Urteile nº T-373/15 of Tribunal General de la Unión Europea, June 19, 2019

Resolution DateJune 19, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-373/15

„Staatliche Beihilfen - Einzelbeihilfen zugunsten des Nürburgring-Komplexes für den Bau eines Freizeitparks, von Hotels und Restaurants sowie für die Ausrichtung von Motorsportrennen - Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden - Beschluss, mit dem festgestellt wird, dass die Rückzahlung der für unvereinbar erklärten Beihilfen nicht den neuen Eigentümer des Nürburgring-Komplexes betreffe - Nichtigkeitsklage - Keine spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung - Verein - Status eines Verhandlungsführers - Unzulässigkeit - Beschluss, mit dem am Ende der Vorprüfungsphase festgestellt wird, dass keine staatliche Beihilfe vorliege - Nichtigkeitsklage - Beteiligter - Rechtsschutzinteresse - Zulässigkeit - Verletzung der Verfahrensrechte der Beteiligten - Fehlen von Schwierigkeiten, die die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens erfordern - Beschwerde - Veräuflerung der Vermögenswerte der Empfänger der mit dem Binnenmarkt für unvereinbar erklärten staatlichen Beihilfen - Offenes, transparentes, diskriminierungs- und bedingungsfreies Bietverfahren - Begründungspflicht - Grundsatz der guten Verwaltung“

In der Rechtssache T-373/15

Ja zum Nürburgring e. V. mit Sitz in Nürburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte D. Frey und M. Rudolph sowie Rechtsanwältin S. Eggerath, dann Rechtsanwälte D. Frey und M. Rudolph,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, T. Maxian Rusche und B. Stromsky als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage gemäfl Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/151 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe Deutschlands SA.31550 (2012/C) (ex 2012/NN) zugunsten des Nürburgrings (ABl. 2016, L 34, S. 1) erlässt

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius, P. Nihoul, J. Svenningsen und U. Öberg (Berichterstatter),

Kanzler: K. Guzdek, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2018

folgendes

Urteil

  1. Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1 Der im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz gelegene Nürburgring-Komplex (im Folgenden: Nürburgring) umfasst eine Motorsport-Rennstrecke (im Folgenden: Nürburgring-Rennstrecke), einen Freizeitpark, Hotels und Restaurants.

    2 Zwischen 2002 und 2012 erhielten die Eigentümer des Nürburgrings (im Folgenden: Veräuflerer), d. h. die öffentlichen Unternehmen Nürburgring GmbH, Motorsport Resort Nürburgring GmbH und Congress- und Motorsport Hotel Nürburgring GmbH, hauptsächlich von Seiten des Landes Rheinland-Pfalz Unterstützungsmaflnahmen für den Bau eines Freizeitparks, von Hotels und Restaurants sowie für die Ausrichtung von Formel-1-Rennen.

    A. Verwaltungsverfahren und Veräuflerung der Vermögenswerte des Nürburgrings

    3 Am 5. April 2011 legte der Kläger, der Ja zum Nürburgring e. V., ein deutscher Motorsportverband, der die Wiederherstellung und Förderung einer Motorsport-Rennstrecke am Nürburgring zum Ziel hat, bei der Europäischen Kommission eine erste Beschwerde in Bezug auf Beihilfen ein, die von der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Nürburgring-Rennstrecke gezahlt worden waren.

    4 Mit Schreiben vom 21. März 2012 setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, bezüglich der verschiedenen zwischen 2002 und 2012 zugunsten des Nürburgrings durchgeführten Unterstützungsmaflnahmen ein förmliches Prüfverfahren gemäfl Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten. Mit diesem Beschluss, von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde (ABl. 2012, C 216, S. 14), forderte die Kommission die Beteiligten auf, zu den betreffenden Maflnahmen Stellung zu nehmen.

    5 Aufgrund der Gewährung weiterer Unterstützungsmaflnahmen, die die Bundesrepublik Deutschland bei ihr angemeldet hatte, beschloss die Kommission, das förmliche Prüfverfahren auf diese neuen Maflnahmen auszuweiten. Der Beschluss wurde der Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben vom 7. August 2012 mitgeteilt. Mit diesem Beschluss, von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt veröffentlicht wurde (ABl. 2012, C 333, S. 1), forderte die Kommission die Beteiligten auf, zu den weiteren Maflnahmen Stellung zu nehmen.

    6 Am 24. Juli 2012 stellte das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler (Deutschland) die Zahlungsunfähigkeit der Veräuflerer fest. Am 1. November 2012 eröffnete es ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Es wurde entschieden, die Vermögenswerte der Veräuflerer zu verkaufen (im Folgenden: Veräuflerung der Vermögenswerte des Nürburgrings). Die Veräuflerer benannten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG als Rechts- und Finanzberater.

    7 Am 1. November 2012 wurde die Verwaltung des Nürburgrings der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH anvertraut, einer vom Eigenverwalter bzw. Sanierungsgeschäftsführer und vom Sachwalter (im Folgenden zusammen: Verwalter), die das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler bestellt hatte, gegründeten 100%igen Tochtergesellschaft eines der Veräuflerer, der Nürburgring GmbH.

    8 Am 15. Mai 2013 wurde ein Bietverfahren zur Veräuflerung der Vermögenswerte des Nürburgrings (im Folgenden: Bietverfahren) eingeleitet.

