wies die EFSA zum anderen den Zweitantrag auf Zugang zu den oben genannten Dokumenten zurück, wobei sie sich auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme berief. Die EFSA weist darauf hin, dass die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung...

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