República de Bulgaria contra Comisión Europea.
Jurisdiction | European Union |
Celex Number | 62021TJ0235 |
ECLI | ECLI:EU:T:2023:105 |
Date | 08 March 2023 |
Docket Number | T-235/21 |
Court | General Court (European Union) |
Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
8. März 2023(*)
„EGFL und ELER – Von der Finanzierung ausgeschlossene Ausgaben – Von Bulgarien getätigte Ausgaben – Absatzförderungsmaßnahmen – Untersuchungsbericht des OLAF – Konformitätsabschluss – Begründungspflicht“
In der Rechtssache T‑235/21,
Republik Bulgarien, vertreten durch T. Mitova und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch G. Koleva, J. Aquilina und A. Sauka als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DAS GERICHT (Erste Kammer)
zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterinnen N. Półtorak (Berichterstatterin) und M. Stancu,
Kanzler: G. Mitrev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2022
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Republik Bulgarien die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2021/261 der Kommission vom 17. Februar 2021 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2021, L 59, S. 10, im Folgenden: angefochtener Beschluss), soweit er bestimmte von ihr getätigte Ausgaben betrifft.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Verwaltungsverfahren
2 Mit dem Schreiben Ares(2016) 6881454 vom 4. Januar 2017 forderte die Generaldirektion (GD) Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission die Republik Bulgarien auf, ihr ihre Anmerkungen zu Informationen zu übermitteln, die das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) im Rahmen der Untersuchung INT/2016/101/BG mitgeteilt hatte (im Folgenden: Mitteilung der Feststellungen). Aus der Untersuchung ergab sich im Wesentlichen, dass betrügerische Aktivitäten zu unangemessenen Zahlungen aus Fonds der Europäischen Union geführt hatten. So teilte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Republik Bulgarien mit, dass die Förderfähigkeit sämtlicher Ausgaben im Zusammenhang mit den von [vertraulich](1) durchgeführten Programmen für eine Finanzierung durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) in Frage gestellt werde. Folglich wies die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung darauf hin, dass sie gemäß Art. 52 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 549) die Möglichkeit prüfe, diese Ausgaben von der Finanzierung durch die Union auszuschließen. Sie empfahl den bulgarischen Behörden ferner, Zahlungen im Rahmen von Programmen und Transaktionen, an denen [vertraulich] beteiligt sei, auszusetzen, wenn sie hinreichende Gründe dafür hätten.
3 Mit dem Schreiben Ares(2017) 4323588 vom 2. Mai 2017 forderte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung die bulgarischen Behörden auf, gemäß Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission vom 6. August 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Mittelverwaltung, des Rechnungsabschlusses und der Bestimmungen für Kontrollen, Sicherheiten und Transparenz (ABl. 2014, L 255, S. 59) an einer bilateralen Besprechung teilzunehmen, und teilte der Republik Bulgarien mit, dass sie an ihrem Standpunkt festhalte, wonach die Feststellungen des OLAF darauf hindeuteten, dass es in Bezug auf die oben in Rn. 2 genannten Ausgaben schwerwiegende Unregelmäßigkeiten gebe. Sie wies darauf hin, dass sie ebenfalls in einem Schreiben nach Versand des Abschlussberichts des OLAF zusätzliche Angaben über die verschiedenen Stufen, die im Rahmen des eingeleiteten Abschlussverfahrens durchgeführt würden, zur Verfügung stellen werde. Abschließend führte sie aus, dass sie bis zum Vorliegen des Berichts an ihrem Standpunkt festhalte, dass sämtliche Ausgaben im Zusammenhang mit den von [vertraulich] durchgeführten Programmen risikobehaftet seien. Diese erste bilaterale Besprechung fand am 12. Juli 2017 statt.
4 Mit dem Schreiben Ares(2017) 4417644 vom 11. September 2017 übermittelte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Republik Bulgarien das Protokoll der bilateralen Besprechung vom 12. Juli 2017 und stellte ihr zusätzliche Fragen. Sie wies sie auch darauf hin, dass der Abschlussbericht des OLAF abzuwarten sei, um die folgenden Stufen des Abschlussverfahrens einzuleiten, insbesondere was die quantitative Bewertung des mit den festgestellten Mängeln verbundenen Risikos für den in Rede stehenden Fonds betreffe. In Anwendung von Art. 34 Abs. 9 der Verordnung Nr. 908/2014 beschloss die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, die in Art. 34 Abs. 3 der Verordnung vorgesehene Frist von sechs Monaten für die Mitteilung ihrer Schlussfolgerungen an die Republik Bulgarien um drei Monate zu verlängern.
5 Mit dem Schreiben Ares(2018) 329836 vom 19. Januar 2018 übermittelte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Republik Bulgarien den Abschlussbericht des OLAF mit dem Aktenzeichen OF/2012/0565/B (im Folgenden: erster Bericht des OLAF). Sie teilte den bulgarischen Behörden mit, dass sie eine zweite bilaterale Besprechung mit ihnen organisieren werde, um den Bericht zu besprechen.
