Conclusiones del Abogado General Sr. M. Campos Sánchez-Bordona, presentadas el 11 de enero de 2024.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2024:30
Date11 January 2024
Celex Number62022CC0624
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 11. Januar 2024(1)

Rechtssache C624/22

Société BP France

gegen

Ministre de l’Économie, des Finances et de la Souveraineté industrielle et numérique

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Staatsrat, Frankreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie (EU) 2018/2001 – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Herstellung von Kraftstoffen mittels Co-Processing – Nachweis der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien – Massenbilanzmethode – Methoden zur Bewertung des Anteils an hydrierten Pflanzenölen in mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffen – Radiokarbonmethode (14C)“






1. Der französische Gesetzgeber hat eine Lenkungssteuer(2) eingeführt, um die Nutzung von grünen Kraftstoffen (Biokraftstoffen) zu fördern. Ziel ist es, den Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor auf ein Niveau zu bringen, das den Unionszielen hinsichtlich Nachhaltigkeit und der wirksamen Verringerung der Treibhausgasemissionen entspricht.

2. Für die Bestimmung, wie viel Energie aus erneuerbaren Quellen bei der Festsetzung dieser Steuer berücksichtigt wird, verlangt die französische Rechtsvorschrift, dass importierte Biokraftstoffe einer Analyse gemäß der Radiokarbonmethode (14C)(3) unterzogen werden. Mit dieser Analyse lässt sich der tatsächliche Gehalt an biobasierten Molekülen in durch das Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung (Co-Processing) hergestellten Kraftstoffen überprüfen.

3. Im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht es um die Frage, ob die beschriebene nationale Maßnahme mit dem Unionsrecht vereinbar ist, da sie möglicherweise nicht den in den Richtlinien zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgesehenen Prüfverfahren entspricht und darüber hinaus gegen Art. 34 AEUV verstößt.

4. Der Gerichtshof verfügt bereits über hilfreiche Rechtsprechung(4) zur Anwendung der sogenannten Massenbilanzmethode (im Folgenden: MB-Methode) bei der Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe gemäß den Art. 17 und 18 der Richtlinie 2009/28/EG(5). Diese Rechtsprechung kann auf die neue Richtlinie (EU) 2018/2001(6) ausgeweitet werden, ist jedoch zu ergänzen, um die einen äußerst technischen Bereich betreffenden Fragen des vorlegenden Gerichts zu beantworten.

I. Rechtlicher Rahmen

A. Unionsrecht

1. Richtlinie 2018/2001

5. Art. 25 („Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor“) Abs. 1 bestimmt:

„Damit erneuerbare Energie im Verkehrssektor durchgängig genutzt wird, verpflichtet jeder Mitgliedstaat die Kraftstoffanbieter, dafür zu sorgen, dass der Anteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors bis 2030 einem von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten indikativen Zielpfad entsprechend mindestens 14 % beträgt (Mindestanteil) …“

6. Art. 28 („Andere Bestimmungen für erneuerbare Energie im Verkehrssektor“) Abs. 5 legt fest:

„Die Kommission erlässt bis zum 31. Dezember 2021 im Einklang mit Artikel 35 delegierte Rechtsakte, um diese Richtlinie durch Festlegung der Methode zur Bestimmung des Anteils an Biokraftstoffen und Biogas für den Verkehr, der sich aus der Verarbeitung von Biomasse in einem einzigen Verfahren mit fossilen Kraftstoffen ergibt, sowie der Methode zur Bewertung der Treibhausgaseinsparungen durch Nutzung flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe für den Verkehr nicht biogenen Ursprungs sowie wiederverwerteter kohlenstoffhaltiger Kraftstoffe, wobei diese Methode sicherstellt, dass vermiedene Emissionen nicht gutgeschrieben werden, wenn für die Abscheidung dieses CO2 im Rahmen anderer Rechtsvorschriften bereits eine Gutschrift erteilt wurde, zu ergänzen.“

7. Gemäß Art. 29 („Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe, flüssige Brennstoffe und Biomasse-Brennstoffe“) gilt:

„(1) Energie in Form von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen wird für die in den Buchstaben a, b und c genannten Zwecke nur dann berücksichtigt, wenn sie die in den Absätzen 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für die Treibhausgaseinsparungen erfüllen:

a) Beitrag zum Unionsziel nach Artikel 3 Absatz 1 und zum Anteil erneuerbarer Energie der Mitgliedstaaten;

b) Bewertung der Einhaltung der Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energie, einschließlich der in Artikel 25 festgelegten Verpflichtung;

c) Möglichkeit der finanziellen Förderung für den Verbrauch von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen.

Die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Absatz 2 bis 7 und 10 gelten unabhängig von der geografischen Herkunft der Biomasse.

(12) Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b und c dieses Artikels, und unbeschadet von Artikel 25 und 26, dürfen die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die in Übereinstimmung mit diesem Artikel gewonnen werden, nicht wegen anderer Nachhaltigkeitserwägungen außer Acht lassen. Dieser Absatz lässt die öffentliche Förderung im Rahmen von Förderregelungen, die vor dem 24. Dezember 2018 genehmigt werden, unberührt.

…“

8. Art. 30 („Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien und der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen“) sieht vor:

„(1) Werden Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe oder andere Brennstoffe, die auf den Zähler gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b angerechnet werden können, für die in den Artikeln 23 und 25 sowie in Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt, verpflichten die Mitgliedstaaten die Wirtschaftsteilnehmer nachzuweisen, dass die in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen erfüllt sind. Zu diesen Zwecken verpflichten sie die Wirtschaftsteilnehmer zur Verwendung eines Massenbilanzsystems, das

a) es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen oder Brennstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften und Eigenschaften in Bezug auf Treibhausgaseinsparungen zu mischen, z. B. in einem Container, einer Verarbeitungs- oder Logistikeinrichtung oder einer Übertragungs- und Verteilungsinfrastruktur bzw. ‑stätte,

b) es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen mit unterschiedlichem Energiegehalt zur weiteren Verarbeitung zu mischen, sofern der Umfang der Lieferungen nach ihrem Energiegehalt angepasst wird,

c) vorschreibt, dass dem Gemisch weiterhin Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften sowie Eigenschaften in Bezug auf Treibhausgaseinsparungen und den jeweiligen Umfang der unter Buchstabe a genannten Lieferungen zugeordnet sind, und

d) vorsieht, dass die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen hat wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden, und dass diese Bilanz innerhalb eines angemessenen Zeitraums erreicht wird.

Durch das Massenbilanzsystem soll zudem sichergestellt werden, dass jede Lieferung nur einmal gemäß Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b oder c für die Berechnung des Bruttoendverbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt wird und dass Informationen dazu angegeben werden, ob für die Produktion der betreffenden Lieferung eine Förderung gewährt wurde und wenn ja, um welche Art von Förderregelung es sich handelte.

(3) Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer hinsichtlich der Einhaltung der in Artikel 25 Absatz 2 festgelegten und durch jenen Artikel angenommenen Mindestschwellenwerte für Treibhausgaseinsparungen sowie der in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen verlässliche Informationen vorlegen und dass die Wirtschaftsteilnehmer dem jeweiligen Mitgliedstaat auf Anfrage die Daten zur Verfügung … stellen, die zur Zusammenstellung der Informationen verwendet wurden. Die Mitgliedstaaten verpflichten die Wirtschaftsteilnehmer, für ein angemessenes unabhängiges Audit der von ihnen vorgelegten Informationen zu sorgen und nachzuweisen, dass ein solches Audit erfolgt ist. …

(4) Die Kommission kann beschließen, dass freiwillige nationale oder internationale Systeme, in denen Standards für die Produktion von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen oder Biomasse-Brennstoffen oder anderen Brennstoffen, die auf den Zähler gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b angerechnet werden können, vorgegeben werden, genaue Daten zu den Treibhausgaseinsparungen für die Zwecke von Artikel 25 Absatz 2 und Artikel 29 Absatz 10 enthalten und als Nachweis dafür herangezogen werden dürfen, dass die Bestimmungen von Artikel 27 Absatz 3 und Artikel 28 Absatz 2 und 4 eingehalten werden, und/oder als Nachweis dafür herangezogen werden dürfen, dass Lieferungen von Biokraftstoff, flüssigem Brennstoff oder Biomasse-Brennstoffen den in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 aufgeführten Nachhaltigkeitskriterien genügen. …

(9) Wenn ein Wirtschaftsteilnehmer Nachweise oder Daten vorlegt, die im Einklang mit einem System eingeholt wurden, das Gegenstand eines Beschlusses im Sinne von Absatz 4 oder 6 dieses Artikels ist, darf ein Mitgliedstaat, soweit dieser Beschluss dies vorsieht, von dem Lieferanten keine weiteren Nachweise für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien und der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 verlangen.

…“

2. Delegierte Verordnung (EU) 2023/1640(7)

9. Die Delegierte Verordnung 2023/1640 ist zwar in zeitlicher Hinsicht nicht auf die vorliegende Rechtssache anwendbar, bietet jedoch einige Beurteilungselemente, die sich für die Entscheidung als nützlich erweisen können.

10. Der vierte Erwägungsgrund lautet:

„Um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Kosten und der Genauigkeit der Überprüfungen zu...

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