Beschlüsse nº T-883/16 of Tribunal General de la Unión Europea, July 21, 2017

Resolution DateJuly 21, 2017
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-883/16

„Vorläufiger Rechtsschutz - Erdgasbinnenmarkt - Richtlinie 2009/73/EG - Antrag der Bundesnetzagentur auf Änderung der Bedingungen der Ausnahme von den Unionsregeln für den Betrieb der OPAL-Gasfernleitung - Beschluss der Kommission zur Änderung der Bedingungen der Ausnahme von den Unionsregeln - Antrag auf Aussetzung des Vollzugs - Fehlende Dringlichkeit“

In der Rechtssache T-883/16 R

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna, M. Kawnik und K. Rudzińska als Bevollmächtigte,

Antragstellerin,

unterstützt durch

Republik Litauen, vertreten durch D. Kriaučiūnas und R. Krasuckaitė als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch O. Beynet und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

Antragsgegnerin,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen eines Antrags nach den Art. 278 und 279 AEUV, gerichtet auf die Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses C(2016) 6950 final der Kommission vom 28. Oktober 2016 zur Überprüfung der nach der Richtlinie 2003/55/EG gewährten Ausnahme der Ostseepipeline-Anbindungsleitung von den Anforderungen für den Netzzugang Dritter und die Entgeltregulierung

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Mit der Entscheidung K(2009) 4694 vom 12. Juni 2009 forderte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Bundesnetzagentur (BNetzA, Deutschland) gemäf‌l Art. 22 der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. 2003, L 176, S. 57) auf, die Entscheidung vom 25. Februar 2009 zu ändern, mit der die BNetzA die Transportkapazitäten des Gasfernleitungsvorhabens Ostseepipeline-Anbindungsleitung (im Folgenden: OPAL), bei dem es sich um die im Osten gelegene terrestrische Anbindung der Gasfernleitung Nord-Stream 1 handelt, dessen Einspeisepunkt bei der Ortschaft Lubmin in der Nähe von Greifswald (Deutschland) und dessen Ausspeisepunkt in Brandov (Tschechische Republik) liegt, von der Anwendung der in Art. 18 der genannten Richtlinie vorgesehenen Regeln über den Netzzugang Dritter und von der in ihrem Art. 25 Abs. 2 bis 4 vorgesehenen Tarifregelung ausgenommen hat.

2 Die Entscheidung der Kommission vom 12. Juni 2009 legte folgende Bedingungen fest:

„a) Ein Unternehmen, das in einem oder mehreren der relevanten vor- oder nachgelagerten Erdgasmärkte, welche die Tschechische Republik umfassen, marktbeherrschend ist, darf, vorbehaltlich der Regelung in Buchstabe (b), in keinem Jahr mehr als 50 % der Ausspeisekapazität der OPAL-Pipeline an der tschechischen Grenze buchen. Die Buchungen von Unternehmen, die zur selben Unternehmensgruppe gehören wie Gazprom und Wingas, werden zusammen betrachtet. Buchungen von marktbeherrschenden Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen, zwischen denen langfristige und wesentliche Gasliefervereinbarungen bestehen …, werden aggregiert betrachtet …

  1. Die Kapazitätsobergrenze von 50 % darf überschritten werden, wenn das betroffene Unternehmen … auf der OPAL eine Gasmenge von 3 Mrd. m3/a dem Markt in einem offenen, transparenten und nichtdiskriminierenden Verfahren anbietet (,Gas-Release-Programm‘). Die Betreibergesellschaft bzw. das (die) Unternehmen, welche(s) zur Ausführung des Gas-Release-Programms verpflichtet ist (sind), muss (müssen) die Verfügbarkeit korrespondierender Transportkapazität mit frei wählbarem Ausspeisepunkt gewährleisten (,Capacity-Release-Programm‘). Die Ausgestaltung des Gas-Release- und des Capacity-Release-Programms ist von der BNetzA zu genehmigen.“

3 Am 7. Juli 2009 änderte die BNetzA ihre Entscheidung vom 25. Februar 2009 und passte sie diesen in der Entscheidung der Kommission vom 12. Juni 2009 vorgesehenen Bedingungen an. Die BNetzA gewährte die Ausnahme von den Regelungen für die Dauer von 22 Jahren.

4 Die OPAL-Gasfernleitung wurde am 13. Juli 2011 in Betrieb genommen und hat eine jährliche Kapazität von rund 36,5 Mrd. m3. Aufgrund der Entscheidung der Kommission vom 12. Juni 2009 und der Entscheidung der BNetzA vom 25. Februar 2009 in der durch deren Entscheidung vom 7. Juli 2009 geänderten Fassung wurde die gesamte Kapazität der OPAL-Gasfernleitung von der Anwendung der Bestimmungen über den regulierten Netzzugang Dritter und von der Entgeltregulierung gemäf‌l der Richtlinie 2003/55 ausgenommen.

