Urteile nº T-9/07 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, March 18, 2010

Resolution DateMarch 18, 2010
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-9/07

In der Rechtssache T‑9/07

Grupo Promer Mon Graphic, SA mit Sitz in Sabadell (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin R. Almaraz Palmero,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

PepsiCo, Inc. mit Sitz in New York, New York (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. Armijo Chávarri und A. Castán Pérez‑Gómez,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des HABM vom 27. Oktober 2006 (Sache R 1001/2005‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Grupo Promer Mon Graphic, SA und der PepsiCo, Inc.

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richter M. Prek und V. M. Ciucă (Berichterstatter),

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund der am 9. Januar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 27. April 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 30. April 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2009

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

  1. Verordnung (EG) Nr. 6/2002

    1 Die Vorschriften über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind in der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) niedergelegt.

    2 Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002 bestimmt:

    „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet:

    a) ‚Geschmacksmuster‘ die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt“.

    3 Art. 10 der Verordnung Nr. 6/2002 bestimmt:

    „(1) Der Umfang des Schutzes aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstreckt sich auf jedes Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt.

    (2) Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters berücksichtigt.“

    4 Art. 25 der Verordnung Nr. 6/2002 in der auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls anwendbaren Fassung sieht vor:

    „(1) Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann nur dann für nichtig erklärt werden:

    a) wenn kein Geschmacksmuster im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a) vorliegt,

    b) wenn es die Voraussetzungen der Artikel 4 bis 9 nicht erfüllt,

    c) wenn dem Inhaber des Rechts infolge einer Gerichtsentscheidung kein Recht an dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Sinne von Artikel 14 zusteht,

    d) wenn das Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit einem älteren Geschmacksmuster kollidiert, das der Öffentlichkeit nach dem Anmeldetag oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, nach dem Prioritätstag des Gemeinschaftsgeschmacksmusters zugänglich gemacht wurde und das seit einem vor diesem Tag liegenden Zeitpunkt durch ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster oder durch die Anmeldung eines solchen oder durch ein eingetragenes Geschmacksmusterrecht eines Mitgliedstaats oder durch die Anmeldung eines solchen geschützt ist,

    e) wenn in einem jüngeren Geschmacksmuster ein Zeichen mit Unterscheidungskraft verwendet wird und das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht des Mitgliedstaats, dem das Zeichen unterliegt, den Rechtsinhaber dazu berechtigen, diese Verwendung zu untersagen,

    f) wenn das Geschmacksmuster eine unerlaubte Verwendung eines Werkes darstellt, das nach dem Urheberrecht eines Mitgliedstaats geschützt ist,

    g) wenn das Geschmacksmuster eine missbräuchliche Verwendung eines der in Artikel 6b der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (nachstehend ‚Pariser Verbandsübereinkunft’) genannten Gegenstände und Zeichen oder anderer als der in Artikel 6b aufgezählten Stempel, Kennzeichen und Wappen, die für einen Mitgliedstaat von besonderem öffentlichen Interesse sind, darstellt.

    (3) Die Nichtigkeitsgründe gemäß Absatz 1 Buchstabe d), e) und f) kann nur der Anmelder oder Inhaber des älteren Rechts geltend machen.

    …“

    5 Art. 36 der Verordnung Nr. 6/2002 bestimmt:

    „…

    (2) Die Anmeldung muss außerdem die Angabe der Erzeugnisse enthalten, in die das Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll.

    (6) Die Angaben gemäß Absatz 2 sowie gemäß Absatz 3 Buchstaben a) und d) beeinträchtigen nicht den Schutzumfang des Geschmacksmusters als solchen.“

    6 Nach Art. 43 der Verordnung Nr. 6/2002 „[hat das] Prioritätsrecht ... die Wirkung, dass der Prioritätstag als Tag der Anmeldung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters im Sinne ... des Artikels 25 Absatz 1 Buchstabe d) ... gilt“.

    7 Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 sieht vor, dass „[v]orbehaltlich des Artikels 25 Absätze 2, 3, 4 und 5 ... jede natürliche oder juristische Person sowie eine hierzu befugte Behörde beim Amt einen Antrag auf Nichtigerklärung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters stellen [kann]“.

