Urteile nº T-9/15 of Tribunal General de la Unión Europea, June 13, 2017

Resolution DateJune 13, 2017
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-9/15

In der Rechtssache T-9/15

Ball Beverage Packaging Europe Ltd mit Sitz in Luton (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Renck, zugelassen als Klägerin anstelle der Ball Europe GmbH,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Crown Hellas Can SA mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: N. Coulson und J. Koepp, Solicitors,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. September 2014 (Sache R 1408/2012-3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Crown Hellas Can und Ball Europe

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter E. Buttigieg (Berichterstatter) und L. Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín,

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 9. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 20. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 16. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 10. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 14. Oktober 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung,

aufgrund des Antrags der Klägerin auf Ersetzung gemäf‌l Art. 174 der Verfahrensordnung des Gerichts, der am 27. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, und der Stellungnahmen des EUIPO und der Ball Europe, die am 2. bzw. 18. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind,

gestützt auf Art. 174 und Art. 176 Abs. 3 und 5 der Verfahrensordnung,

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2016

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Ball Europe GmbH ist Inhaberin des Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 230 990-0006, das am 24. September 2004 für „Dosen [für Getränke]“ eingetragen wurde. Das angegriffene Geschmacksmuster wird wie folgt wiedergegeben:

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2 Im Rahmen der Anmeldung des angegriffenen Geschmacksmusters beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) beanspruchte Ball Europe eine Priorität für zwei deutsche Geschmacksmuster vom 27. März 2004 und vom 27. April 2004.

3 Die Anmeldung des angegriffenen Geschmacksmusters erfolgte in Deutsch; als zweite Sprache gemäf‌l Art. 98 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) gab Ball Europe Englisch an.

4 In dem für die Beschreibung des angemeldeten Geschmacksmusters vorgesehenen Feld des amtlichen Anmeldeformulars reichte die Ball Europe folgenden Text in englischer Sprache ein:

„Group of cans for drink, all having a sleek but high appearance with reduced neck, preferably made of thin sheet metal, especially for filling volumes of 250 ml, 300 ml or 330 ml, respectively.“ (Dosengruppe für Getränke, alle mit einem schlanken, aber hoch wirkenden Erscheinungsbild, bei reduziertem Neck, bevorzugt aus dünnem Blech, insbesondere für Füllmengen von 250 ml, 300 ml bzw. 330 ml.)

5 Am 14. Februar 2011 beantragte die Streithelferin, die Crown Hellas Can SA, beim EUIPO, das angegriffene Geschmacksmuster für nichtig zu erklären. Als Nichtigkeitsgrund gab sie Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 wegen der fehlenden Neuheit des angegriffenen Geschmacksmusters im Sinne von Art. 5 dieser Verordnung und seiner fehlenden Eigenart im Sinne von Art. 6 dieser Verordnung an.

6 Die Streithelferin machte insbesondere geltend, dass das angegriffene Geschmacksmuster identisch mit den drei im Folgenden dargestellten Getränkedosen sei, die der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des angegriffenen Geschmacksmusters zugänglich gemacht worden seien.

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7 Mit Entscheidung vom 8. Juni 2012 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des angegriffenen Geschmacksmusters zurück, weil dieses über die erforderliche Neuheit und Eigenart verfüge.

8 Am 30. Juli 2012 legte die Streithelferin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde nach den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 ein.

9 Mit Entscheidung vom 8. September 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Dritte Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und erklärte das angegriffene Geschmacksmuster für nichtig, da es ihm an der Eigenart im Sinne von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 fehle. Die Beschwerdekammer äuf‌lerte sich nicht zur Neuheit dieses Geschmacksmusters.

10 Sie prüfte den Schutzgegenstand des angegriffenen Geschmacksmusters und stellte fest, dass dieses die Erscheinungsform einer einzelnen Dose habe, die in drei unterschiedlichen Gröf‌len dargestellt sei. Unter Verweis auf Art. 98 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 lief‌l die Beschwerdekammer die der Anmeldung beigefügte Beschreibung des angegriffenen Geschmacksmusters in englischer Sprache unberücksichtigt, weil sie nicht in der von Ball Europe gewählten Sprache der Anmeldung eingereicht worden sei.

