Urteile nº T-97/16 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, May 04, 2017

Resolution DateMay 04, 2017
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-97/16

„Unionsmarke - Verfallsverfahren - Unionswortmarke GEOTEK - Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 - Regel 40 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 - Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke - Verspätung - Regel 61 Abs. 2 und 3 und Regel 65 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 - Mitteilung der festgesetzten Frist an den Inhaber per Fax - Fehlen von Umständen, die den vom EUIPO vorgelegten Sendebericht in Frage stellen könnten - Art. 78 der Verordnung Nr. 207/2009 - Regel 57 der Verordnung Nr. 2868/95 - Antrag auf Zeugenvernehmung - Ermessensspielraum des EUIPO“

In der Rechtssache T-97/16

Martin Kasztantowicz, wohnhaft in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt R. Ronneburger,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf und A. Söder als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Gbb Group Ltd mit Sitz in Letchworth (Vereinigtes Königreich),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 14. Dezember 2015 (Sache R 3025/2014-5) zu einem Verfallsverfahren zwischen Gbb Group und Herrn Kasztantowicz

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter) sowie der Richter A. Dittrich und P. G. Xuereb,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 29. Februar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 13. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Hauptparteien innerhalb der Frist von drei Wochen, nachdem die Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens erfolgt ist, einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat, und des gemäf‌l Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 20. März 2007 meldete der Kläger, Herr Martin Kasztantowicz, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1), beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen GEOTEK für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 des Abkommens von Nizza.

3 Aus den Akten der Sache vor dem EUIPO ergibt sich, dass die oben in Rn. 2 angeführte Marke am 21. Januar 2009 eingetragen wurde.

4 Am 18. Februar 2014 stellte die Gbb Group Ltd einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der streitigen Marke gemäf‌l Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, da diese Marke in der Europäischen Union für die betreffenden Waren und Dienstleistungen nicht ernsthaft benutzt worden sei.

5 Am 24. Februar 2014 teilte die Löschungsabteilung dem Kläger per Fax an die Nummer, die dieser dem EUIPO mit seiner Anmeldung der streitigen Marke angegeben hatte, mit, dass der oben genannte Antrag auf Erklärung des Verfalls eingegangen und eingetragen worden sei. Die Löschungsabteilung forderte den Kläger am selben Tag mit einem weiteren Fax, das an dieselbe Faxnummer gesandt wurde, auf, den Nachweis der ernsthaften Benutzung der streitigen Marke zu führen und eine etwaige Stellungnahme bis spätestens 24. Mai 2014 vorzulegen (im Folgenden: Mitteilung vom 24. Februar 2014).

6 Am 2. Juni 2014 übermittelte die Löschungsabteilung dem Kläger sowohl per Fax als auch postalisch ein Dokument (im Folgenden: Schreiben vom 2. Juni 2014), in dem sie zum einen feststellte, dass er innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben habe, und ihn zum anderen darüber informierte, dass das EUIPO seine Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Verfalls - auf‌ler die Vorlage von Stellungnahmen oder zusätzlichen Beweismitteln erweise sich nach Prüfung der Akten als erforderlich - anhand der ihm vorliegenden Beweismittel treffen werde.

7 Es steht fest, dass der Kläger das Schreiben vom 2. Juni 2014 nicht erhielt und dass dieses an das EUIPO zurückgesandt wurde.

8 Nachdem der Kläger am 23. Juni 2014 Zugang zum elektronischen Kommunikationsdienst des EUIPO beantragt hatte, informierte er dieses darüber, dass er wegen einer Änderung seiner Anschrift zuvor keine Kenntnis vom Antrag auf Erklärung des Verfalls gehabt habe. Zugleich teilte er dem EUIPO seine neue Postanschrift mit.

9 Im Rahmen derselben Mitteilung lieferte er Beweise zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der streitigen Marke. Er bezog sich hierbei auf seinen Internetauftritt, auf mehrere deutsch- und anderssprachige Internetauftritte, auf ein Projekt der Gesellschaft GEOTEK Datentechnik GmbH sowie auf die Beliebtheit verschiedener Waren und Dienstleistungen dieser Gesellschaft. Er legte auch drei Arten von Bestellscheinen vor, auf denen der Name der Gesellschaft GEOTEK Datentechnik stand (im Folgenden: am 23. Juni 2014 vorgelegte Beweise).

10 Am 27. Juni 2014 teilte das EUIPO dem Kläger mit, dass die am 23. Juni 2014 vorgelegten Beweise dem Antragsteller auf Verfallserklärung ausschlief‌llich informationshalber mitgeteilt worden seien und dass sie, da sie nicht innerhalb der gesetzten Frist eingegangen seien, keine Berücksichtigung fänden.

11 Mit Entscheidung vom 26. September 2014 gab die Löschungsabteilung dem Antrag auf Erklärung des Verfalls der streitigen Marke statt. Sie stellte insbesondere fest, dass sie „[dem Kläger] den Antrag auf Verfallserklärung [der streitigen Marke] ordnungsgemäf‌l mitgeteilt und ihm eine Frist von drei Monaten zur Führung des Nachweises der ernsthaften Benutzung [der fraglichen Marke] gesetzt“ habe. Hierbei wies die Löschungsabteilung darauf hin, dass nach Regel 40 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. 1995, L 303, S. 1) im Fall eines Antrags auf Verfallserklärung mangels ernsthafter Benutzung der streitigen Marke, wenn der Nachweis einer solchen Benutzung nicht innerhalb der gesetzten Frist geführt werde, die betreffende Marke verfalle.

12 Die Entscheidung der Löschungsabteilung wurde dem Kläger am 26. September 2014 per Fax an die oben in Rn. 5 genannte Faxnummer übersandt.

13 Am 26. November 2014 legte der Kläger gegen diese Entscheidung bei der Beschwerdekammer des EUIPO eine Beschwerde ein. Er trug vor, dass die Löschungsabteilung nicht die Tatsache berücksichtigt habe, dass er die Mitteilung vom 24. Februar 2014 nicht vor dem 23. Juni 2014 erhalten habe. Aus diesem Umstand sei zu folgern, dass die von der Löschungsabteilung gesetzte Frist von drei Monaten am 23. Juni 2014, dem Datum, an dem er dem EUIPO die oben in Rn. 9 genannten Beweise vorgelegt habe, noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Kläger machte insbesondere geltend, dass er das Schreiben vom 2. Juni 2014 aufgrund einer Änderung seiner Anschrift nie erhalten habe. Er habe dieses Schreiben auch nicht „durch ein anderes Kommunikationsmittel, insbesondere ein Fax,“ erhalten. Der Kläger schloss daraus, dass er die Mitteilung vom 24. Februar 2014, die ihm vor dem 23. Juni 2014 durch kein anderes Kommunikationsmittel übersandt worden sei, „[d]aher“ nie erhalten habe. Erst nachdem er durch einen Dritten, nämlich Herrn M. H., über einen Versuch der Zustellung des Schreibens vom 2. Juni 2014 an seine ehemalige Anschrift informiert worden sei, habe er sich beim elektronischen Kommunikationsdienst des EUIPO angemeldet und zum ersten Mal auf diesen Zugriff gehabt. Nach dieser Anmeldung habe er Zugang zur Mitteilung vom 24. Februar 2014 gehabt. „[Z]uvor habe [er] nie Zugang“ zu diesem Dienst „beantragt gehabt“. Zum Nachweis des Behaupteten beantragte der Kläger bei der Beschwerdekammer, ihn selbst sowie drei weitere Personen, nämlich seine ehemalige Ehefrau, seine Sekretärin sowie Herrn M. H., zu vernehmen.

14 Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie stellte zunächst fest, dass die Mitteilung vom 24. Februar 2014 erfolgreich an den Kläger an die oben in Rn. 5 genannte Faxnummer geschickt worden sei. Insbesondere sei für diese Mitteilung in den vom EUIPO aufbewahrten Akten die Angabe „Fax ok“ angezeigt worden. Diese Faxnummer sei seit der Anmeldung der streitigen Marke für den Schriftwechsel zwischen dem Kläger und dem EUIPO verwendet worden. Der Kläger habe das EUIPO nie über die Änderung seiner Anschrift oder seiner Faxnummer informiert.

15 Sodann entschied die Beschwerdekammer über die Möglichkeit, die am 23. Juni 2014 vorgelegten Beweise zu berücksichtigen. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 vertrat sie die Auffassung, dass das Ermessen, über das sie bei der Berücksichtigung von Beweisen verfüge, die verspätet vorgebracht und nicht nur Ergänzungen, sondern der Hauptnachweis der Benutzung einer streitigen Marke seien, restriktiv ausgeübt werden müsse. Die verspätete Vorlage solcher Nachweise könne nur dann zugelassen werden, wenn die Umstände, die sie begleiteten, die Verspätung des Inhabers der streitigen Marke rechtfertigten, was im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen sei. Denn, so die angefochtene Entscheidung, die Umstände des Einzelfalls, nämlich die „nicht gelesenen oder nicht erhaltenen Faxe, der nicht rechtzeitig mitgeteilte Wechsel der Anschrift oder der Faxnummer [und] die verspätete Kontaktaufnahme“ des Klägers mit dem EUIPO rechtfertigten weder die Verspätung der Vorlage der...

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