E. Breuninger GmbH & Co. contra Comisión Europea.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:T:2022:833
Date21 December 2022
Docket NumberT-260/21
Celex Number62021TJ0260
CourtGeneral Court (European Union)
62021TJ0260

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

21. Dezember 2022 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen – Rahmenregelung zur Gewährung von Unterstützung für ungedeckte Fixkosten im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Covid‑19 in Deutschland – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen – Individuelle Prüfung der angemeldeten Beihilferegelung – Maßnahme zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑260/21,

E. Breuninger GmbH & Co. mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte R. Velte und W. Meilicke,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, G. Braga da Cruz und C. Kovács als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch P.‑L. Krüger und J. Möller als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, des Richters F. Schalin, der Richterin P. Škvařilová‑Pelzl sowie der Richter I. Nõmm (Berichterstatter) und D. Kukovec,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2022

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die E. Breuninger GmbH & Co, die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 8318 final der Kommission vom 20. November 2020 über die staatliche Beihilfe SA.59289 (2020/N) – Deutschland COVID‑19 – Unterstützung für ungedeckte Fixkosten (ABl. 2022, C 124, S. 1) in der durch den Beschluss C(2021) 1066 final der Kommission vom 12. Februar 2021 über die staatliche Beihilfe SA.61744 (2021/N) – Sammel‑Änderungsnotifizierung zur Anpassung von unter dem Befristeten Rahmen genehmigten Beihilferegelungen, insb. im Zuge der 5. Änderung des Befristeten Rahmens (ABl. 2021, C 77, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Die Klägerin ist die operativ tätige Gesellschaft der Unternehmensgruppe E. Breuninger, die u. a. im Bekleidungssektor sowie im Vertrieb von Bekleidung, Parfümeriewaren, Kosmetikprodukten und Körperpflegemitteln, Einrichtungsgegenständen, Hausrat und Dekoartikeln tätig ist.

3

Am 19. März 2020 erließ die Europäische Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19“ (ABl. 2020, C 91 I, S. 1) (im Folgenden: Befristeter Rahmen), der vier Mal geändert wurde, und zwar am 3. April 2020 (ABl. 2020, C 112 I, S. 1), am 8. Mai 2020 (ABl. 2020, C 164, S. 3), am 29. Juni 2020 (ABl. 2020, C 218, S. 3) und am 13. Oktober 2020 (ABl. 2020, C 340 I, S. 1).

4

In den Rn. 17 bis 19 von Abschnitt 2 („Anwendbarkeit des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe b [AEUV]“) des Befristeten Rahmens heißt es wie folgt:

„17. Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV kann die Kommission eine Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, wenn diese zur ‚Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats‘ beiträgt. In diesem Zusammenhang haben die Unionsgerichte festgestellt, dass eine solche Störung nur vorliegt, wenn das gesamte Wirtschaftsleben des betreffenden Mitgliedstaats beeinträchtigt wird und nicht nur das einer seiner Regionen oder Gebietsteile. Dies steht auch mit der Notwendigkeit im Einklang, Ausnahmebestimmungen wie Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV eng auszulegen … Diesen Grundsatz der engen Auslegung setzt die Kommission in ihrer Beschlusspraxis stets um …

18. Angesichts der Tatsache, dass alle Mitgliedstaaten vom COVID‑19‑Ausbruch betroffen sind und die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen Auswirkungen für die Unternehmen haben, ist die Kommission der Auffassung, dass staatliche Beihilfen gerechtfertigt sind und für einen befristeten Zeitraum nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können, um die Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu beheben und sicherzustellen, dass die durch den COVID‑19‑Ausbruch verursachten Störungen die Existenzfähigkeit solcher Unternehmen, insbesondere von KMU, nicht beeinträchtigen.

19. In dieser Mitteilung legt die Kommission die Vereinbarkeitsvoraussetzungen fest, anhand deren sie die von den Mitgliedstaaten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV gewährten Beihilfen grundsätzlich prüfen wird. Die Mitgliedstaaten müssen also nachweisen, dass die Beihilfemaßnahmen, die sie auf der Grundlage dieser Mitteilung bei der Kommission anmelden, ein erforderliches, geeignetes und angemessenes Mittel sind, um eine beträchtliche Störung in ihrem Wirtschaftsleben zu beheben, und dass alle maßgeblichen Voraussetzungen dieser Mitteilung erfüllt sind.“

5

In Rn. 11 der Mitteilung, mit der der Befristete Rahmen zum vierten Mal geändert wurde, heißt es:

