Urteile nº T-423/18 of Tribunal General de la Unión Europea, May 07, 2019

Resolution DateMay 07, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-423/18

„Unionsmarke - Anmeldung der Unionswortmarke vita - Absolute Eintragungshindernisse - Fehlende Unterscheidungskraft - Beschreibender Charakter - Begriff ‚Merkmal‘ - Farbname - Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001

In der Rechtssache T-423/18

Fissler GmbH mit Sitz in Idar-Oberstein (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Hasselblatt und K. Middelhoff,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch W. Schramek und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 28. März 2018 (Sache R 1326/2017-5) über die Anmeldung des Wortzeichens vita als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. M. Collins, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters G. De Baere,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 6. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 24. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der Zuweisung der Rechtssache an einen neuen Berichterstatter in der Achten Kammer,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäfl Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 27. September 2016 meldete die Klägerin, die Fissler GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der unter der Nr. 15857188 angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen vita.

3 Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 7, 11 und 21 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 7: „Elektrische Universal-Küchenmaschinen; Einzelteile und Zubehör für die vorgenannten Waren“;

- Klasse 11: „Elektrische Schnellkochtöpfe; Einzelteile und Zubehör für die vorgenannten Waren“;

- Klasse 21: „Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kochgeschirr; Nicht elektrische Schnellkochtöpfe; Einzelteile und Zubehör für die vorgenannten Waren“.

4 Mit Entscheidung vom 28. April 2017 wies der Prüfer die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren mit der Begründung zurück, dass die Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft habe.

5 Am 20. Juni 2017 legte die Klägerin beim EUIPO nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6 Mit Entscheidung vom 28. März 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie vertrat erstens, in Bezug auf die maflgeblichen Verkehrskreise, die Auffassung, dass sich die betreffenden Waren in erster Linie an die breite Öffentlichkeit, aber teilweise auch an das Fachpublikum, wie z. B. Köche, richteten und dass der Aufmerksamkeitsgrad von durchschnittlich bis erhöht variiere. Da es sich bei der angemeldeten Marke um einen Begriff in schwedischer Sprache handelt, sei auf das schwedischsprachige Publikum der Europäischen Union abzustellen.

7 Zweitens stellte die Beschwerdekammer zum beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke zunächst fest, dass das Zeichen vita die bestimmte Form und die Pluralform des Wortes „vit“ sei, das im Schwedischen „weifl“ bedeute. Sodann führte sie aus, für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sei nicht maflgeblich, ob die weifle Farbe für diese Waren üblich sei; es genüge, dass diese Waren in Weifl existieren könnten und das Zeichen für sie beschreibend sein könne. Die weifle Farbe sei zwar nicht die meist benutzte, aber zumindest eine recht übliche Farbe für „elektronische und nichtelektronische“ (d. h. elektrische und nicht elektrische) Töpfe sowie für andere Haushaltsgeräte. Dies zeige, dass ein durchschnittlicher Verbraucher die angemeldeten Waren mit der Farbe Weifl in Verbindung bringe und die angemeldete Marke deshalb als beschreibend ansehen werde. Zudem würden manche Küchen- und Haushaltsgeräte auf Englisch („white goods“) und auf Schwedisch („vitvaror“) oft „weifle Waren“ genannt. Gestützt auf einen Auszug aus der Website http://www.vitvara.n.nu/vad-ar-vitvaror zog die Beschwerdekammer hieraus den Schluss, dass einige der beanspruchten Waren, wie elektrische Universal-Küchenmaschinen oder elektrische Schnellkochtöpfe, kollektiv als weifle Waren bezeichnet werden könnten. Selbst wenn das nicht möglich wäre, weil vor allem gröflere Haushaltsgeräte, wie Waschmaschinen und Geschirrspüler, als „weifle Waren“ bezeichnet würden, demonstriere es jedoch klar und deutlich, dass die Farbe Weifl im Allgemeinen mit Haushaltsgeräten assoziiert werde. Aus alledem ergebe sich, dass die angemeldete Marke rein beschreibenden Charakter habe.

