Conclusiones de la Abogado General Sra. J. Kokott, presentadas el 12 de mayo de 2022.
Jurisdiction | European Union |
Celex Number | 62021CC0278 |
ECLI | ECLI:EU:C:2022:383 |
Date | 12 May 2022 |
Court | Court of Justice (European Union) |
Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE KOKOTT
vom 12. Mai 2022(1)
Rechtssache C‑278/21
AquaPri A/S
gegen
Miljø- og Fødevareklagenævnet
(Vorabentscheidungsersuchen des Østre Landsret [Landgericht der Region Ost, Dänemark])
„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 92/43/EWG – Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Besondere Schutzgebiete – Nachholung der Prüfung auf Verträglichkeit mit den für diese Gebiete festgelegten Erhaltungszielen – Vorprüfung der Notwendigkeit einer Prüfung – Nitrateinträge aus einer bestehenden Fischfarm – Berücksichtigung eines Wasserbewirtschaftungsplans sowie des Natura-2000-Programms des betreffenden Gebiets“
I. Einleitung
1. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie(2) verlangt eine Vorabprüfung der Auswirkungen von Plänen und Projekten, die geschützte Gebiete erheblich beeinträchtigen könnten. Doch ist eine solche Prüfung auch notwendig, wenn der weitere Betrieb einer bereits genehmigten Anlage nach innerstaatlichem Recht einer erneuten Genehmigung bedarf und die ursprüngliche Genehmigung unter Verletzung der Prüfungspflicht erteilt wurde? Darin liegt die zentrale Frage des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens.
2. Für den Fall, dass eine solche Prüfung notwendig ist, möchte das vorlegende Gericht außerdem erfahren, welche Bedeutung dabei einem Wasserbewirtschaftungsplan und dem Natura-2000-Programm für das betroffene Schutzgebiet zukommt.
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
1. Habitatrichtlinie
3. Die Genehmigung von Plänen und Projekten, die ein nach der Habitatrichtlinie oder der Vogelschutzrichtlinie(3) geschütztes Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten, ist in Art. 6 Abs. 2 und 3 der Habitatrichtlinie wie folgt geregelt:
„(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Abs. 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“
2. UVP-Richtlinie
4. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der UVP-Richtlinie(4) definiert den Begriff Projekt wie folgt:
„– die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen,
– sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen“.
B. Dänisches Recht
5. § 33 des Umweltschutzgesetzes (Miljøbeskyttelseslov) sieht vor, dass bestimmte Betriebe oder Anlagen einer Genehmigung bedürfen. Nach dem Vorabentscheidungsersuchen gilt dies insbesondere für Aquakulturanlagen. Bestehende Aquakulturanlagen, die noch nicht nach dieser Bestimmung genehmigt worden waren, mussten nach dem Vorabentscheidungsersuchen aufgrund einer Übergangsregelung(5) bis zum 15. März 2014 einen entsprechenden Genehmigungsantrag stellen.
6. § 6 Abs. 1 und 2 des Habitatdekrets(6) setzt Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie um:
„§ 6. Bevor eine Entscheidung gemäß § 7 getroffen wird, ist zu prüfen, ob das Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erhebliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet haben kann. Der Prüfungspflicht unterliegen Projekte, die nicht unmittelbar mit der Bewirtschaftung des Natura-2000-Gebiets zusammenhängen oder für diese notwendig sind.
Abs. 2. Ist die Behörde der Auffassung, dass ein Projekt erhebliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet haben könnte, so wird eine detaillierte Folgenabschätzung der Auswirkungen des Projekts auf das Natura-2000-Gebiet durchgeführt, wobei das Erhaltungsziel des betreffenden Gebiets berücksichtigt wird. Ergibt die Folgenabschätzung, dass das Projekt das internationale Naturschutzgebiet beeinträchtigen würde, darf für den Antrag keine Genehmigung, Ausnahmegenehmigung oder Zulassung erteilt werden.“
7. § 7 Abs. 7 Nr. 6 des Habitatdekrets sieht insbesondere vor, dass § 6 Abs. 1 und 2 auf Genehmigungen nach § 33 des Umweltschutzgesetzes anwendbar ist.
„Abs. 7 Die folgenden Fälle des Umweltschutzgesetzes fallen unter § 6
1) bis 5) …
6) Genehmigung von Betrieben usw. gemäß § 33 Abs. 1, § 38 und § 39 des Umweltschutzgesetzes.“
8. Aus dem staatlichen Natura-2000-Programm für 2016 bis 2021 ergibt sich für das Natura-2000-Gebiet Nr. 173, das der Aquakulturanlage Onsevig am nächsten gelegen ist, dass der Schwerpunkt auf gebietsbezogenen Anstrengungen liegt und es keine Anforderungen hinsichtlich der Wasserqualität enthält, die durch den Wasserwirtschaftsplan gewährleistet wird; es stellt auch keine konkreten Anforderungen für eine Verringerung des Stickstoffeintrags auf, der ebenfalls in einem anderen Gesetz geregelt ist.
