XC contro Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.
Jurisdiction | European Union |
Date | 24 September 2020 |
Court | Court of Justice (European Union) |
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
24. September 2020 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Eilvorabentscheidungsverfahren – Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Europäischer Haftbefehl – Rahmenbeschluss 2002/584/JI – Wirkung der Übergabe – Art. 27 – Etwaige Strafverfolgung wegen anderer Straftaten – Grundsatz der Spezialität“
In der Rechtssache C‑195/20 PPU
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. April 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2020, in dem Strafverfahren gegen
XC,
Beteiligter:
Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters N. Piçarra,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des Antrags des vorlegenden Gerichts vom 21. April 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2020, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 107 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs dem Eilverfahren zu unterwerfen,
aufgrund der Entscheidung der Vierten Kammer vom 25. Mai 2020, diesem Antrag stattzugeben,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
von XC, vertreten durch Rechtsanwälte M. Franzikowski und F. S. Fülscher, |
– |
des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof, vertreten durch P. Frank und S. Heine als Bevollmächtigte, |
– |
der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann und F. Halabi als Bevollmächtigte, |
– |
von Irland, vertreten durch J. Quaney als Bevollmächtigte im Beistand von M. Gray, QC, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Grünheid und R. Troosters als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. August 2020
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 27 Abs. 2 und 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. 2002, L 190, S. 1) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 (ABl. 2009, L 81, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenbeschluss 2002/584). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen XC, der in Deutschland wegen einer im Jahr 2005 in Portugal begangenen schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 |
Die Erwägungsgründe 5 und 6 des Rahmenbeschlusses 2002/584 lauten:
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4 |
Art. 1 Abs. 1 und 2 dieses Rahmenbeschlusses bestimmt: „(1) Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um eine justizielle Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und die Festnahme und Übergabe einer gesuchten Person durch einen anderen Mitgliedstaat zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bezweckt. (2) Die Mitgliedstaaten vollstrecken jeden Europäischen Haftbefehl nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses.“ |
5 |
Art. 8 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses sieht vor: „Der Europäische Haftbefehl enthält entsprechend dem im Anhang beigefügten Formblatt folgende Informationen:
|
6 |
In Art. 27 des besagten Rahmenbeschlusses heißt es: „(1) Jeder Mitgliedstaat kann dem Generalsekretariat des Rates mitteilen, dass in seinen Beziehungen zu anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Mitteilung gemacht haben, die Zustimmung dazu, dass eine Person wegen einer anderen vor der Übergabe begangenen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, verfolgt, verurteilt oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung in Haft gehalten wird, als erteilt gilt, sofern die vollstreckende Justizbehörde im Einzelfall in ihrer Übergabeentscheidung keine anders lautende Erklärung abgibt. (2) Außer in den in den Absätzen 1 und 3 genannten Fällen dürfen Personen, die übergeben wurden, wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden. (3) Absatz 2 findet in folgenden Fällen keine Anwendung:
(4) Das Ersuchen um Zustimmung ist unter Beifügung der in Artikel 8 Absatz 1 erwähnten Angaben und einer Übersetzung gemäß Artikel 8 Absatz 2 an die vollstreckende Justizbehörde zu richten. Die Zustimmung wird erteilt, wenn die Straftat, derentwegen um Zustimmung ersucht wird, nach diesem Rahmenbeschluss der Verpflichtung zur Übergabe unterliegt. Die Zustimmung wird verweigert, wenn die in Artikel 3 genannten Gründe vorliegen; ansonsten kann sie nur aus den in Artikel 4 genannten Gründen verweigert werden. Die Entscheidung ist spätestens 30 Tage nach Eingang des Ersuchens zu treffen. …“ |
Deutsches Recht
7 |
Die Umsetzung von Art. 27 Abs. 2 und 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 in deutsches Recht erfolgte durch § 83h Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 23. Dezember 1982 (BGBl. I S. 2071) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung. |
8 |
In besagtem § 83h heißt es: „(1) Von einem Mitgliedstaat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebene Personen dürfen
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn
(3) Der nach Übergabe erfolgte Verzicht der übergebenen Person ist zu Protokoll eines Richters oder Staatsanwalts zu erklären. Die Verzichtserklärung ist unwiderruflich. Die übergebene Person ist hierüber zu belehren.“ |
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
9 |
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TR contre Generalstaatsanwaltschaft Hamburg.
...C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 37, und vom 24. September 2020, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof [Grundsatz der Spezialität], C‑195/20 PPU, EU:C:2020:749, Rn. 32 und die dort angeführte 33 Im Regelungsbereich des Rahmenbeschlusses 2002/584 kommt der Grundsatz der gegenseitigen Anerke......
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Procureur général près la cour d'appel d'Angers contre KL.
...tra di essi [v., per analogia, sentenza del 24 settembre 2020, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (Principio di specialità), C‑195/20 PPU, EU:C:2020:749, punto 35 e giurisprudenza 45 Orbene, interpretare la condizione della doppia incriminabilità del fatto nel senso che tale condizi......
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