Urteile nº T-384/10 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, May 29, 2013

Resolution DateMay 29, 2013
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-384/10

„Kohäsionsfonds – Verordnung (EG) Nr. 1164/94 – Vorhaben, die die Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana im Gebiet von Andévalo, die Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken sowie die Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga betreffen – Teilweise Streichung der finanziellen Beteiligung – Öffentliche Bau- und Dienstleistungsaufträge – Begriff des ‚Bauwerks‘ – Auftragsaufteilung – Festsetzung der Finanzkorrekturen – Anhang II Art. H Abs. 2 der Verordnung Nr. 1164/94 – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑384/10

Königreich Spanien, Prozessbevollmächtigter: zunächst J. M. Rodríguez Cárcamo, dann A. Rubio González, abogados del Estado,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Steiblytė, D. Kukovec und B. Conte als Bevollmächtigte, zunächst im Beistand von J. Rivas Andrés und X. García García, avocats, sowie von M. Vilarasau Slade, Solicitor, dann im Beistand von J. Rivas Andrés und X. García García,

Beklagte,

wegen eines Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2010) 4147 der Kommission vom 30. Juni 2010, mit der die finanzielle Beteiligung des Kohäsionsfonds an folgenden Vorhaben (Vorhabengruppen) gekürzt wurde: „Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana: Kreis Andévalo“ (2000.ES.16.C.PE.133), „Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken: Guadaira, Aljarafe und Nationale Schutzzonen des Guadalquivir“ (2000.16.C.PE.066) sowie „Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga“ (2002.ES.16.C.PE.061),

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, des Richters S. Frimodt Nielsen und der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin),

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2012

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

Den Kohäsionsfonds betreffende Vorschriften

1 Art. 158 EG (jetzt nach Änderung Art. 174 AEUV) bestimmt:

„Die Gemeinschaft entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern.

Die Gemeinschaft setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern.“

2 Art. 161 Abs. 2 EG (jetzt nach Änderung Art. 177 Abs. 2 AEUV) lautet:

„Ein vom Rat … errichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei.“

3 Der Kohäsionsfonds ist mit der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates vom 16. Mai 1994 zur Errichtung des Kohäsionsfonds (ABl. L 130, S. 1) errichtet worden.

4 Art. 4 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung regelt die Höhe der finanziellen Mittel, die Vorhaben zugeteilt werden können, die im Zeitraum 2000 bis 2006 für eine Beteiligung des Kohäsionsfonds in Betracht kommen.

5 Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung beläuft sich der Satz der Gemeinschaftsunterstützung aus dem Fonds auf 80 bis 85 v. H. der öffentlichen oder gleichgestellten Ausgaben.

6 Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„Die aus dem Fonds finanzierten Vorhaben müssen in Einklang stehen mit den Bestimmungen der Verträge, den aufgrund der Verträge erlassenen Rechtsakten und den Gemeinschaftspolitiken, einschließlich der Politiken in den Bereichen Umweltschutz, Verkehr, transeuropäische Netze, Wettbewerb und Vergabe öffentlicher Aufträge.“

7 Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„(1) Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften übernehmen in erster Linie die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Vorhaben. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Maßnahmen:

c) Sie stellen sicher, dass die Vorhaben in Übereinstimmung mit allen geltenden Gemeinschaftsvorschriften verwaltet und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nach dem Grundsatz einer wirtschaftlichen Haushaltsführung verwendet werden.

…“

8 Die Regeln zur Verwaltung des Kohäsionsfonds werden in Anhang II der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung im Einzelnen dargestellt.

9 Art. H des Anhangs II der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„Finanzkorrekturen

„(1) Wenn die Kommission nach Abschluss der notwendigen Überprüfungen zu dem Schluss gelangt, dass

a) die Durchführung eines Vorhabens die gewährte Beteiligung weder ganz noch teilweise rechtfertigt, wobei auch die Nichterfüllung einer der in der Entscheidung zur Gewährung der Beteiligung genannten Bedingungen und insbesondere jede erhebliche Änderung der Art des Vorhabens oder seiner Durchführungsbedingungen, für die nicht um die Zustimmung der Kommission nachgesucht wurde, als Grund in Frage kommt, oder

b) Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang mit der Beteiligung des Fonds vorliegen und der betreffende Mitgliedstaat nicht die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen hat,

so setzt die Kommission die Beteiligung des Fonds an dem betreffenden Vorhaben aus und fordert den Mitgliedstaat unter Angabe von Gründen auf, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern.

Erhebt der Mitgliedstaat Einwände gegen die Bemerkungen der Kommission, so wird er von der Kommission zu einer Anhörung eingeladen, bei der beide Seiten bemüht sind, zu einer Einigung über die Bemerkung und die daraus zu ziehenden Schlüsse zu gelangen.

(2) Bei Ablauf des von der Kommission festgelegten Zeitraums fasst die Kommission, wenn innerhalb von drei Monaten kein Einvernehmen erzielt worden ist, unter Beachtung des vorgesehenen Verfahrens und unter Berücksichtigung etwaiger Bemerkungen des Mitgliedstaats den Beschluss,

a) den Vorschuss gemäß Artikel D Absatz 2 zu kürzen oder

b) die erforderlichen Finanzkorrekturen vorzunehmen. Dies bedeutet, dass die Fondsbeteiligung für das betreffende Vorhaben ganz oder teilweise gestrichen wird.

Diese Beschlüsse werden unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gefasst. Die Kommission setzt den Betrag einer Korrektur unter Berücksichtigung der Art der Unregelmäßigkeit oder der Änderung sowie des Umfangs der möglichen finanziellen Auswirkungen etwaiger Mängel der Verwaltungs- oder Kontrollsysteme fest. Bei Kürzung oder Streichung der Beteiligung werden die gezahlten Beträge wiedereingezogen.

(3) Zu Unrecht erhaltene und wieder einzuziehende Beträge werden an die Kommission zurückgezahlt. Nach den von der Kommission festzulegenden Regeln werden Verzugszinsen erhoben.

(4) Die Kommission legt die ausführlichen Durchführungsbestimmungen für die Absätze 1 bis 3 fest und teilt sie den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament mit.“

10 Die Art. 17 bis 21 der Verordnung (EG) Nr. 1386/2002 der Kommission vom 29. Juli 2002 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme bei Kohäsionsfondsinterventionen und das Verfahren für die Vornahme von Finanzkorrekturen (ABl. L 201, S. 5) beschreiben Gegenstand und Anwendungsbereich der Verordnung und enthalten ausführliche Vorschriften zu dem Verfahren, das bei der Anwendung von Korrekturen an der vom Kohäsionsfonds ab 1. Januar 2000 erhaltenen Unterstützung einzuhalten ist.

11 Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1386/2002 bestimmt:

„(1) Die Höhe der Finanzkorrekturen, die die Kommission gemäß Anhang II Artikel H Absatz 2 der Verordnung … Nr. 1164/94 für einzelne oder systematische Unregelmäßigkeiten vornimmt, wird, soweit möglich und ausführbar, auf der Grundlage einzelner Dossiers ermittelt und entspricht, unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit, dem Betrag, der dem Fonds zu Unrecht belastet wurde.

(2) Ist eine genaue Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit nicht möglich oder ausführbar oder wäre es unverhältnismäßig, die betreffenden Ausgaben ganz zu streichen, und stützt die Kommission daher Finanzkorrekturen auf eine Extrapolation oder einen Pauschalsatz, so verfährt sie folgendermaßen:

a) im Falle einer Extrapolation wendet sie eine repräsentative Stichprobe von Vorgängen mit ähnlichen Merkmalen an;

b) im Falle eines Pauschalsatzes bewertet sie die Bedeutung der Regelverletzung und den Umfang und die finanziellen Auswirkungen der Mängel des Verwaltungs- und Kontrollsystems, die zur festgestellten Unregelmäßigkeit geführt haben.

…“

12 Die Leitlinien für die von den Kommissionsdienststellen angewendeten Grundsätze, Kriterien und indikativen Sätze bei der Festsetzung von Finanzkorrekturen gemäß Anhang II Artikel H Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds (K[2002] 2871) (im Folgenden: Leitlinien 2002) legen die Kriterien und allgemeinen Grundsätze dar, auf die die Europäische Kommission in der Praxis bei der Festsetzung der genannten Finanzkorrekturen zurückgreift. Im Übrigen sehen die Leitlinien für die Ermittlung von Finanzkorrekturen, die an aus den Strukturfonds oder dem Kohäsionsfonds kofinanzierten Ausgaben vorzunehmen sind, wenn die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen nicht eingehalten wurden (im Folgenden: Leitlinien 2007), Beträge und Sätze vor, die spezifisch bei Unregelmäßigkeiten anzuwenden sind, die bei der Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über Verfahren zur Vergabe von aus dem Kohäsionsfonds kofinanzierten öffentlichen Aufträgen entdeckt werden.

Einschlägige Bestimmungen für öffentliche Aufträge

13 Die nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 (vgl. vorstehend Randnr. 6) einschlägige Referenzregelung für öffentliche Aufträge besteht insbesondere in der Richtlinie 93/37/EWG des...

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