9. Im Wasserwirtschaftsplan 2015‑2021 für das Einzugsgebiet Sjælland (Seeland, Dänemark)), der nach vorausgehender Folgenabschätzung gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erlassen wurde und der u. a. die marinen Natura-2000-Gebiete Nrn. 173, 170 und 162 umfasst, wird unter Bezugnahme auf die politische Einigung vom 22. November 2015, das sogenannte Agrar- und Lebensmittelpaket, angegeben, dass Emissionen von 43 Tonnen Stickstoff eingeplant sind, um zu gewährleisten, dass bestehende Aquakulturanlagen, die von den Bewirtschaftungsplänen erfasst sind, ihre gegenwärtigen Emissionsgenehmigungen in vollem Umfang nutzen können.
III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsersuchen
10. In den dänischen Gewässern werden insgesamt 19 Aquakulturanlagen betrieben, von denen einige innerhalb oder in der Nähe eines Natura-2000-Gebiets liegen. Es sind Rechtsstreitigkeiten anhängig, die sieben dieser Anlagen betreffen. Dort werden hauptsächlich Regenbogenforellen gezüchtet. Die Anlagen setzen u. a. Stickstoff und Phosphor frei, wodurch die Natura-2000-Gebiete in der Nähe beeinträchtigt werden könnten.
11. Eine der umstrittenen Anlagen ist die Aquakulturanlage Onsevig. Sie steht im Eigentum der AquaPri A/S, in der vorliegenden Rechtssache vertreten durch Dansk Akvakultur, einem Fachverband für dänische Fischzuchtbetriebe. Sie befindet sich in den Gewässern von Småland, ca. 1,7 km nördlich des Natura-2000-Gebiets Nr. 173, ca. 10,5 km südlich des Natura-2000-Gebiets Nr. 170 und ca. 12,4 km südlich des Natura-2000-Gebiets Nr. 162. Das nächstgelegene Natura-2000-Gebiet Nr. 173 wurde auf der Grundlage der natürlichen Lebensräume Sandbänke (1110), Sandwatt (1140), Bucht (1160), Riffe (1170) und des prioritären natürlichen Lebensraumtyps Lagune (1150) ausgewiesen. Verschiedene Vogelschutzgebiete (Nrn. 82, 83, 85 und 86) im gleichen Bereich wurden auf der Grundlage einer Vielzahl von brütenden und/oder rastenden Vögeln ausgewiesen.
12. Am 15. Februar 1999 genehmigte die örtlich zuständige Umweltbehörde, Storstrøms Amt (Kreis Storstrøm), die Verlegung der Aquakulturanlage an ihren gegenwärtigen Standort.
13. Am 27. Oktober 2006 erteilte der Kreis Storstrøm der Anlage eine Änderungsgenehmigung, mit der die Erhöhung der Stickstoffemissionen um 0,87 Tonnen – von 15,6 Tonnen auf 16,47 Tonnen – sowie die Verwendung und das Freisetzen von Kupfer und drei Arten von Antibiotika genehmigt wurden. Der Kreis Storstrøm hatte die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Screening) geprüft und auf dieser Grundlage die Auffassung vertreten, dass die Erhöhung der Stickstoffemissionen keine erheblichen Umweltbeeinträchtigungen des nahegelegenen Natura-2000-Gebiets Nr. 173 mit sich bringen würde und das Projekt daher keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei. Auf die Regelung für internationale Naturschutzgebiete ging der Kreis dabei nicht ein.
14. Gegen diese Entscheidung wurde bei der damaligen Rechtsbehelfsbehörde, dem Naturklagenævn (Beschwerdeausschuss im Bereich Naturschutz), Beschwerde wegen der Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets eingelegt. Der Naturklagenævn bestätigte die Entscheidung des Kreises Storstrøm. Er stellte fest, dass die dem UVP-Screening anhaftenden Mängel nicht so erheblich seien, dass sie konkret zur Ungültigkeit der Prüfung führen könnten.
15. Aus der damit bestätigten Entscheidung des Kreises Storstrøm vom 27. Oktober 2006 ging hervor, dass spätestens am 15. März 2014 bei der Aufsichtsbehörde eine Umweltgenehmigung zu beantragen war.
16. AquaPri beantragte daher eine Umweltgenehmigung für die Aquakulturanlage Onsevig, die die zentrale Umweltschutzbehörde Miljøstyrelse am 16. Dezember 2014 erließ. Ausweislich der technischen Umweltprüfung in der Entscheidung ging die Umweltschutzbehörde davon aus, dass die Aquakulturanlage einzeln oder in Verbindung mit anderen Plänen und Projekten das Natura-2000-Gebiet Nr. 173 nicht erheblich beeinträchtigen könne. Die Umweltschutzbehörde begründete dies u. a. mit der vom Kreis Storstrøm am 27. Oktober 2006 erteilten Genehmigung und dem Umstand, dass später keine Informationen dazu vorgelegen hätten, dass die Aquakulturanlage Auswirkungen im Natura-2000-Gebiet habe.
17. Gegen die Umweltgenehmigung vom 16. Dezember 2014 hat eine Naturschutzorganisation Beschwerde beim Miljø- og Fødevareklagenævn (Beschwerdeausschuss für Umwelt und Ernährung, Dänemark) eingelegt, der sie mit Entscheidung vom 13. März 2018 aufgehoben hat. In seiner Entscheidung vertrat der Beschwerdeausschuss die Auffassung, dass die Umweltgenehmigung der Aquakulturanlage Onsevig, mit der der Weiterbetrieb der...
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