Urteile nº T-264/19 of Tribunal General de la Unión Europea, October 05, 2020

Resolution DateOctober 05, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-264/19

„Unionsmarke - Nichtigkeitsverfahren - Unionsbildmarke viscover - Keine Bösgläubigkeit - Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) - Art. 53 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 60 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T-264/19,

nanoPET Pharma GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Onken und Rechtsanwalt A. Schulz,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Miltenyi Biotec BV & Co. KG, ehemals Miltenyi Biotec GmbH, mit Sitz in Bergisch Gladbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Schork,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 17. Januar 2019 (Sache R 1288/2017-5) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen nanoPET Pharma und Miltenyi Biotec

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter U. Öberg und R. Mastroianni (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 18. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 3. Juli 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 25. Juni 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2020

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 27. März 2009 schlossen die Klägerin, die nanoPET Pharma GmbH, und die Streithelferin, die Miltenyi Biotec BV & Co. KG, ehemals Miltenyi Biotec GmbH, einen Kooperations- und einen Distributionsvertrag (im Folgenden zusammen: Verträge). Das Ziel der Verträge bestand u. a. darin, eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Unternehmen im Rahmen der Entwicklung, der Herstellung und der Vermarktung einer Reihe von Kontrastmitteln aufzubauen. Die Verträge sahen vor, dass die Klägerin die Produkte entwickeln und herstellen sollte, während der Streithelferin die Vermarktung und der Vertrieb oblag.

2 Am 23. Juni 2010 meldete die Streithelferin nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

3 Bei der Marke, deren Eintragung beantragt wurde, handelt es sich um folgende Bildmarke:

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4 Die Marke wurde am 27. Juni 2013 unter der Nr. 9 197 732 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 2, 5, 9, 10, 42 und 44 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung eingetragen.

5 Am 16. Dezember 2013 kündigte die Klägerin die Verträge mit Wirkung zum 31. Dezember 2013.

6 Die Klägerin stellte am 8. Dezember 2015 beim EUIPO gegen die Bildmarke der Streithelferin für alle oben in Rn. 4 angeführten Waren und Dienstleistungen einen Antrag auf Nichtigerklärung gemäfl Art. 52 Abs. 1 Buchst. b, Art. 53 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b, Art. 60 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 Buchst. c der Verordnung 2017/1001).

7 Am 31. Mai 2017 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung zurück.

8 Am 16. Juni 2017 legte die Klägerin beim EUIPO gemäfl den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

9 Mit Entscheidung vom 17. Januar 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) bestätigte die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung und wies die Beschwerde zurück.

10 Erstens hat die Klägerin nach Auffassung der Beschwerdekammer im Zusammenhang mit dem Antrag auf Nichtigerklärung im Sinne von Art. 53 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 nicht nachgewiesen, dass sie nach deutschem Recht ein älteres Urheberrecht an der Bezeichnung „viscover“ habe. Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen könne nicht geschlossen werden, dass die angebliche Urheberin, A, eine Mitarbeiterin der Klägerin, ihr ausdrücklich oder stillschweigend die Nutzungsrechte an der streitigen Marke übertragen habe.

11 Die Beschwerdekammer stellte weiter fest, dass die Klägerin auch nicht nachgewiesen habe, dass A tatsächlich Inhaberin eines Urheberrechts an der Bezeichnung „viscover“ geworden sei.

12 Zweitens kam die Beschwerdekammer in Bezug auf den auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Antrag auf Nichtigerklärung zu dem Ergebnis, dass die Streithelferin die Marke nicht bösgläubig angemeldet habe.