8 Drittens führte die Beschwerdekammer zur fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke aus, sie werde von den maflgeblichen Verkehrskreisen als reine Sachaussage in dem Sinne verstanden, dass es sich bei den beanspruchten Waren um Waren handele, die in Weifl erhältlich seien. Sie zog hieraus den Schluss, dass die Marke rein beschreibend sei und somit keinerlei Unterscheidungskraft besitze. Jeder Hersteller von Küchenmaschinen und Kochgeschirr könne seine Waren in Weifl herstellen, so dass diese Marke nicht geeignet sei, die Waren der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auflerdem wies die Beschwerdekammer die Ausführungen der Klägerin zu Eintragungen anderer ausschliefllich aus Farben bestehender Marken zurück.

Anträge der Parteien

9 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

10 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

11 Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c bzw. einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 rügt. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren nicht beschreibend sei und über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge.

Vorbemerkung zur Definition der maflgeblichen Verkehrskreise

12 Vorab ist zu definieren, welche Verkehrskreise für die Beurteilung dieser beiden absoluten Eintragungshindernisse maflgeblich sind.

13 Zum einen hat die Beschwerdekammer in den Rn. 13 bis 15 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren in erster Linie der „Allgemeinverbraucher“, d. h. das allgemeine Publikum, sei; teilweise richte sich die Marke aber auch an Fachkreise wie Köche, so dass der Aufmerksamkeitsgrad von durchschnittlich bis erhöht variiere. Sie hat jedoch hinzugefügt, nach der Rechtsprechung zu relativen Eintragungshindernissen seien, wenn sich Waren und Dienstleistungen sowohl an den Durchschnittsverbraucher als auch an ein Fachpublikum richteten, die Verkehrskreise mit der geringsten Aufmerksamkeit zu berücksichtigen, so dass im vorliegenden Fall auf den Aufmerksamkeitsgrad der breiten Öffentlichkeit abzustellen sei. Auch wenn sich das Zeichen an Fachpublikum mit einem höheren Aufmerksamkeitsgrad richtete, bedeute dies nicht, dass es an Unterscheidungskraft gewönne, denn ein Zeichen, dessen beschreibende Bedeutung vom Durchschnittsverbraucher nicht verstanden werde, könne von einem spezialisierten Publikum sofort verstanden werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Oktober 2011, Chestnut Medical Technologies/HABM [PIPELINE], T-87/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:582, Rn. 27 und 28).

14 Insoweit geht aus der Rechtsprechung hervor, dass der Umstand, dass die maflgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind, keine entscheidenden Auswirkungen auf die rechtlichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens haben kann. Zwar trifft es zu, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maflgeblichen Fachverkehrskreise definitionsgemäfl höher ist als der des Durchschnittsverbrauchers, doch folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass eine geringere Unterscheidungskraft des Zeichens ausreicht, wenn die maflgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind. Der in ständiger Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, dass für die Beurteilung, ob einer Marke Unterscheidungskraft fehlt, auf den von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist, könnte nämlich in Frage gestellt sein, wenn die Schwelle der Unterscheidungseignung eines Zeichens in allgemeiner Weise vom Grad der Spezialisierung der maflgeblichen Verkehrskreise abhinge (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Smart Technologies/HABM, C-311/11 P, EU:C:2012:460, Rn. 48 bis 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Gleiche gilt für die Beurteilung des beschreibenden Charakters eines Zeichens.

15 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer daher zu Recht auf die Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die breite Öffentlichkeit abgestellt und ihrer Wahrnehmung durch ein Fachpublikum, beispielsweise Köche, keine besondere Bedeutung beigemessen.

16 Zum anderen hat die Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass ein Zeichen gemäfl Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 bereits dann von der...

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