Beschlüsse nº T-755/18 of Tribunal General de la Unión Europea, August 20, 2020

Resolution DateAugust 20, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-755/18

„Nichtigkeits- und Schadensersatzklage - Ökologische/biologische Landwirtschaft - Tierische Erzeugung - Ausnahmen von den Produktionsvorschriften wegen Nichtverfügbarkeit ökologischer/biologischer Betriebsmittel - Verwendung nichtökologischer/nichtbiologischer Tiere - Verlängerung des Anwendungszeitraums für die Ausnahmen von den Produktionsvorschriften - Keine unmittelbare Betroffenheit - Kein hinreichend qualifizierter Verstofl gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht - Teilweise offensichtlich unzulässige und teilweise offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrende Klage“

In der Rechtssache T-755/18

FL Brüterei M-V GmbH mit Sitz in Finkenthal (Deutschland),

Erdegut GmbH mit Sitz in Finkenthal,

Ökofarm Grofl Markow GmbH mit Sitz in Lelkendorf (Deutschland),

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Schmidt,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Dawes, B. Eggers und B. Hofstötter als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend zum einen eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1584 der Kommission vom 22. Oktober 2018 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. 2018, L 264, S. 1), sowie zum anderen eine Klage nach Art. 268 AEUV auf Ersatz erstens des Schadens, der den Klägerinnen aufgrund des Erlasses der genannten Vorschrift entstanden sein soll, und zweitens des Schadens, der der FL Brüterei M-V dadurch entstanden sein soll, dass die Kommission nicht dafür gesorgt habe, dass die niederländischen Behörden Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. 2008, L 250, S. 1) einhalten,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richterinnen M. J. Costeira und M. Kancheva (Berichterstatterin), des Richters B. Berke und der Richterin T. Perišin,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Klägerinnen, die FL Brüterei M-V GmbH, die Erdegut GmbH und die Ökofarm Grofl Markow GmbH, sind deutsche Unternehmen, die in der Produktion ökologischer/biologischer Küken (im Folgenden: Ökoküken) tätig sind.

2 Erdegut und Ökofarm Grofl Markow sind landwirtschaftliche Betriebe, die Bio-Elterntiere zum Zweck der Produktion von Bruteiern halten, die zu Ökoküken ausgebrütet werden können. Dabei handelt es sich um Küken, die nach ihrer genetischen Disposition zur ökologischen/biologischen Junglegehennenhaltung passen. Die Eier der Unternehmen Erdegut und Ökofarm Grofl Markow werden an die FL Brüterei M-V geliefert, die auf den Ankauf von Bruteiern, das Ausbrüten von Eiern und den Verkauf der Küken an ökologische/biologische Junglegehennenhaltungen spezialisiert ist. Im Rahmen ihrer Tätigkeiten meldet die FL Brüterei M-V die verfügbaren Bruteiermengen regelmäflig der Koordinationsstelle für Deutschland, Österreich und die Niederlande, um ihren Bestand unter Berücksichtigung des Bedarfs der Erzeuger im Hinblick auf die Schlupftermine zu planen.

3 Am 12. Januar 2016 erhob die FL Brüterei M-V bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen das Königreich der Niederlande und rügte, dass dieser Staat gegen Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (ABl. 2007, L 189, S. 1) und aus der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung Nr. 834/2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. 2008, L 250, S. 1) verstoflen habe. Sie warf den niederländischen Behörden im Wesentlichen vor, die in Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 vorgesehenen Ausnahmen unberechtigterweise angewandt zu haben, um den Haltern ökologischer/biologischer Junglegehennen Genehmigungen zur Verwendung konventioneller Küken zu erteilen, statt sie im Einklang mit dieser Vorschrift zur Verwendung der auf dem Markt verfügbaren ökologisch/biologisch aufgezogenen Küken anzuhalten.

4 Am 20. Mai 2016 teilte die Kommission der FL Brüterei M-V mit, sie habe ihre Beschwerde im Hinblick auf die Einleitung eines EU-Pilotverfahrens und die Einholung von Auskünften an die niederländischen Behörden weitergeleitet.

