Agentsia „Patna infrastruktura“ contre Rakovoditel na Upravlyavashtia organ na Operativna programa „Transport“ 2007-2013 i direktor na direktsia „Koordinatsia na programi i proekti“ v Ministerstvo na transporta (RUO).
Jurisdiction | European Union |
Celex Number | 62022CJ0471 |
ECLI | ECLI:EU:C:2024:99 |
Date | 30 January 2024 |
Docket Number | C-471/22 |
Court | Court of Justice (European Union) |
Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
30. Januar 2024(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Kohäsionsfonds der Europäischen Union – Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 – Art. 99 und 101 – Finanzielle Berichtigungen im Zusammenhang mit aufgedeckten Unregelmäßigkeiten – Verordnung (EU) 2021/1060 – Art. 104 – Von der Kommission vorgenommene Finanzkorrekturen – Beschluss der Kommission, mit dem ein Beitrag aus diesem Fonds teilweise gestrichen wird – Gültigkeit – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 41 – Recht auf eine gute Verwaltung – Art. 47 Abs. 1 – Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf“
In der Rechtssache C‑471/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Verwaltungsgericht der Stadt Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 4. Juli 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juli 2022, in dem Verfahren
Agentsia „Patna infrastruktura“
gegen
Rakovoditel na Upravlyavashtia organ na Operativna programa „Transport“ 2007–2013 i direktor na direktsia „Koordinatsia na programi i proekti“ v Ministerstvo na transporta (RUO)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), M. Safjan, N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Agentsia „Patna infrastruktura“, vertreten durch I. Ivanov,
– des Rakovoditel na Upravlyavashtia organ na Operativna programa „Transport“ 2007–2013 i direktor na direktsia „Koordinatsia na programi i proekti“ v Ministerstvo na transporta (RUO), vertreten durch M. Georgiev,
– der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Mitova als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Carlin, D. Drambozova und G. Wils als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Gültigkeit des Beschlusses C(2021) 5739 final der Kommission vom 27. Juli 2021 über die teilweise Aufhebung des Kohäsionsfondsbeitrags für das operationelle Programm „Verkehr“ 2007–2013 im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ in Bulgarien (im Folgenden: Beschluss vom 27. Juli 2021) und zum anderen die Auslegung der Art. 41 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), von Art. 296 Abs. 3 AEUV sowie der Art. 98 und 100 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl. 2006, L 210, S. 25).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Agentsia „Patna infrastruktura“ (Agentur für Straßeninfrastruktur, Bulgarien) (im Folgenden: API) und dem Rakovoditel na Upravlyavashtia organ na Operativna programa „Transport“ 2007–2013 i direktor na direktsia Koordinatsia na programi i proekti v Ministerstvo na transporta (Leiter der Verwaltungsbehörde des operationellen Programms „Verkehr“ 2007–2013 und Direktor der Direktion für Programm- und Projektkoordinierung im Verkehrsministerium, Bulgarien) (im Folgenden: Verwaltungsbehörde) über eine von der Verwaltungsbehörde gegenüber der API mit Schreiben vom 29. Dezember 2021 vorgenommene Finanzkorrektur in Höhe von 5 % des Wertes eines Vertrags vom 27. Februar 2012, der durch eine in Durchführung des operationellen Programms „Verkehr“ 2007–2013 gewährte Subvention finanziert wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Der 65. Erwägungsgrund der in zeitlicher Hinsicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Verordnung Nr. 1083/2006 lautete:
„Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollten für die Umsetzung und die Kontrolle der Interventionen in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig sein.“
4 Art. 2 Nr. 7 dieser Verordnung bestimmte:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
7. ‚Unregelmäßigkeit‘ jeden Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers, die dadurch einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union bewirkt hat oder haben würde, dass ihm eine ungerechtfertigte Ausgabe angelastet werden muss oder müsste.“
5 Art. 60 („Aufgaben der Verwaltungsbehörde“) der Verordnung sah vor:
„Die Verwaltungsbehörde ist verantwortlich dafür, dass das operationelle Programm im Einklang mit dem Grundsatz der wirtschaftlichen Haushaltsführung verwaltet und durchgeführt wird; sie hat insbesondere
a) sicherzustellen, dass die zu finanzierenden Vorhaben nach den für das operationelle Programm geltenden Kriterien ausgewählt werden und während ihrer Durchführung stets den geltenden gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entsprechen;
…“
6 Art. 70 („Verwaltung und Kontrolle“) Abs. 1 und 2 der Verordnung bestimmte:
„(1) Die Mitgliedstaaten sind zuständig für die Verwaltung und Kontrolle der operationellen Programme und treffen hierzu insbesondere folgende Maßnahmen:
a) Sie sorgen dafür, dass Verwaltungs- und Kontrollsysteme für die operationellen Programme nach den Artikeln 58 bis 62 eingerichtet werden und wirksam funktionieren.
b) Sie treffen vorbeugende Maßnahmen gegen Unregelmäßigkeiten, decken sie auf und korrigieren sie und ziehen rechtsgrundlos gezahlte Beträge, gegebenenfalls mit Verzugszinsen, wieder ein. Sie unterrichten die [Europäische] Kommission darüber und halten sie über den Stand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren auf dem Laufenden.
(2) Können rechtsgrundlos an einen Begünstigten gezahlte Beträge nicht wieder eingezogen werden, so haftet der Mitgliedstaat für die Erstattung der verlorenen Beträge an den Gesamthaushalt der Europäischen Union, wenn nachgewiesen wird, dass der Verlust durch einen ihm anzulastenden Fehler oder durch seine Fahrlässigkeit entstanden ist.“
7 Art. 98 („Finanzielle Berichtigungen durch die Mitgliedstaaten“) der Verordnung Nr. 1083/2006 bestimmte:
„(1) Es obliegt in erster Linie den Mitgliedstaaten, Unregelmäßigkeiten zu untersuchen, bei nachgewiesenen erheblichen Änderungen, welche sich auf die Art oder die Bedingungen für die Durchführung und Kontrolle der Vorhaben oder der operationellen Programme auswirken, zu handeln und die erforderlichen finanziellen Berichtigungen vorzunehmen.
(2) Der Mitgliedstaat nimmt die finanziellen Berichtigungen vor, die aufgrund der im Rahmen von Vorhaben oder operationellen Programmen festgestellten vereinzelten oder systembedingten Unregelmäßigkeiten notwendig sind. Die vom Mitgliedstaat vorgenommenen Berichtigungen erfolgen, indem der öffentliche Beitrag zum operationellen Programm ganz oder teilweise gestrichen wird. Der Mitgliedstaat berücksichtigt Art und Schweregrad der Unregelmäßigkeiten sowie den dem Fonds entstandenen finanziellen Verlust.
…“
8 Art. 99 („Kriterien für finanzielle Berichtigungen“) der Verordnung lautete:
„(1) Die Kommission kann finanzielle Berichtigungen vornehmen, indem sie den Gemeinschaftsbeitrag zu einem operationellen Programm ganz oder teilweise streicht, wenn sie nach der notwendigen Untersuchung zu dem Schluss gelangt, dass
a) das Verwaltungs- und Kontrollsystem für das Programm einen schwer wiegenden Mangel aufweist, der ein Risiko für den bereits für das Programm gezahlten Gemeinschaftsbeitrag darstellt;
b) die in einer bescheinigten Ausgabenerklärung geltend gemachten Ausgaben mit Unregelmäßigkeiten behaftet sind und vom Mitgliedstaat vor Einleitung des Berichtigungsverfahrens nach diesem Absatz nicht berichtigt wurden;
c) ein Mitgliedstaat vor Einleitung des Berichtigungsverfahrens nach diesem Absatz seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 98 nicht nachgekommen ist.
(2) Die Kommission legt die Höhe der finanziellen Berichtigung anhand einzelner ermittelter Unregelmäßigkeiten fest, wobei sie berücksichtigt, ob eine Unregelmäßigkeit systembedingt ist, um zu entscheiden, ob eine pauschale oder extrapolierte Berichtigung vorzunehmen ist.
(3) Die Kommission setzt die Höhe einer Berichtigung nach Maßgabe der Art und des Schweregrads der Unregelmäßigkeit sowie des Umfangs und der finanziellen Auswirkungen der in dem betreffenden operationellen Programm festgestellten Mängel fest.
(4) Stützt die Kommission ihre Stellungnahme auf die Feststellungen kommissionsexterner Prüfer, so trifft sie ihre eigene Schlussfolgerung in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen erst, nachdem sie die von dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 98 Absatz 2 getroffenen Maßnahmen, die gemäß Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe b vorgelegten Berichte und alle Antworten des Mitgliedstaats geprüft hat.
(5) Kommt ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus Artikel 15 Absatz 4 nicht nach, so kann die Kommission je nach Schweregrad der Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen eine finanzielle Berichtigung vornehmen, indem sie den Beitrag aus den Strukturfonds für den betroffenen Mitgliedstaat ganz oder teilweise streicht.
Der Satz für die finanzielle Berichtigung nach diesem Absatz wird in den Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung festgesetzt, die die Kommission nach dem in Artikel 103 Absatz 3 genannten Verfahren erlässt.“
9 Art. 100 („Verfahren“) der Verordnung sah vor:
„(1) Bevor die Kommission eine finanzielle Berichtigung beschließt, eröffnet sie das Verfahren, indem sie den Mitgliedstaat über ihre vorläufigen Schlussfolgerungen in Kenntnis setzt und ihn auffordert, sich binnen zwei Monaten zu äußern.
…
(2) Die Kommission berücksichtigt jedes Beweismaterial, das der Mitgliedstaat innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist vorlegt.
(3) Erhebt der Mitgliedstaat Einwände gegen die vorläufigen Schlussfolgerungen der Kommission, so wird er von der Kommission zu einer Anhörung eingeladen, bei der...
Get this document and AI-powered insights with a free trial of vLex and Vincent AI
Get Started for FreeUnlock full access with a free 7-day trial
Transform your legal research with vLex
-
Complete access to the largest collection of common law case law on one platform
-
Generate AI case summaries that instantly highlight key legal issues
-
Advanced search capabilities with precise filtering and sorting options
-
Comprehensive legal content with documents across 100+ jurisdictions
-
Trusted by 2 million professionals including top global firms
-
Access AI-Powered Research with Vincent AI: Natural language queries with verified citations

Unlock full access with a free 7-day trial
Transform your legal research with vLex
-
Complete access to the largest collection of common law case law on one platform
-
Generate AI case summaries that instantly highlight key legal issues
-
Advanced search capabilities with precise filtering and sorting options
-
Comprehensive legal content with documents across 100+ jurisdictions
-
Trusted by 2 million professionals including top global firms
-
Access AI-Powered Research with Vincent AI: Natural language queries with verified citations

Unlock full access with a free 7-day trial
Transform your legal research with vLex
-
Complete access to the largest collection of common law case law on one platform
-
Generate AI case summaries that instantly highlight key legal issues
-
Advanced search capabilities with precise filtering and sorting options
-
Comprehensive legal content with documents across 100+ jurisdictions
-
Trusted by 2 million professionals including top global firms
-
Access AI-Powered Research with Vincent AI: Natural language queries with verified citations

Unlock full access with a free 7-day trial
Transform your legal research with vLex
-
Complete access to the largest collection of common law case law on one platform
-
Generate AI case summaries that instantly highlight key legal issues
-
Advanced search capabilities with precise filtering and sorting options
-
Comprehensive legal content with documents across 100+ jurisdictions
-
Trusted by 2 million professionals including top global firms
-
Access AI-Powered Research with Vincent AI: Natural language queries with verified citations

Unlock full access with a free 7-day trial
Transform your legal research with vLex
-
Complete access to the largest collection of common law case law on one platform
-
Generate AI case summaries that instantly highlight key legal issues
-
Advanced search capabilities with precise filtering and sorting options
-
Comprehensive legal content with documents across 100+ jurisdictions
-
Trusted by 2 million professionals including top global firms
-
Access AI-Powered Research with Vincent AI: Natural language queries with verified citations

Start Your 7-day Trial
-
Opinion of Advocate General Rantos delivered on 11 April 2024.
...citée). 27 Voir, en ce sens, arrêt du 30 janvier 2024, Agentsia « Patna infrastruktura » (Financement européen d’infrastructures routières) (C‑471/22, EU:C:2024:99, point 46 et jurisprudence 28 Voir, par analogie, conclusions de l’avocat général Richard de la Tour dans l’affaire Nemzeti Ada......
-
Opinion of Advocate General Pikamäe delivered on 5 September 2024.
...EU:C:2012:829), apartado 97, y de 30 de enero de 2024, Agentsia Patna infrastruktura (Financiación europea de infraestructuras viarias) (C‑471/22, EU:C:2024:99), apartado 41. 26 Véanse los puntos 83 y ss. de las presentes conclusiones. 27 Sentencia de 21 de enero de 2021, Whiteland Import E......
-
Giacomo Santini y otros contra Parlamento Europeo.
...pertinentes [sentencia de 30 de enero de 2024, Agentsia Patna infrastruktura (Financiación europea de infraestructuras viarias), C‑471/22, EU:C:2024:99, apartado 26 y jurisprudencia 164 A la luz de esta jurisprudencia, ciertamente debe considerarse que incumbía al autor de las decisiones co......