„[V]iele Unternehmen [haben] infolge des COVID‑19‑Ausbruchs vorübergehend mit einer geringeren Nachfrage zu kämpfen und können daher einen Teil ihrer Fixkosten nicht decken. In vielen Fällen dürfte die Nachfrage sich in den kommenden Monaten wieder erholen und wäre eine Unternehmensverkleinerung keine effiziente Lösung, wenn dabei erhebliche Umstrukturierungskosten entstehen. Um diesen Zeitraum zu überbrücken, könnten die betreffenden Unternehmen durch einen befristeten Beitrag zu einem Teil ihrer Fixkosten wirksam unterstützt werden. Die Unterstützung soll verhindern, dass sich die Kapitalausstattung der Unternehmen verschlechtert. Sie soll den Unternehmen die Fortführung des Betriebs ermöglichen und ihnen eine solide Grundlage für die Erholung von der Krise verschaffen.“

6

Mit der Mitteilung, mit der der Befristete Rahmen zum vierten Mal geändert wurde, wurde in diesen ein Abschnitt 3.12 („Beihilfen in Form von Unterstützung für ungedeckte Fixkosten“) eingefügt, der folgende Rn. 86 und 87 enthält:

„86.

Die Mitgliedstaaten können einen Beitrag zu den ungedeckten Fixkosten jener Unternehmen leisten, bei denen der COVID‑19‑Ausbruch eine Unterbrechung oder Reduzierung der Geschäftstätigkeiten bewirkt hat.

87.

Handelt es sich dabei um Beihilfen, so wird die Kommission diese als nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Beihilfe wird spätestens am 30. Juni 2021 gewährt und deckt ungedeckte Fixkosten, die im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 entstanden sind bzw. [entstehen], einschließlich Kosten, die in einem Teil dieses Zeitraums entstanden sind bzw. entstehen (‚beihilfefähiger Zeitraum‘);

b)

die Beihilfe wird auf der Grundlage einer Regelung an Unternehmen gewährt, die im beihilfefähigen Zeitraum im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum Umsatzeinbußen von mindestens 30 % erlitten haben bzw. erleiden; …

c)

ungedeckte Fixkosten sind Fixkosten, die einem Unternehmen während des beihilfefähigen Zeitraums entstanden sind bzw. entstehen und die im selben Zeitraum weder durch den Deckungsbeitrag (d. h. die Differenz zwischen Erlösen und variablen Kosten) noch aus anderen Quellen wie Versicherungen, befristete Beihilfemaßnahmen auf der Grundlage dieser Mitteilung oder Unterstützung aus anderen Quellen gedeckt sind … Die Beihilfeintensität darf 70 % der ungedeckten Fixkosten nicht übersteigen, außer bei kleinen und Kleinstunternehmen (im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung), bei denen die Beihilfeintensität 90 % der ungedeckten Fixkosten nicht übersteigen darf. Für die Zwecke dieser Randnummer stellen Verluste, die Unternehmen für den beihilfefähigen Zeitraum in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen …, ungedeckte Fixkosten dar. Beihilfen im Rahmen dieser Maßnahme dürfen auf der Grundlage prognostizierter Verluste gewährt werden, doch wird der endgültige Beihilfebetrag nach Entstehung der Verluste auf der Grundlage geprüfter Abschlüsse oder, sofern der betreffende Mitgliedstaat dies gegenüber der Kommission angemessen begründet (z. B. unter Verweis auf die Merkmale oder die Größe bestimmter Arten von Unternehmen), auf der Grundlage der steuerlichen Ergebnisrechnung festgestellt. Gezahlte Beträge, die den endgültigen Beihilfebetrag übersteigen, werden zurückgefordert;

d)

die Gesamtbeihilfe darf in keinem Fall 3 Mio. [Euro] je Unternehmen übersteigen. Die Beihilfe darf in Form von direkten Zuschüssen, Garantien oder Darlehen gewährt werden, sofern der Gesamtnennbetrag solcher Maßnahmen unter der Obergrenze von insgesamt 3 Mio. [Euro] je Unternehmen bleibt; bei den eingesetzten Beträgen muss es sich um Bruttobeträge handeln, d. h. um Beträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben;

e)

Beihilfen im Rahmen dieser Maßnahme dürfen nicht mit anderen Beihilfen für dieselben beihilfefähigen Kosten kumuliert werden;

f)

Unternehmen, die sich am 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten befanden (im Sinne der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (…)), dürfen keine Beihilfen gewährt werden; abweichend davon können Beihilfen für kleine und Kleinstunternehmen (im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung) gewährt werden, die sich am 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten befanden, sofern diese Unternehmen nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind und sie weder Rettungsbeihilfen … noch Umstrukturierungsbeihilfen erhalten haben …“

7

Am 17. November 2020 meldete die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine Beihilferegelung zur Gewährung von Unterstützung für ungedeckte Fixkosten im Zusammenhang...

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