5 Am 7. Oktober 2016 informierte die Kommission die FL Brüterei M-V nach Erhalt der Antwort der niederländischen Behörden, dass laut der niederländischen Kontrollbehörde für die ökologische/biologische Landwirtschaft keine Ausnahmegenehmigung im Sinne von Art. 42 Buchst. b der Verordnung Nr. 889/2008 für weniger als 18 Wochen alte Junglegehennen erteilt worden sei, da genügend ökologisch/biologisch aufgezogenes Geflügel zur Verfügung gestanden habe. Was weniger als drei Tage alte Küken anbelange, habe bis vor kurzem aufgrund der nicht ausreichenden Menge dieser Art von Küken auf dem niederländischen Markt eine Gruppen-Ausnahmegenehmigung gemäfl Art. 42 Buchst. a der Verordnung Nr. 889/2008 gegolten. Diese Gruppen-Ausnahmegenehmigung sei aber aufgehoben worden und inzwischen nicht mehr in Kraft. Auflerdem hätten die niederländischen Behörden zugesichert, dass die Halter ökologischer/biologischer Junglegehennen von nun an nur einzeln und nur dann für eine Ausnahme nach Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 in Frage kämen, wenn sie nachwiesen, dass sie nicht in der Lage seien, sich Ökoküken zu beschaffen.

6 Am 17. Oktober, am 24. Oktober und am 8. November 2016 wiederholte die FL Brüterei M-V ihre Auskunftsersuchen gegenüber der niederländischen Kontrollbehörde für die ökologische/biologische Landwirtschaft, der Kommission und dem niederländischen Ministerium für ökologische/biologische Landwirtschaft, insbesondere hinsichtlich der Zahl der durch die niederländischen Behörden gemäfl Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 erteilten Ausnahmegenehmigungen. Am 5. Januar 2017 wandte sich die FL Brüterei M-V diesbezüglich auch an die Europäische Bürgerbeauftragte.

7 Am 26. Januar und am 20. Juni 2017 informierte die Kommission die FL Brüterei M-V, dass sie die niederländischen Behörden um zusätzliche Auskünfte ersucht habe und laut deren Antworten nur individuelle Ausnahmen für Halter ökologischer/biologischer Junglegehennen erteilt worden seien. Solche Ausnahmen seien gemäfl Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 vom Fehlen einer ausreichenden Menge von Ökoküken auf dem Markt abhängig. Die niederländischen Behörden hätten dargelegt, dass sie es angesichts der Unbestimmtheit von Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 hinsichtlich dieses Kriteriums für ausreichend hielten, wenn Ökotierhalter nachgewiesen hätten, mindestens drei Aufzuchtbetriebe erfolglos wegen der Lieferung von Ökoküken kontaktiert zu haben. Ferner hätten die niederländischen Behörden bestätigt, dass bei allen bis dahin erteilten Ausnahmegenehmigungen drei Aufzuchtbetriebe durch die Begünstigten dieser Ausnahmen kontaktiert worden seien. Angesichts all dieser Informationen teilte die Kommission der FL Brüterei M-V mit, dass es keine Anhaltspunkte für einen Verstofl der niederländischen Behörden gegen Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 gebe und folglich kein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Königreich der Niederlande eingeleitet werde.

8 Am 6. Juli 2017 ersuchte die FL Brüterei M-V die Kommission, ihre Einschätzung zu überdenken. Dabei machte sie insbesondere geltend, angesichts der Art und Weise, in der die niederländischen Behörden das Kriterium der fehlenden Verfügbarkeit ausreichender Mengen von Ökoküken auf dem Markt anwendeten, um Ausnahmegenehmigungen nach Art. 42 der Verordnung Nr. 889/2008 zu erteilen, könnten sich niederländische Ökotierhalter an drei beliebige Lieferanten wenden, auch wenn sie bereits wüssten, dass diese keine Ökoküken lieferten. Zudem könne der Bedarf der niederländischen Aufzüchter an Ökoküken zum Groflteil durch die Produktionskapazität deutscher Brütereien wie der FL Brüterei M-V gedeckt werden, so dass die Verfügbarkeit dieser Art von Geflügel am Markt als ausreichend angesehen werden könne. Hierfür müssten sich die niederländischen...

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