Urteile nº T-290/17 of Tribunal General de la Unión Europea, January 30, 2019

Resolution DateJanuary 30, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-290/17

„Gemeinsame Auflen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maflnahmen angesichts der Lage in der Ukraine - Einfrieren von Geldern - Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden - Beibehaltung des Namens des Klägers auf der Liste - Begründungspflicht - Einrede der Rechtswidrigkeit - Grundsatz der Verhältnismäfligkeit - Rechtsgrundlage - Offensichtlicher Beurteilungsfehler - Grundsatz ne bis in idem“

In der Rechtssache T-290/17

Edward Stavytskyi, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: J. Grayston, Solicitor, sowie Rechtsanwälte P. Gjørtler, G. Pandey und D. Rovetta,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch V. Piessevaux und J.-P. Hix als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch E. Paasivirta und L. Baumgart als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2017/381 des Rates vom 3. März 2017 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/GASP über restriktive Maflnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2017, L 58, S. 34) und der Durchführungsverordnung (EU) 2017/374 des Rates vom 3. März 2017 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maflnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2017, L 58, S. 1), soweit der Name des Klägers auf der Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen belassen wurde, gegen die sich diese restriktiven Maflnahmen richten,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis (Berichterstatter) sowie der Richter D. Spielmann und Z. Csehi,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2018

folgendes

Urteil

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

1 Der Kläger, Herr Edward Stavytskyi, ist ein ehemaliger Minister für Energie und Kohleindustrie der Ukraine.

2 Am 5. März 2014 erliefl der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/119/GASP über restriktive Maflnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26).

3 In den Erwägungsgründen 1 und 2 des Beschlusses 2014/119 heiflt es:

„(1) Der Rat hat am 20. Februar 2014 jede Gewaltanwendung in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt. Er forderte die sofortige Beendigung der Gewalt in der Ukraine und die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Er rief die Regierung der Ukraine zu gröflter Zurückhaltung auf und appellierte an die Oppositionsführer, sich von denjenigen zu distanzieren, die zu radikalen Handlungen, einschliefllich Gewaltanwendung, übergehen.

„(2) Der Rat hat am 3. März 2014 beschlossen, im Hinblick auf die Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte in der Ukraine restriktive Maflnahmen für das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten auf Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie auf für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen zu konzentrieren.“

4 Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2014/119 bestimmt:

„(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

(2) Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

5 Die Modalitäten dieser restriktiven Maflnahmen werden in den weiteren Absätzen dieses Artikels festgelegt.

6 Am 5. März 2014 erliefl der Rat auflerdem auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maflnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 1).

7 Dem Beschluss 2014/119 entsprechend schreibt die Verordnung Nr. 208/2014 den Erlass der betreffenden restriktiven Maflnahmen vor und legt deren Modalitäten mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie der Beschluss 2014/119 fest.

8 Die Namen der von dem Beschluss 2014/119 und der Verordnung Nr. 208/2014 betroffenen Personen sind in einer Liste im Anhang des Beschlusses und in Anhang I der Verordnung (im Folgenden: streitige Liste) u. a. mit der Begründung für ihre Aufnahme verzeichnet. Der Name des Klägers stand nicht auf der streitigen Liste.

9 Der Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 wurden mit dem Durchführungsbeschluss 2014/216/GASP des Rates vom 14. April 2014 zur Durchführung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2014, L 111, S. 91) bzw. mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 381/2014 des Rates vom 14. April 2014 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2014, L 111, S. 33) (im Folgenden: Rechtsakte vom April 2014) geändert.

10 Mit den Rechtsakten vom April 2014 wurde der Name des Klägers mit den Identifizierungsinformationen „ehemaliger Minister für Energie und Kohleindustrie der Ukraine“ und mit folgender Begründung in die Liste aufgenommen:

„Person ist in der Ukraine Gegenstand von Ermittlungen wegen der Beteiligung an Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland.“

11 Mit Klageschrift, die am 25. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Kläger Klage auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom April 2014, soweit sie ihn betrafen. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen T-486/14 in das Register eingetragen.

12 Der Beschluss 2014/119 wurde auflerdem durch den am 31. Januar 2015 in Kraft getretenen Beschluss (GASP) 2015/143 des Rates vom 29. Januar 2015 (ABl. 2015, L 24, S. 16) geändert. Was die Benennungskriterien für die von den in Rede stehenden restriktiven Maflnahmen erfassten Personen angeht, ergibt sich aus Art. 1 des Beschlusses 2015/143, dass Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 folgende Fassung erhielt:

„(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

Für die Zwecke dieses Beschlusses zählen zu Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich erklärt wurden, Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Behörden sind

  1. wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine oder wegen Beihilfe hierzu oder

  2. wegen Amtsmissbrauchs als Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch ein Verlust staatlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine verursacht wird, oder wegen Beihilfe hierzu.“

13 Mit der Verordnung (EU) 2015/138 des Rates vom 29. Januar 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 24, S. 1) wurde diese entsprechend dem Beschluss 2015/143 geändert.

14 Der Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 wurden später mit dem Beschluss (GASP) 2015/364 des Rates vom 5. März 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 62, S. 25) und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5. März 2015 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 62, S. 1) überarbeitet. Durch den Beschluss 2015/364 erhielt Art. 5 des Beschlusses 2014/119 eine neue Fassung, mit der die in Rede stehenden restriktiven Maflnahmen bis zum 6. März 2016 verlängert wurden. Mit der Durchführungsverordnung 2015/357 erhielt Anhang I der Verordnung Nr. 208/2014 eine neue Fassung, mit der die Einträge zu 18 Personen geändert wurden.

15 Mit dem Beschluss 2015/364 und der Durchführungsverordnung 2015/357 wurde der Name des Klägers mit den Identifizierungsinformationen „ehemaliger Minister für Energie und Kohleindustrie der Ukraine“ und mit folgender Begründung auf der streitigen Liste belassen:

„Person ist Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte.“

16 Der Kläger erhob gegen den Beschluss 2015/364 und die Durchführungsverordnung 2015/357 keine Klage.

17 Mit Urteil vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T-486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), erklärte das Gericht die Rechtsakte vom April 2014 für nichtig und stellte insoweit im Wesentlichen fest, dass der Name des Klägers in die streitige Liste aufgenommen worden sei, ohne dass der Rat über hinreichende Beweise verfügt habe.

18 Am 4. März 2016 erliefl der Rat den Beschluss (GASP) 2016/318 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2016, L 60, S. 76) und die Durchführungsverordnung (EU) 2016/311 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2016, L 60, S. 1), mit denen er die Anwendung der betreffenden restriktiven Maflnahmen bis zum 6. März 2017 verlängerte, ohne die in der vorstehenden Rn. 15 wiedergegebene Begründung in Bezug auf den Kläger zu ändern.

19 Mit Klageschrift, die am 17. Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Kläger Klage auf...

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