5 Die nicht reservierten 50 % der Kapazität dieser Gasfernleitung wurden nie genutzt, weil Gazprom das in der Entscheidung der Kommission vom 12. Juni 2009 genannte Gas-Release-Programm nicht umgesetzt hat. Die Einspeisekapazität der Gasfernleitung in der Nähe von Greifswald ist nur für Dritte von Interesse, die in der Lage sind, Gas an diesem Punkt der Gasfernleitung einzuspeisen. Bei der derzeitigen technischen Konfiguration kann Erdgas an diesem Einspeisepunkt nur über die Gasfernleitung Nord-Stream 1 angeliefert werden, die von der Gazprom-Gruppe genutzt wird, um Gas aus russischen Gasfeldern zu transportieren, so dass offenbar von vornherein nur 50 % der Transportkapazität der OPAL-Gasfernleitung genutzt werden.

6 Am 13. Mai 2016 teilte die BNetzA der Kommission gemäf‌l Art. 36 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. 2009, L 211, S. 94) ihre Absicht mit, einige Bestimmungen der 2009 gewährten Ausnahme in Bezug auf den von der Opal Gastransport GmbH & Co. KG (im Folgenden: OGT) betriebenen Abschnitt der OPAL-Gasfernleitung zu ändern.

7 Am 28. Oktober 2016 erlief‌l die Kommission gemäf‌l Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2009/73 den Beschluss C(2016) 6950 final zur Überprüfung der nach der Richtlinie 2003/55 gewährten Ausnahme der Ostseepipeline-Anbindungsleitung von den Anforderungen für den Netzzugang Dritter und die Entgeltregulierung (im Folgenden: angefochtener Beschluss), der an die BNetzA gerichtet ist.

8 In dem angefochtenen Beschluss erhielt die Kommission ihre schon im Beschluss vom 12. Juni 2009 erteilte Genehmigung der Ausnahme der Gasfernleitung OPAL von den Anforderungen an den Netzzugang Dritter für den Abschnitt zwischen dem Einspeisepunkt in der Nähe von Greifswald und dem Ausspeisepunkt Brandov für eine Kapazitätsobergrenze von 50 % aufrecht. Hingegen wurden die verbleibenden - und bislang mangels Umsetzung des Gas-Release-Programms durch Gazprom nicht genutzten - 50 % der Kapazität dieses Abschnitts freigegeben, d. h. den Regeln über den Netzzugang Dritter unterworfen. Diese Freigabe muss durch eine Zuweisung der Transportkapazitäten erfolgen, die der Betreiber der Gasfernleitung im Rahmen von transparenten und nicht diskriminierenden Auktionen zu erteilen hat.

9 Da diese diskriminierungsfreie und transparente Überlassung auf diese Weise freigegebener Transportkapazitäten de facto auch dazu führen konnte, dass Gazprom eksport sie nutzt, erhöhte die Kommission die von der BNetzA vorgeschlagene Obergrenze für die Verbindungskapazitäten des Typs FZK (feste frei zuordenbare Kapazitäten) am Ausspeisepunkt der Gasfernleitung, um sicherzustellen, dass Dritte effektiven Zugang zu den „freigegebenen“ Kapazitäten haben können.So hat der Betreiber der OPAL-Gasfernleitung anderen Nutzern als dem Unternehmen, das den tschechischen Erdgasmarkt beherrscht, im Rahmen einer Versteigerung FZK-Verbindungskapazitäten in einem anfänglichen Umfang von 3,2 Mio. kWh zur Verfügung zu stellen. Sollte sich jedoch bei der jährlichen Auktion herausstellen, dass die Nachfrage nach FZK-Verbindungskapazitäten am Ausspeisepunkt Brandov 90 % der angebotenen Kapazitäten übersteigt, ist die BNetzA verpflichtet, die verfügbaren FZK-Kapazitäten bei der nächsten jährlichen Auktion um 1,6 Mio. kWh zu erhöhen. Die verfügbaren FZK-Kapazitäten können langfristig 6,4 Mio. kWh, d. h. 20 % der Gesamtkapazität der OPAL-Gasfernleitung, erreichen.

10 Auf‌lerdem führte die Kommission in Anbetracht der mehrstufig aufsteigenden Natur der Auktionen und um zu verhindern, dass die in der Tschechischen Republik marktbeherrschende Einheit ihre Mitbewerber überbietet, eine zusätzliche Bedingung ein, nach der eine solche Einheit ihre Gebote im Rahmen der Auktion der FZK-Kapazitäten nur zum Basispreis der Kapazitäten abgeben kann, was somit bedeutet, dass der gebotene Preis den durchschnittlichen Basispreis der regulierten Entgelte im Fernleitungsnetz vom Gaspool-Marktgebiet in Deutschland nach der Tschechischen Republik, der im selben Jahr für vergleichbare Produkte gilt, nicht übersteigen kann.

11 Am 28. November 2016 änderte die BNetzA die dem Betreiber der OPAL-Gasfernleitung mit ihrer Entscheidung vom 25. Februar 2009 gewährte Ausnahme im Einklang mit dem angefochtenen Beschluss.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

12 Mit Klageschrift, die am 16. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat...

To continue reading

Request your trial

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT