Urteile nº T-39/16 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, April 06, 2017

Resolution DateApril 06, 2017
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-39/16

„Unionsmarke - Widerspruchsverfahren - Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union - Bildmarke NANA FINK - Ältere Unionswortmarke NANA - Keine Ähnlichkeit der Waren - Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 - Umfang der von der Beschwerdekammer vorzunehmenden Prüfung - Pflicht, über die gesamte Beschwerde zu entscheiden“

In der Rechtssache T-39/16

Nanu-Nana Joachim Hoepp GmbH & Co. KG mit Sitz in Bremen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Boddien,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Schifko als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Nadine Fink, wohnhaft in Basel (Schweiz),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. November 2015 (Sache R 679/2014-1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Nanu-Nana Joachim Hoepp und Frau Fink

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich und P. G. Xuereb (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 25. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 25. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Parteien und deren am 30. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antworten auf diese Fragen,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäf‌l Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 29. März 2012 erwirkte das Unternehmen, dessen Rechtsnachfolgerin Frau Nadine Fink ist, beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) unter der Nr. 1111651 eine internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union für folgende Bildmarke:

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2 Es wurden folgende Waren der Klassen 14, 18 und 26 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beansprucht:

- Klasse 14: „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Schlüsselanhänger, Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen“;

- Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Tierhäute; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Koffertragetaschen, Brieftaschen“;

- Klasse 26: „Gürtelschlief‌len; Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen“.

3 Diese internationale Registrierung wurde dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäf‌l der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) mitgeteilt. Sie wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 71/2012 vom 13. April 2012 veröffentlicht. Am 24. August 2012 wurde diese internationale Registrierung auf Frau Fink übertragen.

4 Am 9. Januar 2013 legte die Klägerin, die Nanu-Nana Joachim Hoepp GmbH & Co. KG, nach den Art. 41 und 156 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die internationale Registrierung ein, soweit sie die Union betraf, und zwar für alle oben in Rn. 2 genannten Waren.

5 Der Widerspruch war auf die am 19. April 2011 unter der Nr. 6218945 eingetragene ältere Unionswortmarke NANA gestützt, die u. a. folgende Waren der Klassen 14, 18 und 26 erfasst:

- Klasse 14: „Uhren und andere Zeitmessinstrumente aller Art; Modeschmuck; Schlüsselanhänger; Schmuckwaren, Juwelierwaren; Dekorationsartikel aus Edelmetall“;

- Klasse 18: „Waren aus Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Taschen aller Art (soweit in Klasse 18 enthalten); Brieftaschen, Geldbörsen; Koffer aller Art (soweit in Klasse 18 enthalten); Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Reisenecessaires und deren Teile (soweit in Klasse 18 enthalten)“;

- Klasse 26: „Kunstblumen“.

6 Der Widerspruch wurde auf das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt.

7 Mit Entscheidung vom 21. Januar 2014 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt. Für folgende Waren wurde er aufgrund fehlender Warenähnlichkeit zurückgewiesen:

- Klasse 14: „Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen; Edelmetalle und deren Legierungen“;

- Klasse 18: „Leder und Lederimitationen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Tierhäute“;

- Klasse 26: „Gürtelschlief‌len, Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen“.

8 Hinsichtlich der übrigen von der internationalen Registrierung erfassten Waren gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch aufgrund von Verwechslungsgefahr statt.

9 Am 7. März 2014 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10 Mit Entscheidung vom 12. November 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie nahm dabei an, dass die Widerspruchsabteilung den Widerspruch für folgende Waren zurückgewiesen hatte:

- Klasse 14: „Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen“;

- Klasse 18: „Leder und Lederimitationen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Tierhäute“;

- Klasse 26: „Gürtelschlief‌len, Beschläge und Verzierungen für Reif‌lverschlüsse aus Edelmetallen“.

11 Die Beschwerdekammer hielt diese Waren und die von der älteren Marke erfassten Waren nicht für ähnlich. Dazu führte sie aus, dass diese Waren zum Teil Einzelteile und zum Teil Rohstoffe oder halbfertige Materialien seien, die in erster Linie der Herstellung anderer Waren dienten und sich somit an ein besonders aufmerksames Fachpublikum richteten, während die von der älteren Marke erfassten Waren Fertigprodukte seien, die sich an den angemessen aufmerksamen Endverbraucher richteten. Die Beschwerdekammer kam zu dem Ergebnis, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe, weil die betreffenden Waren nicht ähnlich seien.

Anträge der Parteien

12 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

13 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit bestimmter Argumente der Klägerin

14 Das EUIPO macht geltend, die Klägerin begründe ihr Vorbringen zur Ähnlichkeit der Waren der Klassen 14, 18 und 26 gröf‌ltenteils im Hinblick auf Waren wie „Gürtel“, „Kleidungsstücke“ oder auch „Möbel“, „Bettwaren“ und „Künstlerbedarfsartikel“, die in Wirklichkeit zu anderen Klassen gehörten, für die die ältere Marke eingetragen worden sei, die jedoch nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens vor dem EUIPO gewesen seien. Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich dieser anderen Waren seien somit als unzulässig zu beurteilen.

15 Des Weiteren macht das EUIPO geltend, die Klägerin bringe vor dem Gericht erstmals neue Argumente vor. Es bezieht sich insoweit zunächst auf das Vorbringen der Klägerin, dass „Leder“ und „Tierhäute“ nicht nur als Rohstoffe zur Verarbeitung für Endprodukte dienten, sondern auch als solche unmittelbar als Dekorationsgegenstände auf dem Markt feilgeboten würden. Sodann hält das EUIPO auch das Vorbringen der Klägerin für neu, dass die ältere Marke, deren Inhaberin sie sei, auch für „Lederimitationen“ als solche eingetragen sei. Schlief‌llich sei auch das Vorbringen der Klägerin neu, das die Vorgehensweise der Beschwerdekammern in älteren Entscheidungen betreffe, in denen diese eine Ähnlichkeit zwischen „Leder“ und „Tierhäuten“ im Sinne von Vorprodukten einerseits und den aus diesen Materialien hergestellten Endprodukten andererseits angenommen hätten. Da diese Argumente erstmals vor dem Gericht geltend gemacht worden seien, müssten sie somit für unzulässig erklärt werden.

16 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die gemäf‌l Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 beim Gericht erhobene Klage auf die Kontrolle der Rechtmäf‌ligkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern gerichtet ist. Im Rahmen der Verordnung Nr. 207/2009 ist diese Kontrolle nach ihrem Art. 76 anhand des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens des Rechtsstreits vorzunehmen, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Februar 2005, SPAG/HABM - Dann und Backer [HOOLIGAN], T-57/03, EU:T:2005:29, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17 Ferner können die im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht eingereichten Schriftsätze der Parteien nach Art. 188 seiner Verfahrensordnung den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern.

18 Anhand dieser Grundsätze ist das Vorbringen des EUIPO zur Zulässigkeit bestimmter Argumente der Klägerin zu prüfen.

19 Zur Zulässigkeit des Vorbringens der Klägerin zum Vergleich der in Rede stehenden Waren mit anderen Waren als denen, die Gegenstand des Verwaltungsverfahrens vor dem EUIPO waren, ist festzustellen, dass die Klägerin im Widerspruchsformular in der Rubrik „Waren und Dienstleistungen, auf denen der Widerspruch beruht“ nicht das Kästchen „alle Waren und Dienstleistungen der Eintragung/Anmeldung“, sondern das Kästchen „folgende Waren und Dienstleistungen“ ankreuzte und in dieser Rubrik „alle Waren der Klassen 14, 18 und 26“ angab. Die Klägerin stützte den Widerspruch somit nur auf die von der älteren Marke erfassten Waren der...

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