Urteile nº T-234/04 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, November 08, 2007

Resolution DateNovember 08, 2007
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-234/04

In der Rechtssache T-234/04

Kˆnigreich der Niederlande, vertreten durch H.†Sevenster, J.†van Bakel und M.†de Grave als Bevollm‰chtigte,

Kl‰ger,

unterst¸tzt durch

Kˆnigreich D‰nemark, vertreten durch J.†Molde als Bevollm‰chtigten,

Streithelfer,

gegen

Kommission der Europ‰ischen Gemeinschaften, vertreten durch F.†Simonetti und M.†van Beek als Bevollm‰chtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerkl‰rung der Entscheidung 2004/1/EG der Kommission vom 16. Dezember 2003 ¸ber die von den Niederlanden nach Artikel 95 Absatz 4 [EG] notifizierten einzelstaatlichen Bestimmungen zur Verwendung kurzkettiger Chlorparaffine (ABl. 2004, L†1, S.†20), soweit die Kommission in dieser Entscheidung die Ansicht vertritt, dass gem‰f‌l Art. 95 Abs. 6 EG ihre Billigung f¸r die Beibehaltung niederl‰ndischer Vorschriften betreffend die Verwendung kurzkettiger Chlorparaffine erforderlich sei, die nicht in der Richtlinie 2002/45/EG des Europ‰ischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 zur 20. ƒnderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates hinsichtlich der Beschr‰nkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gef‰hrlicher Stoffe und Zubereitungen (kurzkettige Chlorparaffine) (ABl. L†177, S.†21) genannt sind,

erl‰sst

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPƒISCHEN GEMEINSCHAFTEN (F¸nfte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Pr‰sidenten M.†Vilaras, der Richterin E.†Martins Ribeiro, der Richter F.†Dehousse und D.†-v·by sowie der Richterin K.†J¸rim‰e,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsr‰tin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m¸ndliche Verhandlung vom 7. September 2006

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

Internationale Vorschriften

1 ††††††††Die Europ‰ische Gemeinschaft und einige ihrer Mitgliedstaaten waren Vertragsparteien des am 4. Juni 1974 in Paris unterzeichneten ‹bereinkommens zur Verh¸tung der Meeresverschmutzung vom Lande aus (im Folgenden: Pariser ‹bereinkommen). Im Rahmen dieses ‹bereinkommens nahm die Pariser Kommission den Beschluss 95/1 (im Folgenden: PARCOM-Beschluss 95/1) an, der einen schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung kurzkettiger Chlorparaffine (im Folgenden auch: SCCP) vorsieht. Die Europ‰ische Gemeinschaft hat den PARCOM-Beschluss 95/1 nicht unterzeichnet.

2 ††††††††Das Pariser ‹bereinkommen wurde durch das ‹bereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (im Folgenden: OSPAR-‹bereinkommen) ersetzt, das durch den Beschluss 98/249/EG des Rates vom 7. Oktober 1997 ¸ber den Abschluss des ‹bereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks im Namen der Gemeinschaft (ABl.† L†104, S.†1) gebilligt wurde, und eine neue Kommission (im Folgenden: OSPAR-Ausschuss) trat an die Stelle der Pariser Kommission.

Gemeinschaftsrecht

3 ††††††††Art.†95 Abs. 4 und 6 EG bestimmt:

-(4) H‰lt es ein Mitgliedstaat, wenn der Rat oder die Kommission eine Harmonisierungsmaf‌lnahme erlassen hat, f¸r erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gr¸nde f¸r ihre Beibehaltung der Kommission mit.

-

(6) Die Kommission beschlief‌lt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen nach [Abs.] 4 -, die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen zu billigen oder abzulehnen, nachdem sie gepr¸ft hat, ob sie ein Mittel zur willk¸rlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschr‰nkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern.

Trifft die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keine Entscheidung, so gelten die in [Abs.] 4 - genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt.

Die Kommission kann, sofern dies aufgrund des schwierigen Sachverhalts gerechtfertigt ist und keine Gefahr f¸r die menschliche Gesundheit besteht, dem betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass der in diesem Absatz genannte Zeitraum gegebenenfalls um einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Monaten verl‰ngert wird.-

4 ††††††††Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten f¸r Beschr‰nkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gef‰hrlicher Stoffe und Zubereitungen (ABl. L†262, S.†201) enth‰lt Bestimmungen, mit denen das Inverkehrbringen und die Verwendung gewisser gef‰hrlicher Stoffe und Zubereitungen beschr‰nkt werden.

5 ††††††††Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/769 ist diese auf die in ihrem Anhang aufgef¸hrten gef‰hrlichen Stoffe und Zubereitungen anwendbar. Die Mitgliedstaaten treffen nach Art. 2 der Richtlinie 76/769 alle zweckdienlichen Maf‌lnahmen, damit die im Anhang aufgef¸hrten gef‰hrlichen Stoffe und Zubereitungen nur unter den dort angegebenen Bedingungen in den Verkehr gebracht oder verwendet werden.

6 ††††††††Die Richtlinie 76/769 ist mehrfach ge‰ndert worden, insbesondere um neue gef‰hrliche Stoffe und Zubereitungen in den Anhang aufzunehmen und zum Schutz der menschliche Gesundheit oder der Umwelt ihr Inverkehrbringen oder ihre Verwendung zu beschr‰nken.

7 ††††††††Mit der Richtlinie 2002/45/EG des Europ‰ischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 zur 20. ƒnderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates hinsichtlich der Beschr‰nkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gef‰hrlicher Stoffe und Zubereitungen (kurzkettige Chlorparaffine) (ABl. L†177, S.†21, im Folgenden: SCCP-Richtlinie) wurde im Anhang der Richtlinie 76/769 eine Nr. 42 eingef¸gt, die das Inverkehrbringen und die Verwendung von SCCP regelt.

8 ††††††††Nach Nr. 42.1 des Anhangs der Richtlinie 76/769 in der durch die SCCP-Richtlinie ge‰nderten Fassung -[d]¸rfen [SCCP] nicht zur Verwendung als Stoffe oder Bestandteile von anderen Stoffen oder Zubereitungen in Konzentrationen von ¸ber 1 %

-††††††††in der Metallver- und Metallbearbeitung und

-††††††††zum Fetten von Leder

in Verkehr gebracht werden-.

9 ††††††††Nach Nr. 42.2 dieses Anhangs werden -[a]lle verbleibenden Verwendungen kurzkettiger Chlorparaffine - vor dem 1. Januar 2003 von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und dem OSPAR-Ausschuss unter Ber¸cksichtigung aller einschl‰gigen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ¸ber die Gesundheits- und Umweltrisiken kurzkettiger Chlorparaffine erneut gepr¸ft. Das Europ‰ische Parlament wird ¸ber die Ergebnisse dieser Pr¸fung unterrichtet.-

10 ††††††Die Mitgliedstaaten erlassen und verˆffentlichen nach Art. 2 Abs. 1 der SCCP-Richtlinie sp‰testens bis 6. Juli 2003 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen; sie setzen die Kommission unverz¸glich davon in Kenntnis und wenden diese Vorschriften sp‰testens am 6. Januar 2004 an.

Nationales Recht

11 ††††††Am 3. November 1999 erlief‌l das Kˆnigreich der Niederlande zur Erf¸llung seiner internationalen Verpflichtungen nach dem Pariser ‹bereinkommen und dem PARCOM-Beschluss 95/1 den Besluit houdende regels inzake het beperken van het gebruik van kortketenige gechloreerde paraffines (Besluit gechloreerde paraffines WMS) (Verordnung mit Vorschriften ¸ber die Beschr‰nkung der Verwendung kurzkettiger Chlorparaffine [Chlorparaffinverordnung - Gesetz ¸ber umweltgef‰hrdende Stoffe], Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden, 1999, S.†478, im Folgenden: Besluit). Nach seinem Art. 4 ist der Besluit am 31. Dezember 1999 in Kraft getreten.

12 ††††††Gem‰f‌l seinem Art. 1 gilt der Besluit f¸r chlorierte Alkane mit einer Kette von 10 bis 13 Kohlenstoffatomen und einem Chlorierungsgrad von mindestens 48 Gewichtsprozent.

13 ††††††Art. 2 Abs. 1 des Besluit bestimmt, dass die in Art. 1 genannten SCCP nicht

a)††††††als Weichmacher in Farben, Beschichtungen oder Dichtungsmassen,

b)††††††in ÷len f¸r die Metallbearbeitung oder

c)††††††als Flammschutzmittel in Gummi, Kunststoffen oder Textilien

verwendet werden d¸rfen.

14 ††††††SCCP kˆnnen allerdings gem‰f‌l Art. 2 Abs. 2 des Besluit weiterhin bis zum 31. Dezember 2004 in Dichtungsmassen in Wehren oder als Flammschutzmittel in Fˆrderb‰ndern verwendet werden, die ausschlief‌llich f¸r den Einsatz im Bergbau bestimmt sind.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

15 ††††††Nach Erlass der SCCP-Richtlinie teilte die niederl‰ndische Regierung mit Schreiben vom 17. Januar 2003 der Kommission mit, sie gehe davon aus, dass sich die Harmonisierungsreichweite der SCCP-Richtlinie auf die Verwendungen der SCCP beschr‰nke, die in Nr. 42.1 des Anhangs der Richtlinie 76/769 in der durch die SCCP-Richtlinie ge‰nderten Fassung ausdr¸cklich untersagt w¸rden. Folglich l‰gen andere Verwendungen wie diejenigen, die sich aus dem PARCOM-Beschluss 95/1 erg‰ben, auf‌lerhalb des Harmonisierungsbereichs der SCCP-Richtlinie, so dass sie von den Mitgliedstaaten genehmigt oder untersagt werden kˆnnten, ohne dass diese auf das in Art. 95 Abs. 4 und 6 EG vorgesehene Verfahren zur¸ckgreifen m¸ssten.

16 ††††††Die niederl‰ndische Regierung berief sich in ihrem Schreiben vom 17. Januar 2003 auf‌lerdem -vorsorglich und soweit rechtlich geboten- auf Art. 95 Abs. 4 EG und teilte gem‰f‌l dieser Vorschrift die Gr¸nde mit, die f¸r die Beibehaltung der im PARCOM-Beschluss 95/1 enthaltenen Verbote in ihrer nationalen Rechtsordnung spr‰chen. Mit gleichem Schreiben brachte sie schlief‌llich -die Hoffnung [zum Ausdruck], dass die Kommission alsbald ihren Standpunkt zu dem [des Kˆnigreichs] der Niederlande hinsichtlich des Spielraums bestimmen [mˆge], ¸ber den [das Kˆnigreich der Niederlande] f¸r die Beibehaltung seiner nationalen Regelung verf¸ge, und dass die Kommission den Antrag nach Art. 95 Abs. 4 EG positiv bescheiden [mˆge]-.

17 ††††††Mit Schreiben vom 25. M‰rz 2003 informierte die Kommission das Kˆnigreich der Niederlande dar¸ber, dass sie die Notifizierung nach Art. 95 Abs. 4 EG erhalten habe und der Lauf der sechsmonatigen Frist f¸r ihre Pr¸fung am 22. Januar 2003 begonnen habe, also an dem auf den Erhalt der Notifizierung folgenden Tag. Mit gleichem Schreiben gab die Kommission...

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