Beschlüsse nº T-43/98 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, August 14, 1998

Resolution DateAugust 14, 1998
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-43/98

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

14. August 1998 (1) „Assoziationsregelung der überseeischen Länder und Gebiete - Beschlüsse 91/482/EWG und 97/803/EG - Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Tätigwerden - Keine Dringlichkeit“

In der Rechtssache T-43/98 R

Emesa Sugar (Free Zone) NV, Gesellschaft des arubanischen Rechts mit Sitz in Oranjestad (Aruba), Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Gerard van der Wal, zugelassen beim Hoge Raad der Nederlanden, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Aloyse May, 31, Grand-rue, Luxemburg,

Antragstellerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch die Rechtsberater Jürgen Huber und Guus Houttuin als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Alessandro Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

Antragsgegner,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Thomas van Rijn als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Königreich Spanien, vertreten durch Abogados del Estado Rosario Silva de Lapuerta und Mónica López-Monis Gallego, Dienst für Gemeinschaftsrechtsstreitigkeiten, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Spanische Botschaft, 4-6, boulevard E. Servais, Luxemburg,

und

Französische Republik, vertreten durch Claude Chavance, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,

Streithelfer,

wegen teilweiser Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses 97/803/EG des Rates vom 24. November 1997 zur Halbzeitänderung des Beschlusses 91/482/EWG über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 329, S. 50) erläßt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluß

Rechtlicher Rahmen

1.
Die Insel Aruba ist Teil der mit der Gemeinschaft assoziierten überseeischen Länder und Gebiete (im folgenden: ÜLG). Die Assoziation der ÜLG mit der Gemeinschaft ist im Vierten Teil des EG-Vertrages und dem Beschluß 91/482/EWG des Rates vom 25. Juli 1991 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 263, S. 1; im folgenden: ÜLG-Beschluß), der in Durchführung des Artikels 136 Absatz 2 EG-Vertrag erlassen wurde, geregelt.

2.
Nach Artikel 133 Absatz 1 EG-Vertrag werden die Zölle bei der Einfuhr aus den ÜLG in die Mitgliedstaaten vollständig abgeschafft; dies geschieht nach Maßgabe der im EG-Vertrag vorgesehenen schrittweisen Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten.

3.
Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses in seiner ursprünglichen Fassung lautete:

„Waren mit Ursprung in den ÜLG sind frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen.“

4.
Artikel 102 des Beschlusses lautete:

„Die Gemeinschaft wendet bei der Einfuhr von Ursprungswaren der ÜLG keine mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung an.“

5.
Artikel 108 Absatz 1 erster Gedankenstrich des ÜLG-Beschlusses verweist für die Bestimmung des Begriffes Ursprungswaren und die Methoden für die Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesem Gebiet auf dessen Anhang II (im folgenden: Anhang II).

6.
Nach Artikel 1 des Anhangs II gilt ein Erzeugnis als Ursprungsware der ÜLG, der Gemeinschaft oder der Atlantik-Karibik-Pazifik-Staaten (im folgenden: AKP-Staaten), wenn es dort entweder vollständig hergestellt oder gewonnen oder in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden ist.

7.
Nach Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II gelten vollständig in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene Erzeugnisse, wenn sie in den ÜLG be- oder verarbeitet werden, als vollständig in den ÜLG hergestellt. Nach dieser Bestimmung, der sogenannten „Ursprungskumulierung AKP/ÜLG“, konnte daher Zucker mit Ursprung in den AKP-Staaten, der in den ÜLG in bestimmtem Umfang be- oder verarbeitet wurde, zollfrei in die Gemeinschaft eingeführt werden.

8.
Der ÜLG-Beschluß gilt nach seinem Artikel 240 Absatz 1 für einen Zeitraum von zehn Jahren, der am 1. März 1990 begann. Nach Artikel 240 Absatz 3 Buchstaben a und b beschließt der Rat vor Ablauf des ersten Fünfjahreszeitraums gegebenenfalls außer der finanziellen Hilfe der Gemeinschaft für den zweitenFünfjahreszeitraum auf Vorschlag der Kommission einstimmig auch die etwaigen Änderungen des ÜLG-Beschlusses, die von den zuständigen Behörden der ÜLG gewünscht oder von der Kommission aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen oder aufgrund von Änderungen, die zwischen der Gemeinschaft und den AKP-Staaten ausgehandelt werden, vorgeschlagen worden sind.

9.
Die Kommission empfahl in einer Mitteilung an den Rat über die Halbzeitprüfung der Assoziation der ÜLG mit der Europäischen Gemeinschaft (Dokument KOM [94] 538 endg. vom 21. Dezember 1994) verschiedene Anpassungen dieser Assoziation.

10.
Am 16. Februar 1996 legte sie dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluß zur Halbzeitänderung des ÜLG-Beschlusses vor (ABl. C 139, S. 1). In der sechsten und siebten Begründungserwägung dieses Vorschlags führte sie aus, nach Einführung des freien Marktzugangs für alle Ursprungswaren der ÜLG und die Aufrechterhaltung der Ursprungskumulierung AKP/ÜLG sei festgestellt worden, daß ein Konflikt zwischen den Zielen zweier Gemeinschaftspolitiken drohe, nämlich der Entwicklung der ÜLG und der gemeinsamen Agrarpolitik.

11.
In dem Bestreben, dieses Konfliktrisiko zu beseitigen, erließ der Rat den Beschluß 97/803/EG vom 24. November 1997 zur Halbzeitänderung des Beschlusses 91/482/EWG über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 329, S. 50; im folgenden: angefochtener Beschluß).

12.
In der siebten Begründungserwägung dieses Beschlusses führte er aus:

„Um neuen Störungen vorzubeugen, ist mit Hilfe geeigneter Maßnahmen ein Rahmen festzulegen, der einen geregelten Handel begünstigt und gleichzeitig mit der gemeinsamen Agrarpolitik vereinbar ist.“

13.
Zu diesem Zweck wurden durch den angefochtenen Beschluß die Artikel 108a und 108b in den ÜLG-Beschluß eingefügt, die die Ursprungskumulierung AKP/ÜLG für Reis und Zucker im Rahmen einer bestimmten jährlichen Gesamtmenge zulassen.

14.
So bestimmt Artikel 108b Absätze 1 und 2 des ÜLG-Beschlusses:

„(1) ... die in Anhang II Artikel 6 genannte Ursprungskumulierung AKP/ÜLG [wird] für eine Jahresmenge von 3 000 Tonnen Zucker zugelassen.

(2) Was die Durchführung der in Absatz 1 genannten Kumulierungsregeln AKP/ÜLG anbelangt, so gilt das Formen von Würfeln aus Zucker oder das Färben als ausreichend, um dem Erzeugnis die Eigenschaft eines Erzeugnisses mit Ursprung in den ÜLG zu verleihen.“

15.
Der angefochtene Beschluß änderte auch die Artikel 101 Absatz 1 und 102 des ÜLG-Beschlusses, die nunmehr wie folgt lauten:

„Artikel 101

(1) Waren mit Ursprung in den ÜLG sind frei von Einfuhrabgaben zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen.

...

Artikel 102

Unbeschadet der Artikel 108a und 108b wendet die Gemeinschaft bei der Einfuhr von Ursprungswaren der ÜLG keine mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung an.“

Sachverhalt und Verfahren

16.
Seit April 1997 betreibt die Antragstellerin eine Zuckerfabrik auf der Insel Aruba und führt Zucker in die Gemeinschaft aus.

17.
Da Zucker in Aruba nicht erzeugt wird, kauft die Antragstellerin bei in den AKP-Staaten niedergelassenen Zuckerrohrraffinerien Weißzucker. Der angekaufte Zucker wird nach Aruba befördert, wo er Be- und Verarbeitungsvorgängen unterzogen wird, nach deren Abschluß das Erzeugnis als Enderzeugnis gilt. Diese Vorgänge bestehen aus der Reinigung des Zuckers, seiner Zerkleinerung (dem sogenannten „Milling“: der Zucker wird nach den vom Abnehmer angegebenen Spezifikationen auf das gewünschte Maß gebracht) und seiner Verpackung. Die Fabrik der Antragstellerin hat nach ihren Angaben eine Mindestbehandlungskapazität von 34 000 t Zucker pro Jahr.

18.
Die Antragstellerin hat mit Klageschrift, die am 10. März 1998 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag Klage auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben.

19.
Sie hat mit besonderem Schriftsatz, der am 10. April 1998 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 185 EG-Vertrag die Aussetzung des Vollzugs von Artikel 1 Nummern 28, 30, 32 und 60 des...

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