11 Die Beschwerdekammer stellte ferner im Rahmen der Prüfung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters fest, dass die Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und den älteren Geschmacksmustern unerheblich und ohne Folgen für den Gesamteindruck des informierten Benutzers, d. h. eine in der Getränkeindustrie mit dem Abfüllen von Getränken befasste Person, seien.

Anträge der Parteien

12 Ball Europe beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

13 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- Ball Europe die Kosten aufzuerlegen.

14 Die Streithelferin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung zu bestätigen;

- Ball Europe die für die vorliegende Klage, die für das Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung und die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer angefallenen Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

15 Nach Anhörung der Parteien wird zugelassen, dass die Ball Beverage Packaging Europe Ltd in Anwendung von Art. 176 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts Ball Europe ersetzt.

16 Nach Art. 176 Abs. 5 der Verfahrensordnung muss der Rechtsnachfolger, wenn dem Ersetzungsantrag stattgegeben wird, den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zum Zeitpunkt der Ersetzung befindet. Er ist an die Verfahrensschriftstücke gebunden, die von der Partei eingereicht wurden, an deren Stelle er tritt.

17 Die Klägerin, Ball Beverage Packaging Europe, stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstof‌l gegen Art. 62 Satz 1 der Verordnung Nr. 6/2002 betreffend die Begründungspflicht und zweitens einen Verstof‌l gegen deren Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 6 dieser Verordnung rügt.

18 Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin geltend gemacht, dass Rn. 21 der Klageschrift implizit auch einen dritten Klagegrund enthalte, mit dem die Verletzung der Verteidigungsrechte gerügt werde, da die Beschwerdekammer ihr die Möglichkeit hätte einräumen müssen, zu der Frage betreffend die Definition des Schutzgegenstands des angegriffenen Geschmacksmusters Stellung zu nehmen, auf die erstmals in der angefochtenen Entscheidung eingegangen worden sei. Das EUIPO und die Streithelferin haben bestritten, dass diese Randnummer einen rechtlich eigenständigen Klagegrund der Verletzung der Verteidigungsrechte enthalte, und darauf hingewiesen, dass sie nicht die Gelegenheit gehabt hätten, zu diesem vorgeblichen Klagegrund Stellung zu nehmen, da sie diese Randnummer nicht so ausgelegt hätten.

19 Nach Art. 44 ß 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

20 Nach der Rechtsprechung muss die kurze Darstellung der Klagegründe hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht gegebenenfalls ohne weitere Informationen die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2012, Insula/Kommission, T-246/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:287, Rn. 221 und die angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass Bedeutung und Tragweite eines zur Stützung einer Klage vorgetragenen Grundes in der Klage unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden müssen (Urteil vom 13. Juni 2012, Insula/Kommission, T-246/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:287, Rn. 262).

21 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin in der Klageschrift die beiden oben in Rn. 17 wiedergegebenen Klagegründe klar geltend. Zudem wirft die Klägerin in Rn. 21 der Klageschrift der Beschwerdekammer vor, den Schutzgegenstand des angegriffenen Geschmacksmusters geändert zu haben, „obwohl die Kammer dazu gar nicht befragt [worden sei]“. Ferner macht die Klägerin in Rn. 19 der Klageschrift geltend, dass die Aussagen der Beschwerdekammer zur Eintragbarkeit des angegriffenen Geschmacksmusters nach Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 irrelevant seien, da die Beteiligten sich zu dieser Problematik nicht hätten äuf‌lern können, wie dies nach Art. 62 Satz 2 der Verordnung Nr. 6/2002 erforderlich gewesen wäre. Dennoch kann aus diesem Vorbringen nicht der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin einen rechtlich eigenständigen Klagegrund der Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend gemacht hat. Dieser Klagegrund wurde - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - weder ausdrücklich geltend gemacht noch hinreichend entwickelt. Weder die Struktur noch die in der Klageschrift verwendeten Überschriften, weder ihr mit „Zusammenfassung der Klagegründe“ überschriebener Teil noch der sonstige Inhalt der Klageschrift zeigen, dass die Klägerin einen eigenständigen Klagegrund der Verletzung ihrer...

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