Urteile nº T-583/18 of Tribunal General de la Unión Europea, October 05, 2020

Resolution DateOctober 05, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-583/18

„Staatliche Beihilfen - Öffentlicher Personenverkehr - Ausgleich für Kosten, die mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verbunden sind - Verpflichtung zur Festlegung von Höchsttarifen für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität - ß 7a des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes - Beschluss, keine Einwände zu erheben - Art. 3 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 - Transferzahlungen eines Landes an kommunale Aufgabenträger im Beförderungswesen - Begriff der Beihilfe“

In der Rechtssache T-583/18,

Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V. (GVN) mit Sitz in Hannover (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Antweiler,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Tomat und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch J. Möller, D. Klebs und S. Heimerl als Bevollmächtigte,

und durch

Land Niedersachsen (Deutschland), vertreten durch die Rechtsanwältinnen S. Barth und H. Gading,

Streithelfer,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 4385 final der Kommission vom 12. Juli 2018, keine Einwände gegen die vom Land Niedersachsen gemäfl ß 7a des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes erlassene Maflnahme zu erheben (Sache SA.46538 [2017/NN]) (ABl. 2018, C 292, S. 1),

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie des Richters U. Öberg (Berichterstatter) und der Richterin O. Spineanu-Matei,

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2020

folgendes

Urteil

1 Mit der vorliegenden Klage beantragt der Kläger, der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V. (GVN), die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 4385 final der Kommission vom 12. Juli 2018, keine Einwände gegen die vom Land Niedersachsen gemäfl ß 7a des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes erlassene Maflnahme zu erheben (Sache SA.46538 [2017/NN]) (ABl. 2018, C 292, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2 Der Kläger ist ein Wirtschaftsverband, der die Interessen von rund 3 400 Unternehmen des privaten Verkehrsgewerbes in Niedersachsen vertritt, die u. a. im Bereich des Omnibus- und Tourismusverkehrs tätig sind.

3 Am 28. September 2016 legte der Kläger bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen die vom Entwurf von ß 7a des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (im Folgenden: NNVG) vorgesehene Maflnahme ein. Am 21. Oktober 2016 wurde bei der Kommission eine zweite Beschwerde über dieselbe Maflnahme eingereicht.

4 Am 16. Dezember 2016 übermittelte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland eine nicht vertrauliche Fassung der Beschwerde des Klägers zusammen mit einem Auskunftsersuchen, das am 15. Februar 2017 von der Bundesrepublik Deutschland beantwortet wurde.

5 Am 5. Juli 2017 teilte die Kommission dem Kläger nach Abschluss der Vorprüfungsphase ihre Schlussfolgerungen mit und stellte fest, dass keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege.

6 Mit Schreiben vom 1. August 2017 erhielt der Kläger seine Beschwerde aufrecht. Sie richte sich nach dem Inkrafttreten des NNVG am 1. Januar 2017 nunmehr unmittelbar gegen ß 7a NNVG.

7 Am 4. August 2017 übermittelte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland eine nicht vertrauliche Fassung des Antwortschreibens des Klägers zusammen mit einem neuen Auskunftsersuchen, das von der Bundesrepublik Deutschland am 1. September 2017 beantwortet wurde.

8 Am 12. Juli 2018 erliefl die Kommission den angefochtenen Beschluss, in dem sie zu dem Ergebnis gelangte, dass keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege.

9 In dem angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass nach ß 7a Abs. 1 NNVG den kommunalen Aufgabenträgern im Beförderungswesen (im Folgenden: kommunale Aufgabenträger) die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung für Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs obliege. Gemäfl ß 7a Abs. 2 NNVG müssten die Behörden des Landes Niedersachsen den kommunalen Aufgabenträgern als Gegenleistung für ihre Verpflichtung, u. a. eine Ermäfligung von 25 % für Fahrten im Ausbildungsverkehr sicherzustellen, eine jährliche Finanzhilfe gewähren, die diese anschlieflend den im öffentlichen Personennahverkehr tätigen Unternehmen des Landes (im Folgenden: Endbegünstigten) zukommen lieflen (im Folgenden: streitige Maflnahme).

10 Hierbei vertrat die Kommission die Auffassung, dass ß 7a NNVG durch die Ersetzung von ß 45a des Personenbeförderungsgesetzes (im Folgenden: PBefG) zu einer Übertragung von Finanzmitteln zwischen den Behörden des Landes Niedersachsen und den kommunalen Aufgabenträgern geführt habe, ohne dass diese Mittel jedoch die staatliche Sphäre verlassen hätten. Die Tatsache, dass nach ß 7a NNVG nunmehr die kommunalen Aufgabenträger für die Gewährung finanzieller Ausgleichszahlungen an die Endbegünstigten zuständig seien, wohingegen vor Inkrafttreten dieser Bestimmung nur das Land einen solchen Ausgleich habe gewähren können, erlaube nicht, eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV festzustellen.

Verfahren und Anträge der Parteien

11 Mit Klageschrift, die am 26. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

12 Mit Entscheidung vom 11. Februar 2019 hat die Präsidentin der Ersten Kammer des Gerichts die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

13 Mit Beschluss vom 23. Mai 2019 hat das Gericht das Land Niedersachsen (Deutschland) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

14 Das Gericht (Fünfte Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

15 In der Sitzung haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

16 Der Kläger beantragt, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären.

17 Die Kommission, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land Niedersachsen, beantragt,

- die Klage als unzulässig abzuweisen;

- hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

- dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit

18 Ohne förmlich die Einrede der Unzulässigkeit gemäfl Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, macht die Kommission...

To continue reading

Request your trial

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT