Beschlüsse nº T-34/20 of Tribunal General de la Unión Europea, January 18, 2021

Resolution DateJanuary 18, 2021
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-34/20

„Nichtigkeitsklage - Staatliche Beihilfen - Softwarelösungen für Hochschulen - Steuervorteile und Finanzierung aus öffentlichen Geldern - Förmliches Prüfverfahren - Beschluss, mit dem die durchgeführten Maflnahmen als bestehende Beihilfen eingestuft werden - Keine individuelle Betroffenheit - Kein Rechtsakt mit Verordnungscharakter - Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T-34/20,

Datenlotsen Informationssysteme GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Lübbig,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch K. Blanck und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2020/391 der Kommission vom 20. September 2019 über die Maflnahme SA.34402-2015/C (ex 2015/NN) Deutschlands zugunsten der Hochschul-Informations-System GmbH (ABl. 2020, L 74, S. 22) erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, des Richters F. Schalin (Berichterstatter) und der Richterin P. Škvařilová-Pelzl,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Klägerin, die Datenlotsen Informationssysteme GmbH, ist ein deutsches Unternehmen, das seit 1993 Lösungen für die digitale Unterstützung von Lernen, Lehren, Forschen und Verwalten in Hochschulen anbietet.

2 Die Hochschul-Informations-System GmbH (im Folgenden: HIS) ist ein Unternehmen, das 1969 von der Stiftung Volkswagenwerk als gemeinnütziges Unternehmen gegründet wurde, um Dienstleistungen u. a. zur Deckung der Bedürfnisse der Hochschulen im Bereich der Hochschulplanung anzubieten.

3 Im Jahr 1976 ging HIS in das Eigentum des deutschen Staates und der deutschen Bundesländer über, die zwischen 1976 und 2014 ein Drittel bzw. zwei Drittel ihrer Gesellschaftsanteile hielten. Zu dieser Zeit erweiterte HIS ihr Angebot, indem sie neben Produkten für die Datenerhebung Verwaltungssysteme für Hochschulen, u. a. das Betriebssystem „SOS“, anbot.

4 Am 15. März 2012 legte die Klägerin bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie geltend machte, dass eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, bestehend aus Direktzuschüssen und Steuererleichterungen, die HIS gewährt worden seien, vorliege (unter dem Aktenzeichen SA.34402 [2012/NN] eingetragene Sache).

5 Am 28. Januar 2014 wurde HIS in eine Genossenschaft umgewandelt.

6 Mit Schreiben vom 25. August 2015 forderte die Klägerin die Kommission auf, ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV (im Folgenden: förmliches Prüfverfahren) einzuleiten.

7 Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der im Zeitraum 1976-2013 zugunsten von HIS getroffenen Maflnahmen das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden: Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens). Dieser Beschluss wurde der Klägerin übermittelt und am 4. März 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2016, C 85, S. 6) veröffentlicht.

8 Nach den Angaben in den Erwägungsgründen 7, 13 und 14 des Beschlusses zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens soll die Beihilfe zum einen aus Direktzuschüssen bestanden haben, die HIS aufgrund des Konsortialvertrags und der Satzung über die Arbeitsweise von HIS vom Bund und von den Ländern gewährt worden seien, um gemeinsam den Bedarf von HIS zu decken, da die Mittel, die sie durch ihre Tätigkeiten eingenommen habe, nicht ausgereicht hätten, um die ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen, und zum anderen aus Steuerbefreiungen auf der Grundlage des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes.

9 Im Anschluss an die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens forderte die Kommission die Beteiligten zur Stellungnahme auf. Zwischen dem 16. März und dem 4. Mai 2016 erhielt die Kommission schriftliche Stellungnahmen von Beteiligten, u. a. von der Klägerin. Mit Schreiben vom 24. Mai 2016 wurden diese Schriftsätze der Bundesrepublik Deutschland übermittelt, die mit Schreiben vom 19. Juli 2016 zu ihnen Stellung nahm. Im Lauf des förmlichen Prüfverfahrens führte die Kommission einen Schriftwechsel mit der Bundesrepublik Deutschland und der Klägerin, die ergänzende Informationen lieferte.

10 Im März 2018 teilte die Kommission der Klägerin auf deren Nachfrage mit, dass der Bundesrepublik Deutschland noch weitere Fragen vorzulegen seien, die sich im Rahmen des Abschlusses der in Rede stehenden Sache gestellt hätten. Im Mai 2018 erklärte die Kommission, dass die Prüfung der Antworten der Bundesrepublik Deutschland noch im Gange sei.

11 Am 15. Februar 2019 forderte die Klägerin die Kommission gemäfl Art. 265 Abs. 2 AEUV förmlich auf, das förmliche Prüfverfahren innerhalb von zwei Monaten abzuschlieflen.

12 Am 18. Juni 2019 erhob die Klägerin beim Gericht eine Untätigkeitsklage nach Art. 265 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 265 Abs. 1 und 2 AEUV.

13 Am 20. September 2019 erliefl die Kommission in der fraglichen Sache einen endgültigen Beschluss, und zwar den Beschluss (EU) 2020/391 über die Maflnahme SA.34402-2015/C (ex 2015/NN) Deutschlands zugunsten der HIS (ABl. 2020, L 74, S. 22) (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

14 Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die von der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1976 und 2013 zugunsten von HIS durchgeführten Maflnahmen, soweit es sich um staatliche Beihilfen gehandelt habe, bestehende Beihilfen nach Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) darstellten.

15 Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet wie folgt:

„Artikel 1

Die von Deutschland zwischen 1976 und 2013 zugunsten der Hochschul-Informations-System GmbH durchgeführten Maflnahmen stellten, soweit es sich um staatliche Beihilfen handelte, bestehende Beihilfen nach Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v der Verordnung (EU) 2015/1589 dar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.“

16 Mit Beschluss vom 2. März 2020, Datenlotsen Informationssysteme/Kommission (T-368/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:87), stellte das Gericht fest, dass die am 18. Juni 2019 eingereichte Untätigkeitsklage gegenstandslos geworden und daher die Hauptsache erledigt war. Ferner erlegte es der Kommission die der Klägerin in dieser Rechtssache entstandenen Kosten auf.

Verfahren und Anträge der Parteien

17 Am 20. Januar 2020 hat die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache Klage erhoben.

18 Am 7. April 2020 hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Kanzlei des Gerichts beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden.

19 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 24. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäfl Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

20 Am 3. Juli 2020 hat die Klägerin bei der Kanzlei des Gerichts ihre Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht.

21 Die Klägerin beantragt in der Klageschrift,

- den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

22 Die Kommission beantragt in der Einrede der Unzulässigkeit,

- die Klage als unzulässig abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

23 In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Klägerin, die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen oder die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage dem...

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