6 Mit dem Schreiben Ares(2018) 2319201 vom 7. Mai 2018 forderte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung die Republik Bulgarien zu einer zweiten bilateralen Besprechung auf, um den ersten Bericht des OLAF zu besprechen (im Folgenden: zweite Aufforderung zu einer bilateralen Besprechung). Sie wies ferner darauf hin, dass sie nach der Prüfung des Berichts an ihrem Standpunkt festhalte, dass sämtliche Ausgaben im Zusammenhang mit den Absatzförderungsprogrammen, an denen [vertraulich] beteiligt sei, einem Risiko ausgesetzt seien. Daher empfahl sie den bulgarischen Behörden, die Zahlungen für sämtliche Programme, an denen [vertraulich] beteiligt sei, nicht zu verlängern und die unrechtmäßigen Zahlungen gemäß Art. 54 der Verordnung Nr. 1306/2013 bei den Begünstigten wieder einzuziehen. Diese zweite bilaterale Besprechung fand am 23. Mai 2018 statt.
7 Mit dem Schreiben Ares(2018) 3168772 vom 29. Juni 2018 übermittelte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Republik Bulgarien das Protokoll der zweiten bilateralen Besprechung. Sie wies auch darauf hin, dass bei der Besprechung zusätzliche Angaben angefordert worden seien.
8 Mit dem Schreiben Ares(2018) 451290 vom 3. September 2018 übermittelte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung den bulgarischen Behörden den Bericht des OLAF mit dem Aktenzeichen OF/2016/0390/B5 (im Folgenden: zweiter Bericht des OLAF). Der Bericht betraf Unregelmäßigkeiten seitens [vertraulich] im Rahmen von aus dem EGFL finanzierten Absatzförderungsprogrammen.
9 Mit dem Schreiben Ares(2019) 1300497 vom 1. März 2019 ersuchte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung die bulgarischen Behörden gemäß Art. 34 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 908/2014 um zusätzliche Angaben zur Wiedereinziehung der Beträge im Zusammenhang mit Ausgaben des EGFL im Rahmen der neun Absatzförderungsprogramme, die als Risiken für den in Rede stehenden Fonds ermittelt wurden, sowie um die Verzeichnung der betreffenden Beträge im Debitorenbuch gemäß Art. 54 der Verordnung Nr. 1306/2013. Sie wies auch darauf hin, dass der Bescheid über die Wiedereinziehung der Beträge im Zusammenhang mit den von [vertraulich] durchgeführten Programmen nach Art. 54 der Verordnung Nr. 1306/2013 spätestens 18 Monate nach dem 19. Januar 2018 auszustellen sei, während der Bescheid über die Wiedereinziehung der Beträge im Zusammenhang mit dem von [vertraulich] durchgeführten Programm spätestens 18 Monate nach dem 3. September 2018 auszustellen sei, also den Übermittlungszeitpunkten des ersten und des zweiten Berichts des OLAF (im Folgenden zusammen: Abschlussberichte des OLAF) an die bulgarische Zahlstelle.
10 Mit dem Schreiben Ares(2019) 7043430 vom 19. November 2019 übermittelte die GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Republik Bulgarien eine Mitteilung nach Art. 34 Abs. 3 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 908/2014 (im Folgenden: förmliche Mitteilung), in der u. a. die von den bulgarischen Behörden mit den Schreiben Nr. 99-129 vom 20. Juli 2018, Nr. 99-162 vom 21. September 2018 und Nr. 53-1-116 vom 24. April 2019 vorgelegten Informationen analysiert wurden. Daraus ging im Wesentlichen hervor, dass sie infolge der bilateralen Besprechung vom 29. Mai 2018 und auf der Grundlage der ihr anschließend von der Republik Bulgarien übermittelten zusätzlichen Angaben sowie der Abschlussberichte des OLAF der Auffassung war, dass die Finanzierung von neun von [vertraulich] und [vertraulich] durchgeführten Absatzförderungsprogrammen nicht den geltenden Vorschriften entspreche. Da außerdem von der Republik Bulgarien kein Verfahren zur Wiedereinziehung und zur Erfassung im Debitorenbuch der Zahlstelle eingeleitet worden sei, entspreche das Verwaltungs- und Kontrollsystem der Republik Bulgarien nicht den Anforderungen des Unionsrechts, so dass ein Risiko für den in Rede stehenden Fonds bestehe. Die Kommission schlug daher vor, einen Betrag in Höhe von 7 656 848,97 Euro von der Finanzierung durch den EGFL auszuschließen.
11 Mit dem Schreiben Nr. 99-170 vom 18. Dezember 2019 rief die Republik Bulgarien gemäß Art. 40 Abs. 1 der Verordnung Nr. 908/2014 die Schlichtungsstelle an. Die Schlichtungsstelle gab am 25. Februar 2020 eine Stellungnahme ab.
12 Mit dem Schreiben Ares(2020) 4231484 vom 12. August 2020 übermittelte die GD...
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