    9 Am 23. Mai 2013 wies die Kommission die Bundesrepublik Deutschland und die Verwalter auf die Kriterien hin, die das Bietverfahren erfüllen müsse, um beihilferechtlich relevante Aspekte auszuschlieflen, und informierte sie über die Verpflichtung des noch zu bestimmenden Erwerbers, etwaige ihm gewährte Vorteile zurückzuerstatten. Hierüber hatte es seit Oktober 2012 Diskussionen zwischen der Kommission, der Bundesrepublik Deutschland und den Verwaltern gegeben.

    10 Das Bietverfahren hatte folgenden Ablauf:

    - Am 14. Mai 2013 wurde die Einleitung des Bietverfahrens mit einer Pressemitteilung eines der Verwalter angekündigt.

    - Am 15. Mai 2013 veröffentlichte KPMG in der Financial Times, im Handelsblatt und auf der Website des Nürburgrings eine Aufforderung zur Abgabe einer Interessenbekundung.

    - 70 potenzielle Erwerber bekundeten ihr Interesse, darunter der Kläger und der deutsche Automobilclub ADAC e. V.

    - Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 erhielten die interessierten Investoren Unterlagen zum Nürburgring und wurden gebeten, ein indikatives Angebot abzugeben, und zwar für alle Vermögensgegenstände, für definierte Einheiten oder für einzelne Vermögenswerte.

    - Die Frist für die Abgabe eines indikativen Angebots wurde zunächst mit Schreiben vom 19. Juli 2013 auf den 12. September 2013 festgesetzt, dann mit Schreiben vom 12. September 2013 auf den 26. September 2013. In jedem dieser Schreiben hiefl es, dass auch nach Fristablauf abgegebene Angebote berücksichtigt würden.

    - Anfang Februar 2014 hatten 24 Interessenten ein indikatives Angebot abgegeben, darunter der ADAC, dessen Angebot nur die Nürburgring-Rennstrecke betraf. 18 von ihnen wurden zur Due-Diligence-Prüfung zugelassen, der ADAC gehörte nicht dazu.

    - Für die zur nächsten Phase des Bietverfahrens zugelassenen Interessenten wurde die Frist für die Abgabe von bestätigenden Angeboten, die vollständig finanziert sein und einen vorverhandelten Vertrag für den Kauf der Vermögensgegenstände umfassen mussten, zunächst mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 auf den 11. Dezember 2013 und sodann mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 auf den 17. Februar 2014 festgesetzt. In letzterem Schreiben hiefl es, dass nach Fristablauf abgegebene Angebote zwar auch berücksichtigt würden, die Veräuflerer aber schon kurz nach Ablauf der Frist für die Abgabe von Angeboten entscheiden könnten, welcher Interessent den Zuschlag erhalte.

    - 13 Interessenten gaben bestätigende Angebote ab, darunter vier, deren Angebot sich auf alle Vermögensgegenstände bezog, nämlich die Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft GmbH (im Folgenden: Capricorn oder Erwerber), ein zweiter Bieter (im Folgenden: Bieter 2), ein dritter Bieter (im Folgenden: Bieter 3) und ein vierter Interessent.

    - Gemäfl den Schreiben an die interessierten Investoren vom 19. Juli und vom 17. Oktober 2013 sollten die Investoren nach Maflgabe von Erfordernissen zum einen der Wertmaximierung über alle Vermögenswerte und zum anderen der Transaktionssicherheit ausgewählt werden. In Anwendung dieser Kriterien wurden in der letzten Phase des Bietverfahrens die Angebote des Bieters 2 und von Capricorn berücksichtigt, die zum einen die Übernahme aller Vermögenswerte des Nürburgrings anboten und zum anderen einen Nachweis der finanziellen Solidität ihres jeweiligen Angebots vom 7. bzw. 11. März 2014 vorgelegt hatten. Entwürfe von Veräuflerungsverträgen wurden mit beiden Bietern parallel ausgehandelt.

    - Am 11. März 2014 genehmigte der Ausschuss der Gläubiger der Veräuflerer im Rahmen des die Veräuflerer betreffenden Insolvenzverfahrens die Veräuflerung der Vermögenswerte des Nürburgrings an Capricorn, deren Angebot sich auf 77 Mio. Euro belief, während das Angebot des Bieters 2 bei 47 bis 52 Mio. Euro lag.

    11 Am 23. Dezember 2013 legte der Kläger bei der Kommission eine zweite Beschwerde ein, in der er geltend machte, das Bietverfahren sei nicht transparent und diskriminierungsfrei. Der noch zu bestimmende Erwerber werde somit neue Beihilfen erhalten und für die Kontinuität der wirtschaftlichen Aktivitäten der Veräuflerer sorgen, so dass sich die Anordnung der Rückforderung der von den Veräuflerern empfangenen Beihilfen auf ihn erstrecken müsse.

    B. Angefochtene Entscheidungen

    12 Am 1. Oktober 2014 erliefl die Kommission den Beschluss (EU) 2016/151 über die staatliche Beihilfe Deutschlands SA.31550 (2012/C) (ex 2012/NN) zugunsten des Nürburgrings (ABl. 2016, L 34, S. 1, im Folgenden: abschlieflender Beschluss).

    13 In Art. 2 des abschlieflenden Beschlusses stellte die Kommission fest, dass bestimmte Unterstützungsmaflnahmen zugunsten der Veräuflerer (im Folgenden: Beihilfen an die Veräuflerer) rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien.

    14 In Art. 3 Abs. 2 des abschlieflenden Beschlusses entschied die...

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