Beschlüsse nº T-805/19 of Tribunal General de la Unión Europea, October 20, 2020

Resolution DateOctober 20, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-805/19

„Unionsmarke - Anmeldung der Unionsbildmarke ultrasun - Absolutes Eintragungshindernis - Beschreibender Charakter - Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001 - Klage, der offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt“

In der Rechtssache T-805/19

Ultrasun AG mit Sitz in Zürich (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. von Mühlendahl und H. Hartwig,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Markakis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 5. September 2019 (Sache R 531/2019-4) über die Anmeldung des Bildzeichens ultrasun als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Marcoulli (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Schwarcz und C. Iliopoulos,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 21. November 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 6. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

folgenden

Beschluss

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 11. Mai 2018 meldete die Klägerin, die Ultrasun AG, nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3 Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 3 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Sonnenschutzmittel für das Haar; Sonnenschutzcremes; Kosmetische Sonnenschutzlippenstifte; Sonnenschutzmittel; Wasserundurchlässige Sonnenschutzmittel; Sonnenschutzmittel für die Lippen [Kosmetika]; Funktionelle Kosmetika; Sonnenschutzlotionen; Sonnenschutzpräparate [Kosmetika]; Kosmetika; Sonnenschutzcremes [Kosmetika]; Kosmetische Sonnenschutzmittel; Sonnenschutz“.

4 Mit Entscheidung vom 3. Januar 2019 wies der Prüfer die Anmeldung der Marke auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001 zurück.

5 Am 6. März 2019 legte die Klägerin beim EUIPO nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6 Mit Entscheidung vom 5. September 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie führte aus, zum einen sei das in Rede stehende Zeichen für alle betroffenen Waren eine beschreibende Angabe und deshalb gemäfl Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 von der Eintragung auszuschlieflen. Zum anderen sei es gemäfl Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 von der Eintragung auszuschlieflen, da es nicht geeignet sei, die betroffenen Waren nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.

Anträge der Parteien

7 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten einschliefllich der Kosten im Verfahren vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen.

8 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

9 Nach Art. 126 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn einer Klage offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, auf Vorschlag des Berichterstatters jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

10 Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht aufgrund der Aktenlage für hinreichend unterrichtet und trifft die Entscheidung, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, obwohl eine Partei, hier die Klägerin, beantragt hat, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2018, Apcoa Parking Holdings/EUIPO, C-32/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:396, Rn. 22 bis 24, und Beschluss vom 12. September 2019, Puma/EUIPO [SOFTFOAM], T-182/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:604, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).

11 Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie im Wesentlichen einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie im Wesentlichen einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend. Der dritte Klagegrund wird auf einen Verstofl gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 gestützt.

12 Das Gericht hält es für zweckmäflig, als Erstes den dritten Klagegrund zu prüfen.

Zum dritten Klagegrund, mit dem ein Verstofl gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 gerügt wird

13 Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe den Sachverhalt unvollständig und fehlerhaft ermittelt. Für den Nachweis der Bedeutung des Wortelements „ultra“ verweise die Beschwerdekammer auf einen Eintrag aus dem Online-Wörterbuch „Oxford Dictionary“. Der in der Entscheidung angegebene Link leite aber zu einer anderen Website mit einer anderen Definition des Wortelements „ultra“ weiter. Die Beschwerdekammer habe damit ihrer Entscheidung eine Definition zugrunde gelegt, für die es keinen Beweis gebe.