13 Nach Ansicht der Beschwerdekammer verstiefl die Markenanmeldung nicht gegen die zwischen der Klägerin und der Streithelferin geschlossenen Verträge. Aus diesen Verträgen ergebe sich, dass allein die Streithelferin für die Vermarktung und den Vertrieb der betreffenden Produkte einschliefllich ihrer Gestaltung, Bezeichnung und Namensgebung zuständig gewesen sei. Ebenso stünden alle sich daraus ergebenden Rechte - insbesondere die Markenrechte - der Streithelferin zu. Die Markenanmeldung habe folglich nur dazu gedient, diesen vertraglichen Verpflichtungen und insbesondere Ziff. 4.4 des Distributionsvertrags nachzukommen.

14 Darüber hinaus hielt die Beschwerdekammer es für unwahrscheinlich, dass die Klägerin erst fünf Jahre nach der Anmeldung vom Bestehen der streitigen Marke Kenntnis erlangt habe. In einer zum Zeitpunkt der Markenanmeldung veröffentlichten Pressemitteilung der Vertragsparteien werde erwähnt, dass die Streithelferin Inhaberin der Marke viscover sei.

15 Schliefllich könne auch aus den Ereignissen nach der Vertragsauflösung durch die Klägerin im Jahr 2013 nicht geschlossen werden, dass die im Jahr 2010 eingereichte Anmeldung der streitigen Marke bösgläubig erfolgt sei. Nach Auffassung der Beschwerdekammer zeigen weder die Abmahnung durch die Streithelferin im November 2015, noch die Widersprüche gegen die Eintragung einer deutschen Marke und einer Unionsmarke durch eine Gesellschaft, deren geschäftsführender Gesellschafter der Geschäftsführer der Klägerin sei, noch das Schiedsverfahren im Februar 2016, dass die Streithelferin bei der Anmeldung der streitigen Marke bösgläubig gewesen sei.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

16 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

17 Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit

18 Das EUIPO rügt die Zulässigkeit des als Anlage A6 zur Klageschrift bezeichneten Dokuments, da es erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt worden sei und von der Beschwerdekammer daher nicht habe berücksichtigt werden können.

19 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäfligkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet ist, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM - LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T-346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20 Vorliegend handelt es sich bei dem in Rede stehenden Dokument, das in Rn. 49 der Klageschrift erwähnt wird, um den Auszug eines Gesellschaftsvertrags in der zum Zeitpunkt der Markenanmeldung geltenden Fassung, der dem EUIPO im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens nicht vorgelegt worden war.

21 Daher ist das genannte Schriftstück aufler Betracht zu lassen, ohne dass seine Beweiskraft geprüft zu werden braucht.

Zur Begründetheit

22 Vorab ist in Bezug auf die anzuwendenden materiellen Vorschriften festzustellen, dass die Verordnung Nr. 207/2009 mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 durch die Verordnung 2017/1001 aufgehoben und ersetzt wurde. Da jedoch für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Anmeldung, hier der 23. Juni 2010, maflgeblich ist, sind auf den Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar.

23 Allerdings sind die Fassungen der maflgeblichen materiellen Bestimmungen, die im vorliegenden Fall Anwendung finden, in der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung 2017/1001 jeweils identisch, und daher wirkt sich der Umstand, dass die Parteien auf die Bestimmungen der zweiten Verordnung Bezug genommen haben, nicht auf das vorliegende Verfahren aus; ihr Vorbringen ist dahin zu verstehen, dass es sich auf die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 stützt.

24 Die Klägerin führt zwei Klagegründe an. Mit dem ersten rügt sie, dass die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, die Streithelferin sei bei der Anmeldung der streitigen Marke nicht bösgläubig gewesen, gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoflen habe. Mit dem zweiten rügt sie eine Verletzung von Art. 53 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, da die Beschwerdekammer überhöhte Anforderungen an den Nachweis der Urheberschaft an der Bezeichnung „viscover“ und der Einräumung der Nutzungsrechte daran gestellt habe.

Zum Verstofl gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

25 Das Vorbringen der Klägerin betreffend einen Verstofl gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 lässt sich in drei Rügen unterteilen, die sich auf die Auslegung von Ziff. 10.2 des...

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