Urteile nº T-419/17 of Tribunal General de la Unión Europea, May 18, 2018

Resolution DateMay 18, 2018
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-419/17

„Unionsmarke - Verfallsverfahren - Unionswortmarke VSL#3 - Marke, die im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, geworden ist - Marke, die geeignet ist, das Publikum irrezuführen - Art. 51 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T-419/17

Mendes SA mit Sitz in Lugano (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Carpineti,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch J. Crespo Carrillo als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Actial Farmaceutica Srl mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin S. Giudici,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 3. Mai 2017 (Sache R 1306/2016-2) zu einem Verfallsverfahren zwischen Mendes und Actial Farmaceutica

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich und P. G. Xuereb (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 4. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 27.September 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 11. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäf‌l Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 23. Dezember 1999 meldete die Mendes s.u.r.l. nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, die ihrerseits durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1] ersetzt wurde) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen VSL#3.

3 Das Zeichen wurde für folgende Waren in Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Vitalstoffpräparate; Nahrungsergänzungsstoffe“.

4 Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 2000/059 vom 24. Juli 2000 veröffentlicht, und die Marke wurde am 5. Juli 2001 eingetragen.

5 Am 1. April 2004 trug das EUIPO die Übertragung der angegriffenen Marke von der Mendes s.u.r.l. auf die Actial Farmacêutica Lda ein.

6 Das EUIPO trug am 2. Dezember 2016 die Übertragung der angegriffenen Marke von der Actial Farmacêutica Lda auf die Streithelferin, die Actial Farmaceutica Srl, ein.

7 Am 8. September 2014 stellte die Klägerin, die Mendes SA, nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke für alle Waren, für die sie eingetragen sei, mit der Begründung, dass diese Marke erstens infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit der Streithelferin im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der in Rede stehenden Waren geworden sei und zweitens das Publikum aufgrund ihrer Benutzung irreführe.

8 Mit Entscheidung vom 2. Juni 2016 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Verfallserklärung zurück.

9 Am 19. Juli 2016 legte die Klägerin beim EUIPO gemäf‌l den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

10 Mit Entscheidung vom 3. Mai 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Erstens könne anhand der von der Klägerin vorgelegten Beweise nicht nachgewiesen werden, dass die angegriffene Marke im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung für die Waren, für die sie eingetragen sei, geworden sei. Zweitens sei die irreführende Benutzung der angegriffenen Marke von der Klägerin nicht ordnungsgemäf‌l nachgewiesen worden.

Anträge der Parteien

11 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- vollständigen Ersatz ihrer in diesem Verfahren entstandenen Kosten, mindestens jedoch eine volle Kostenteilung anzuordnen.

12 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit der erstmals beim Gericht vorgelegten Unterlagen

13 Das EUIPO macht geltend, dass die Anlagen A.9, A.36 und A.39 zur Klageschrift, betreffend die Leitlinien der World Gastroenterology Organisation (Anlage A.9), den Inhalt der Website „www.vsl3.co.uk“ (Anlage A.36) und die Verpackung der in Rede stehenden Ware, die mit einer geänderten Rezeptur vertrieben wurde (Anlage A.39), zum ersten Mal vor dem Gericht vorgelegt worden seien und somit nicht berücksichtigt werden könnten.

14 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Anlagen A.9, A.36 und A.39 zur Klageschrift nicht Teil der von der Klägerin bei der Beschwerdekammer des EUIPO eingereichten Verwaltungsakte waren.

15 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäf‌ligkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001) gerichtet ist, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen.

16 Somit sind die genannten Unterlagen zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM - LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T-346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zur Begründetheit

17 Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Erstens rügt sie einen Verstof‌l gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Der zweite Klagegrund betrifft einen Verstof‌l gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009.

Zum ersten Klagegrund: Verstof‌l gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

18 Im Rahmen des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstof‌l gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, bringt die Klägerin zunächst vor, dass der Beschwerdekammer ein Rechtsfehler bei der Bestimmung der maf‌lgebenden Verkehrskreise und deren Wahrnehmung der angegriffenen Marke unterlaufen sei. Die Klägerin macht zudem geltend, dass die Wandlung der angegriffenen Marke zu der im geschäftlichen Verkehr gebräuchlichen Bezeichnung der Ware, für die sie eingetragen sei, ihrer Inhaberin zuzurechnen sei.

19 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

20 Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder einer Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, geworden ist.

21 Es ist festzustellen, dass es keine Rechtsprechung zur Anwendung des Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gibt. Jedoch hatte der Gerichtshof in den Rechtssachen, in...

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