14 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

15 Gemäfl Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 haben die Prüfer des EUIPO und, auf Beschwerde, seine Beschwerdekammern bei der Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, um festzustellen, ob die angemeldete Marke unter eines der Eintragungshindernisse in Art. 7 der Verordnung fällt. Infolgedessen können sich die zuständigen Stellen des EUIPO veranlasst sehen, ihre Entscheidungen auf Tatsachen zu stützen, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind. Das EUIPO hat von Amts wegen den relevanten Sachverhalt zu ermitteln, der es zu der Feststellung veranlassen könnte, dass ein absolutes Eintragungshindernis vorliegt (vgl. Urteil vom 3. Mai 2018, Raise Conseil/EUIPO - Raizers (RAISE), T-463/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:249, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16 Aus der Rechtsprechung geht ferner hervor, dass Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 Ausdruck der Sorgfaltspflicht ist, nach der die zuständige Behörde alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen hat (vgl. Urteil vom 14. Februar 2019, Torro Entertainment/EUIPO - Grupo Osborne [TORRO Grande MEAT IN STYLE], T-63/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:89, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das Wort „ultra“ im Englischen „going beyond what is usual or ordinary; excessive, extreme, immoderate“ (über das Übliche oder Gewöhnliche hinausgehend; übertrieben, extrem, übermäflig) bedeute. In Verbindung mit dem Wortelement „sun“ (Sonne) werde die angemeldete Marke daher im Sinne von „extrem Sonne“ verstanden.

18 Um ihr Verständnis des Wortelements „ultra“ zu belegen, verwies die Beschwerdekammer insbesondere auf den Link zu folgender Internetseite: https://en.oxforddictionaries.com/definition/ultra-. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieser Link zu einer anderen Internetseite namens „Lexico - Powered by Oxford“ (https://www.lexico.com/definition/ultra-) weiterleitet.

19 Erstens geht entgegen dem Vorbringen in den Schriftsätzen der Klägerin und des EUIPO aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Beschwerdekammer speziell auf das „Online-Wörterbuch Oxford Dictionary“ oder das „Oxford English Dictionary“ Bezug genommen hätte.

20 Zweitens ist unabhängig davon, auf welche Internetseiten die Links verweisen, unstreitig, dass diese die Definition des Wortelements „ultra“ in der englischen Sprache betreffen.

21 Drittens enthält, auch wenn der in der angefochtenen Entscheidung genannte Link nicht auf eine Internetseite verweist, auf der die von der Beschwerdekammer herangezogene Definition zu finden ist, die von dieser Internetseite übernommene Definition identische Elemente.

22 Insbesondere ist bei der Definition des Wortelements „ultra“ in dem von der Klägerin als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Auszug der Website „Lexico - Powered by Oxford“ davon die Rede, „über etwas hinaus“ zu gehen (beyond) oder „extrem“ zu sein (to an extreme degree).

23 Deshalb kann, ohne dass geklärt werden muss, ob die in der angefochtenen Entscheidung herangezogene Definition einem der Einträge für das Wortelement „ultra“ in der aktuellen Online-Version des „Oxford English Dictionary“ entspricht, auf dieser Grundlage nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdekammer nicht zu der Annahme berechtigt war, dass das Wortelement „ultra“ als Hinweis darauf wahrgenommen werde, dass etwas „extrem“ sein solle.

24 Darüber hinaus hat sich die Beschwerdekammer bei ihrer Prüfung der Bedeutung des Wortelements „ultra“ nicht nur auf die Definition in einem Online-Wörterbuch gestützt. Sie hat auch auf die Rn. 18 und 19 des Urteils vom 9. März 2015, ultra air/EUIPO - Donaldson Filtration Deutschland (ultra.air ultrafilter) (T-377/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:149), verwiesen.

25 In diesem von der Beschwerdekammer in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Urteil hat das Gericht festgestellt, dass das Wortelement „ultra“ eine lobende Konnotation aufweist und im Kontext der dortigen Rechtssache in der Bedeutung „hervorragend“ oder „auflerordentlich“ wahrgenommen wurde. Die von der Beschwerdekammer herangezogene Definition, wonach sich das Wortelement „ultra“ auf etwas beziehe, das „über das Übliche oder Gewöhnliche hinausgeht“, wird somit auch durch die Bezugnahme auf das Urteil vom 9. März 2015, ultra.air ultrafilter (T-377/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:149), gestützt.

26 Ohne dass noch der Klärung bedarf, ob die Bedeutung des Wortelements „ultra“, wie das...

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