    8 Nach Art. 61 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 „[sind die] von den Beschwerdekammern getroffenen Entscheidungen ... mit der Klage beim Gerichtshof anfechtbar“.

    9 Art. 62 Satz 1 der Verordnung Nr. 6/2002 schreibt vor, dass „[d]ie Entscheidungen des Amtes ... mit Gründen zu versehen [sind]“.

  2. Richtlinie 98/71/EG

    10 Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. L 289, S. 28) bestimmt:

    „Im Sinne dieser Richtlinie

    a) ist ein ‚Muster oder Modell‘ (nachstehend ‚Muster‘ genannt) die Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt“.

    11 Art. 9 der Richtlinie 98/71 sieht vor:

    „(1) Der Umfang des Schutzes aus einem Recht an einem Muster erstreckt sich auf jedes Muster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt.

    (2) Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Musters berücksichtigt.“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    12 Die Streithelferin, die PepsiCo, Inc., meldete am 9. September 2003 gemäß der Verordnung Nr. 6/2002 ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) an. Dabei nahm sie die Priorität des am 23. Juli 2003 angemeldeten spanischen Geschmacksmusters Nr. 157156 in Anspruch, dessen Anmeldung am 16. November 2003 bekannt gemacht wurde.

    13 Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster wurde unter der Nr. 74463-0001 für die Erzeugnisse „Werbeartikel für Spiele“ eingetragen. Es wird wie folgt wiedergegeben:

    14 Am 4. Februar 2004 reichte die Klägerin, die Grupo Promer Mon Graphic, SA, einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des Geschmacksmusters Nr. 74463-0001 (im Folgenden: streitiges Geschmacksmuster) nach Art. 52 der Verordnung Nr. 6/2002 ein.

    15 Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde auf das unter der Nr. 53186‑0001 eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster) gestützt, dessen Anmeldetag der 17. Juli 2003 war und für das die Priorität des am 8. Juli 2003 angemeldeten spanischen Geschmacksmusters Nr. 157098 in Anspruch genommen war, dessen Anmeldung am 1. November 2003 bekannt gemacht worden war. Das ältere Geschmacksmuster ist für das Erzeugnis „Metallblech für Spiele“ eingetragen. Es wird wie folgt wiedergegeben:

    16 Als Gründe für den Antrag auf Nichtigerklärung wurden das Fehlen von Neuheit und Eigenart des streitigen Geschmacksmusters im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 und das Bestehen eines älteren Rechts im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnung geltend gemacht.

    17 Am 20. Juni 2005 erklärte die Nichtigkeitsabteilung des HABM das streitige Geschmacksmuster nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 6/2002 für nichtig.

    18 Am 18. August 2005 legte die Streithelferin gemäß den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung beim HABM ein.

    19 Mit Entscheidung vom 27. Oktober 2006 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Dritte Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und wies den Antrag auf Nichtigerklärung zurück. Sie verwarf zunächst das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Bösgläubigkeit der Streithelferin und vertrat sodann im Wesentlichen die Auffassung, dass das streitige Geschmacksmuster nicht mit dem älteren Recht der Klägerin kollidiere und dass daher die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 6/2002 nicht erfüllt seien. Die Beschwerdekammer führte dazu aus, die mit den fraglichen Geschmacksmustern verbundenen Erzeugnisse gehörten zu einer besonderen Kategorie von Werbeartikeln, nämlich den „tazos“ oder „rappers“, so dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung solcher Werbeartikel „erheblich eingeschränkt“ sei. Folglich genüge der Unterschied im Profil der fraglichen Geschmacksmuster für die Schlussfolgerung, dass sie beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck erweckten.

    Verfahren und Anträge der Parteien

    20 Die Klägerin beantragt,

    – die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

    – dem HABM und der Streithelferin die vor diesem sowie die vor der Dritten Beschwerdekammer entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    21 Das HABM und die Streithelferin beantragen,

    – die Klage abzuweisen;

    – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

    Rechtliche Würdigung

  3. Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

    22 Das HABM und die Streithelferin...

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